Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 1. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae. Altona, 1760.

Bild:
<< vorherige Seite

Das verlohrne Paradies.
200Unterwürfig gemacht, und der Wille des Ueberwinders,
Ein allmächtiger Rathschluß. Wir haben zum Thun, und zum Leiden,
Gleiche Stärke; das harte Gesetz, so dies uns verordnet,
Jst auch ungerecht nicht. Denn waren wir weise, so war es
Damals bereits beschlossen, als wir zu streiten es wagten
205Mit so einem mächtigen Feind; und der Ausgang des Krieges
So sehr zweifelhaft war. Jch lache, wenn sie, die so muthig
Auf ihr Speer sich verlassen, sobald es fehlet, erzittern,
Und so schrecklich das fürchten, wovon sie vorhersehen konnten,
Daß es erfolgen mußte; Verbannung, und Schmach, oder Ketten,
210Oder Pein, der Ausspruch des Ueberwinders. Dies ist nun
Unsre Verdammniß; können wir sie ertragen und leiden,
Dann kann mit der Zeit sich der Zorn des oberen Feindes
Um ein großes mildern; so sehr entfernet, vergißt er
Uns vielleicht, wofern wir ihn nicht aufs neue beleid'gen,
215Und ist mit der Strafe, die itzo wir dulden, zufrieden.
Dieses wüthende Feuer wird dann sich legen, wofern nicht
Diese Flammen von seinem Athem angefacht werden.
Unser reineres Wesen wird ihre schädlichen Dämpfe
Ueberwinden, oder sie auch, verhärtet, nicht fühlen;
220Oder zuletzt verändert, und zu dem Orte der Quaalen
Fähig gemacht an Art und Natur, die grausame Hitze,
Völlig dazu gewöhnt, ohn' alle Schmerzen empfinden.
Diese Schrecknisse werden dann mild, und die Nacht wird uns Licht seyn.
Ohne was sonst noch für Hoffnung und Trost der zukünftigen Tage
225Nimmerendende Flucht, und was uns Verändrung und Zufall

Noch

Das verlohrne Paradies.
200Unterwuͤrfig gemacht, und der Wille des Ueberwinders,
Ein allmaͤchtiger Rathſchluß. Wir haben zum Thun, und zum Leiden,
Gleiche Staͤrke; das harte Geſetz, ſo dies uns verordnet,
Jſt auch ungerecht nicht. Denn waren wir weiſe, ſo war es
Damals bereits beſchloſſen, als wir zu ſtreiten es wagten
205Mit ſo einem maͤchtigen Feind; und der Ausgang des Krieges
So ſehr zweifelhaft war. Jch lache, wenn ſie, die ſo muthig
Auf ihr Speer ſich verlaſſen, ſobald es fehlet, erzittern,
Und ſo ſchrecklich das fuͤrchten, wovon ſie vorherſehen konnten,
Daß es erfolgen mußte; Verbannung, und Schmach, oder Ketten,
210Oder Pein, der Ausſpruch des Ueberwinders. Dies iſt nun
Unſre Verdammniß; koͤnnen wir ſie ertragen und leiden,
Dann kann mit der Zeit ſich der Zorn des oberen Feindes
Um ein großes mildern; ſo ſehr entfernet, vergißt er
Uns vielleicht, wofern wir ihn nicht aufs neue beleid’gen,
215Und iſt mit der Strafe, die itzo wir dulden, zufrieden.
Dieſes wuͤthende Feuer wird dann ſich legen, wofern nicht
Dieſe Flammen von ſeinem Athem angefacht werden.
Unſer reineres Weſen wird ihre ſchaͤdlichen Daͤmpfe
Ueberwinden, oder ſie auch, verhaͤrtet, nicht fuͤhlen;
220Oder zuletzt veraͤndert, und zu dem Orte der Quaalen
Faͤhig gemacht an Art und Natur, die grauſame Hitze,
Voͤllig dazu gewoͤhnt, ohn’ alle Schmerzen empfinden.
Dieſe Schreckniſſe werden dann mild, und die Nacht wird uns Licht ſeyn.
Ohne was ſonſt noch fuͤr Hoffnung und Troſt der zukuͤnftigen Tage
225Nimmerendende Flucht, und was uns Veraͤndrung und Zufall

