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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776.

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mehrentheils sind die Jünglinge, die tief empfin-
den, deren gröstes Unglück ihr zu fühlendes Herz
ist, die edelsten, die der Welt am meisten dienen
können. Du bist also dich der Welt noch schuldig,
und must auf deine Selbsterhaltung denken! Jch
weiß wohl, daß der Wunsch nach dem Tod, und
das heißt Sehnen darnach, dir, und dem Jüngling
überhaupt sehr natürlich ist. Der Jüngling liebt
alles Neue, Ungewöhnliche und Feyerliche, und
was ist feyerlicher als der Uebergang aus diesem
Leben in ein anderes, uns so wenig Bekanntes!
Der öftere Gedanke an den Tod wird uns zuletzt
gewöhnlich; das Lachende verliert sich, und wir
sehn den Tod als ein Beingerippe an, vor dem
man sich destomehr entsetzt, je näher man ihm
kommt. -- Jch gestehs, du hast viel ausgestanden;
Marianens Verlust muß dir unaussprechlich schmerz-
lich, und der Gedanke, wieder mit ihr vereiniget zu
werden, muß dir der süsseste seyn; aber, lieber
Freund, zu sehr und zu lebhaft must du ihm nicht
nachhängen! Denn darüber würdest du unbrauch-
bar für die Welt und für das Kloster, in dem du
jetzt doch ein Mitglied werden willst. Du würdest
nach und nach deine Gesundheit und dein Leben

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mehrentheils ſind die Juͤnglinge, die tief empfin-
den, deren groͤſtes Ungluͤck ihr zu fuͤhlendes Herz
iſt, die edelſten, die der Welt am meiſten dienen
koͤnnen. Du biſt alſo dich der Welt noch ſchuldig,
und muſt auf deine Selbſterhaltung denken! Jch
weiß wohl, daß der Wunſch nach dem Tod, und
das heißt Sehnen darnach, dir, und dem Juͤngling
uͤberhaupt ſehr natuͤrlich iſt. Der Juͤngling liebt
alles Neue, Ungewoͤhnliche und Feyerliche, und
was iſt feyerlicher als der Uebergang aus dieſem
Leben in ein anderes, uns ſo wenig Bekanntes!
Der oͤftere Gedanke an den Tod wird uns zuletzt
gewoͤhnlich; das Lachende verliert ſich, und wir
ſehn den Tod als ein Beingerippe an, vor dem
man ſich deſtomehr entſetzt, je naͤher man ihm
kommt. — Jch geſtehs, du haſt viel ausgeſtanden;
Marianens Verluſt muß dir unausſprechlich ſchmerz-
lich, und der Gedanke, wieder mit ihr vereiniget zu
werden, muß dir der ſuͤſſeſte ſeyn; aber, lieber
Freund, zu ſehr und zu lebhaft muſt du ihm nicht
nachhaͤngen! Denn daruͤber wuͤrdeſt du unbrauch-
bar fuͤr die Welt und fuͤr das Kloſter, in dem du
jetzt doch ein Mitglied werden willſt. Du wuͤrdeſt
nach und nach deine Geſundheit und dein Leben

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[1033/0613] mehrentheils ſind die Juͤnglinge, die tief empfin- den, deren groͤſtes Ungluͤck ihr zu fuͤhlendes Herz iſt, die edelſten, die der Welt am meiſten dienen koͤnnen. Du biſt alſo dich der Welt noch ſchuldig, und muſt auf deine Selbſterhaltung denken! Jch weiß wohl, daß der Wunſch nach dem Tod, und das heißt Sehnen darnach, dir, und dem Juͤngling uͤberhaupt ſehr natuͤrlich iſt. Der Juͤngling liebt alles Neue, Ungewoͤhnliche und Feyerliche, und was iſt feyerlicher als der Uebergang aus dieſem Leben in ein anderes, uns ſo wenig Bekanntes! Der oͤftere Gedanke an den Tod wird uns zuletzt gewoͤhnlich; das Lachende verliert ſich, und wir ſehn den Tod als ein Beingerippe an, vor dem man ſich deſtomehr entſetzt, je naͤher man ihm kommt. — Jch geſtehs, du haſt viel ausgeſtanden; Marianens Verluſt muß dir unausſprechlich ſchmerz- lich, und der Gedanke, wieder mit ihr vereiniget zu werden, muß dir der ſuͤſſeſte ſeyn; aber, lieber Freund, zu ſehr und zu lebhaft muſt du ihm nicht nachhaͤngen! Denn daruͤber wuͤrdeſt du unbrauch- bar fuͤr die Welt und fuͤr das Kloſter, in dem du jetzt doch ein Mitglied werden willſt. Du wuͤrdeſt nach und nach deine Geſundheit und dein Leben U u u

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Zitationshilfe: Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 1033. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart02_1776/613>, abgerufen am 24.11.2024.