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Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 2. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae Altona, 1763.

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Das verlohrne Paradies.

Tödtlicher Schauder durchrann sein Blut, und alle Gelenke
920Wurden ihm schlaff; es fiel ihm der Kranz, für Even gewunden p),

Aus der bebenden Hand, und alle verwelkenden Rosen
Wurden verschüttet. So stand er bleich, der Sprache beraubet,
Bis er, etwas ermannt, zuletzt zu sich selber so sagte.

O du schönstes der Schöpfung! du, aller göttlichen Werke
925Letztes und bestes! Vollkommnes Geschöpf, in welchem das alles

So vorzüglich gestralt, was für die Gedanken und Augen
Heiliges, Göttliches, Gutes, und Liebenswürdges und Sanftes
Jemals nur geschaffen seyn konnte! Wie bist du gefallen!
Ach! wie bist du so plötzlich gefallen! Entstellet, entzieret,
930Und nunmehr dem Tode geweiht! Wie konntest du jemals

Dich, den gemeßnen Vefehl zu übertreten, entschließen,
Dich, die heilge verbothene Frucht zu entweihen, entschließen?
Ein verfluchter Betrug von einem verborgenen Feinde
Hat dich getäuscht, und dich mit mir ins Verderben gestürzet,
935Weil ich mit dir zu sterben schon fest bey mir selber beschlossen.

Könnt' ich ohne dich leben! und deines bezaubernden Umgangs,
Deiner Liebe vergessen, die uns so zärtlich vereint hat,
Und hier wieder allein die wilden Wälder durchirren?
Wollt' auch der Schöpfer für mich aus meiner geliehenen Ribbe
940Eine Eva von neuem erschaffen: so könnte mein Herz doch
Deinen
p) Ein vortreffliches Gemälde, welches einem jeden Leser Schrecken und Mitleid
erregen muß.

Das verlohrne Paradies.

Toͤdtlicher Schauder durchrann ſein Blut, und alle Gelenke
920Wurden ihm ſchlaff; es fiel ihm der Kranz, fuͤr Even gewunden p),

Aus der bebenden Hand, und alle verwelkenden Roſen
Wurden verſchuͤttet. So ſtand er bleich, der Sprache beraubet,
Bis er, etwas ermannt, zuletzt zu ſich ſelber ſo ſagte.

O du ſchoͤnſtes der Schoͤpfung! du, aller goͤttlichen Werke
925Letztes und beſtes! Vollkommnes Geſchoͤpf, in welchem das alles

So vorzuͤglich geſtralt, was fuͤr die Gedanken und Augen
Heiliges, Goͤttliches, Gutes, und Liebenswuͤrdges und Sanftes
Jemals nur geſchaffen ſeyn konnte! Wie biſt du gefallen!
Ach! wie biſt du ſo ploͤtzlich gefallen! Entſtellet, entzieret,
930Und nunmehr dem Tode geweiht! Wie konnteſt du jemals

Dich, den gemeßnen Vefehl zu uͤbertreten, entſchließen,
Dich, die heilge verbothene Frucht zu entweihen, entſchließen?
Ein verfluchter Betrug von einem verborgenen Feinde
Hat dich getaͤuſcht, und dich mit mir ins Verderben geſtuͤrzet,
935Weil ich mit dir zu ſterben ſchon feſt bey mir ſelber beſchloſſen.

Koͤnnt’ ich ohne dich leben! und deines bezaubernden Umgangs,
Deiner Liebe vergeſſen, die uns ſo zaͤrtlich vereint hat,
Und hier wieder allein die wilden Waͤlder durchirren?
Wollt’ auch der Schoͤpfer fuͤr mich aus meiner geliehenen Ribbe
940Eine Eva von neuem erſchaffen: ſo koͤnnte mein Herz doch
Deinen
p) Ein vortreffliches Gemaͤlde, welches einem jeden Leſer Schrecken und Mitleid
erregen muß.
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[106/0126] Das verlohrne Paradies. Toͤdtlicher Schauder durchrann ſein Blut, und alle Gelenke Wurden ihm ſchlaff; es fiel ihm der Kranz, fuͤr Even gewunden p), Aus der bebenden Hand, und alle verwelkenden Roſen Wurden verſchuͤttet. So ſtand er bleich, der Sprache beraubet, Bis er, etwas ermannt, zuletzt zu ſich ſelber ſo ſagte. O du ſchoͤnſtes der Schoͤpfung! du, aller goͤttlichen Werke Letztes und beſtes! Vollkommnes Geſchoͤpf, in welchem das alles So vorzuͤglich geſtralt, was fuͤr die Gedanken und Augen Heiliges, Goͤttliches, Gutes, und Liebenswuͤrdges und Sanftes Jemals nur geſchaffen ſeyn konnte! Wie biſt du gefallen! Ach! wie biſt du ſo ploͤtzlich gefallen! Entſtellet, entzieret, Und nunmehr dem Tode geweiht! Wie konnteſt du jemals Dich, den gemeßnen Vefehl zu uͤbertreten, entſchließen, Dich, die heilge verbothene Frucht zu entweihen, entſchließen? Ein verfluchter Betrug von einem verborgenen Feinde Hat dich getaͤuſcht, und dich mit mir ins Verderben geſtuͤrzet, Weil ich mit dir zu ſterben ſchon feſt bey mir ſelber beſchloſſen. Koͤnnt’ ich ohne dich leben! und deines bezaubernden Umgangs, Deiner Liebe vergeſſen, die uns ſo zaͤrtlich vereint hat, Und hier wieder allein die wilden Waͤlder durchirren? Wollt’ auch der Schoͤpfer fuͤr mich aus meiner geliehenen Ribbe Eine Eva von neuem erſchaffen: ſo koͤnnte mein Herz doch Deinen p) Ein vortreffliches Gemaͤlde, welches einem jeden Leſer Schrecken und Mitleid erregen muß.

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 2. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae Altona, 1763, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/milton_paradies02_1763/126>, abgerufen am 25.11.2024.