Noch
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <lg n="5">
            <pb facs="#f0070" n="54"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Das verlohrne Paradies.</hi> </fw><lb/>
            <l><note place="left">200</note>Unterwu&#x0364;rfig gemacht, und der Wille des Ueberwinders,</l><lb/>
            <l>Ein allma&#x0364;chtiger Rath&#x017F;chluß. Wir haben zum Thun, und zum Leiden,</l><lb/>
            <l>Gleiche Sta&#x0364;rke; das harte Ge&#x017F;etz, &#x017F;o dies uns verordnet,</l><lb/>
            <l>J&#x017F;t auch ungerecht nicht. Denn waren wir wei&#x017F;e, &#x017F;o war es</l><lb/>
            <l>Damals bereits be&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, als wir zu &#x017F;treiten es wagten</l><lb/>
            <l><note place="left">205</note>Mit &#x017F;o einem ma&#x0364;chtigen Feind; und der Ausgang des Krieges</l><lb/>
            <l>So &#x017F;ehr zweifelhaft war. Jch lache, wenn &#x017F;ie, die &#x017F;o muthig</l><lb/>
            <l>Auf ihr Speer &#x017F;ich verla&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;obald es fehlet, erzittern,</l><lb/>
            <l>Und &#x017F;o &#x017F;chrecklich das fu&#x0364;rchten, wovon &#x017F;ie vorher&#x017F;ehen konnten,</l><lb/>
            <l>Daß es erfolgen mußte; Verbannung, und Schmach, oder Ketten,</l><lb/>
            <l><note place="left">210</note>Oder Pein, der Aus&#x017F;pruch des Ueberwinders. Dies i&#x017F;t nun</l><lb/>
            <l>Un&#x017F;re Verdammniß; ko&#x0364;nnen wir &#x017F;ie ertragen und leiden,</l><lb/>
            <l>Dann kann mit der Zeit &#x017F;ich der Zorn des oberen Feindes</l><lb/>
            <l>Um ein großes mildern; &#x017F;o &#x017F;ehr entfernet, vergißt er</l><lb/>
            <l>Uns vielleicht, wofern wir ihn nicht aufs neue beleid&#x2019;gen,</l><lb/>
            <l><note place="left">215</note>Und i&#x017F;t mit der Strafe, die itzo wir dulden, zufrieden.</l><lb/>
            <l>Die&#x017F;es wu&#x0364;thende Feuer wird dann &#x017F;ich legen, wofern nicht</l><lb/>
            <l>Die&#x017F;e Flammen von &#x017F;einem Athem angefacht werden.</l><lb/>
            <l>Un&#x017F;er reineres We&#x017F;en wird ihre &#x017F;cha&#x0364;dlichen Da&#x0364;mpfe</l><lb/>
            <l>Ueberwinden, oder &#x017F;ie auch, verha&#x0364;rtet, nicht fu&#x0364;hlen;</l><lb/>
            <l><note place="left">220</note>Oder zuletzt vera&#x0364;ndert, und zu dem Orte der Quaalen</l><lb/>
            <l>Fa&#x0364;hig gemacht an Art und Natur, die grau&#x017F;ame Hitze,</l><lb/>
            <l>Vo&#x0364;llig dazu gewo&#x0364;hnt, ohn&#x2019; alle Schmerzen empfinden.</l><lb/>
            <l>Die&#x017F;e Schreckni&#x017F;&#x017F;e werden dann mild, und die Nacht wird uns Licht &#x017F;eyn.</l><lb/>
            <l>Ohne was &#x017F;on&#x017F;t noch fu&#x0364;r Hoffnung und Tro&#x017F;t der zuku&#x0364;nftigen Tage</l><lb/>
            <l><note place="left">225</note>Nimmerendende Flucht, und was uns Vera&#x0364;ndrung und Zufall</l><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Noch</fw><lb/>
          </lg>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[54/0070] Das verlohrne Paradies. Unterwuͤrfig gemacht, und der Wille des Ueberwinders, Ein allmaͤchtiger Rathſchluß. Wir haben zum Thun, und zum Leiden, Gleiche Staͤrke; das harte Geſetz, ſo dies uns verordnet, Jſt auch ungerecht nicht. Denn waren wir weiſe, ſo war es Damals bereits beſchloſſen, als wir zu ſtreiten es wagten Mit ſo einem maͤchtigen Feind; und der Ausgang des Krieges So ſehr zweifelhaft war. Jch lache, wenn ſie, die ſo muthig Auf ihr Speer ſich verlaſſen, ſobald es fehlet, erzittern, Und ſo ſchrecklich das fuͤrchten, wovon ſie vorherſehen konnten, Daß es erfolgen mußte; Verbannung, und Schmach, oder Ketten, Oder Pein, der Ausſpruch des Ueberwinders. Dies iſt nun Unſre Verdammniß; koͤnnen wir ſie ertragen und leiden, Dann kann mit der Zeit ſich der Zorn des oberen Feindes Um ein großes mildern; ſo ſehr entfernet, vergißt er Uns vielleicht, wofern wir ihn nicht aufs neue beleid’gen, Und iſt mit der Strafe, die itzo wir dulden, zufrieden. Dieſes wuͤthende Feuer wird dann ſich legen, wofern nicht Dieſe Flammen von ſeinem Athem angefacht werden. Unſer reineres Weſen wird ihre ſchaͤdlichen Daͤmpfe Ueberwinden, oder ſie auch, verhaͤrtet, nicht fuͤhlen; Oder zuletzt veraͤndert, und zu dem Orte der Quaalen Faͤhig gemacht an Art und Natur, die grauſame Hitze, Voͤllig dazu gewoͤhnt, ohn’ alle Schmerzen empfinden. Dieſe Schreckniſſe werden dann mild, und die Nacht wird uns Licht ſeyn. Ohne was ſonſt noch fuͤr Hoffnung und Troſt der zukuͤnftigen Tage Nimmerendende Flucht, und was uns Veraͤndrung und Zufall Noch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/milton_paradies01_1760
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/milton_paradies01_1760/70
Zitationshilfe: Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 1. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae. Altona, 1760, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/milton_paradies01_1760/70>, abgerufen am 27.11.2024.