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Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 2. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae Altona, 1763.

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Zehnter Gesang.

Sucht sie die stürmische Wuth des empörten Affektes zu lindern;
925Aber er wies sie mit ernstem Ton so von sich zurücke.

Fort aus meinem Gesicht, du Schlange! denn diese Benennung
Schickt sich am besten für dich, indem du, mit ihr vereinet,
Eben so falsch, so hassenswerth bist! Es fehlet nichts weiter,
Als daß deine Gestalt, und Schlangenfarbe, gleich ihrer,
930Alle Geschöpfe vor dir und deiner inneren Tücke

Warnte, damit du sie nicht durch deine zu himmlische Bildung,
Welche die höllische Falschheit so sehr verdunkelt, bestricktest.
Ohne dich war ich glücklich geblieben, wofern nicht dein Hochmuth
Und zugleich die eitle Begierde herumzuwandern,
935Da es am wenigsten sicher war, die Warnung verworfen,

Die ich dir gab; du zürntest darüber, man traue zu wenig
Deinen Verdiensten; ganz voll vom Verlangen, gesehen zu werden,
Wär' es vom Teufel auch selbst; und voll vom vermessenen Wahne,
Jhn zu besiegen; doch als darauf die Schlange dir aufstieß,
940Wurdest du von ihr betrogen, bethört; durch ihre Verführung

Du von ihr; ich leider von dir! Jch ließ dich, zu sicher,
Von der Seite hinweg; ich hielt dich für weise, für standhaft;
Völlig reif, und wider alle gedrohte Versuchung
Wohlverwahrt, und sah es nicht ein, daß dieses zusammen
945Nur ein Blendwerk sey, und keine wirkliche Tugend,

Eine Ribbe bloß, krumm von Natur, wie itzo sich zeiget,
Nach der unglücklichen Seite geneigt; zwar von mir genommen,
Aber besser, hätte man sie nur weggeworfen,
Da
II. Theil. X

Zehnter Geſang.

Sucht ſie die ſtuͤrmiſche Wuth des empoͤrten Affektes zu lindern;
925Aber er wies ſie mit ernſtem Ton ſo von ſich zuruͤcke.

Fort aus meinem Geſicht, du Schlange! denn dieſe Benennung
Schickt ſich am beſten fuͤr dich, indem du, mit ihr vereinet,
Eben ſo falſch, ſo haſſenswerth biſt! Es fehlet nichts weiter,
Als daß deine Geſtalt, und Schlangenfarbe, gleich ihrer,
930Alle Geſchoͤpfe vor dir und deiner inneren Tuͤcke

Warnte, damit du ſie nicht durch deine zu himmliſche Bildung,
Welche die hoͤlliſche Falſchheit ſo ſehr verdunkelt, beſtrickteſt.
Ohne dich war ich gluͤcklich geblieben, wofern nicht dein Hochmuth
Und zugleich die eitle Begierde herumzuwandern,
935Da es am wenigſten ſicher war, die Warnung verworfen,

Die ich dir gab; du zuͤrnteſt daruͤber, man traue zu wenig
Deinen Verdienſten; ganz voll vom Verlangen, geſehen zu werden,
Waͤr’ es vom Teufel auch ſelbſt; und voll vom vermeſſenen Wahne,
Jhn zu beſiegen; doch als darauf die Schlange dir aufſtieß,
940Wurdeſt du von ihr betrogen, bethoͤrt; durch ihre Verfuͤhrung

Du von ihr; ich leider von dir! Jch ließ dich, zu ſicher,
Von der Seite hinweg; ich hielt dich fuͤr weiſe, fuͤr ſtandhaft;
Voͤllig reif, und wider alle gedrohte Verſuchung
Wohlverwahrt, und ſah es nicht ein, daß dieſes zuſammen
945Nur ein Blendwerk ſey, und keine wirkliche Tugend,

Eine Ribbe bloß, krumm von Natur, wie itzo ſich zeiget,
Nach der ungluͤcklichen Seite geneigt; zwar von mir genommen,
Aber beſſer, haͤtte man ſie nur weggeworfen,
Da
II. Theil. X
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[161/0183] Zehnter Geſang. Sucht ſie die ſtuͤrmiſche Wuth des empoͤrten Affektes zu lindern; Aber er wies ſie mit ernſtem Ton ſo von ſich zuruͤcke. Fort aus meinem Geſicht, du Schlange! denn dieſe Benennung Schickt ſich am beſten fuͤr dich, indem du, mit ihr vereinet, Eben ſo falſch, ſo haſſenswerth biſt! Es fehlet nichts weiter, Als daß deine Geſtalt, und Schlangenfarbe, gleich ihrer, Alle Geſchoͤpfe vor dir und deiner inneren Tuͤcke Warnte, damit du ſie nicht durch deine zu himmliſche Bildung, Welche die hoͤlliſche Falſchheit ſo ſehr verdunkelt, beſtrickteſt. Ohne dich war ich gluͤcklich geblieben, wofern nicht dein Hochmuth Und zugleich die eitle Begierde herumzuwandern, Da es am wenigſten ſicher war, die Warnung verworfen, Die ich dir gab; du zuͤrnteſt daruͤber, man traue zu wenig Deinen Verdienſten; ganz voll vom Verlangen, geſehen zu werden, Waͤr’ es vom Teufel auch ſelbſt; und voll vom vermeſſenen Wahne, Jhn zu beſiegen; doch als darauf die Schlange dir aufſtieß, Wurdeſt du von ihr betrogen, bethoͤrt; durch ihre Verfuͤhrung Du von ihr; ich leider von dir! Jch ließ dich, zu ſicher, Von der Seite hinweg; ich hielt dich fuͤr weiſe, fuͤr ſtandhaft; Voͤllig reif, und wider alle gedrohte Verſuchung Wohlverwahrt, und ſah es nicht ein, daß dieſes zuſammen Nur ein Blendwerk ſey, und keine wirkliche Tugend, Eine Ribbe bloß, krumm von Natur, wie itzo ſich zeiget, Nach der ungluͤcklichen Seite geneigt; zwar von mir genommen, Aber beſſer, haͤtte man ſie nur weggeworfen, Da II. Theil. X

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Zitationshilfe: Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 2. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae Altona, 1763, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/milton_paradies02_1763/183>, abgerufen am 23.11.2024.