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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776.

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machte er alle mögliche Anstalten, schrieb an Roth-
fels, daß er um 10 Uhr mit der Kutsche an der
Gartenmauer warten soll, und gieng in das
Wirtshaus im Dorf, um den Brief durch einen
Knaben, den er schon öfters bazu gebraucht hat-
te, nach Rothfels zu schicken. Zu gutem Glück
traf er da Rothsels alten Bedienten selbst an,
der von Zeit zu Zeit an dem bestimmten Ort
sah, ob kein Brief da liege? Er nahm den Be-
dienten auf die Seite, und bat ihn, den Brief
sogleich seinem Herrn einzuliefern. Jm Garten
hatte er schon seit ein paar Tagen die Vorsicht
gebraucht, an der Mauer, in dem Winkel, wo
Mariane hinkam, hinter alten Brerern eine
Leiter zu verbergen. Er gieng wieder ins Klo-
ster, und sprach gegen Abend Brigitten noch ein-
mal. Sie weinte wieder, versicherte ihn aber
doch, daß es mit Marianen besser stehe, und daß
sie um 10 Uhr in den Garten kommen werde.

Er lag in seiner Kammer auf den Knien, und
bat Gott um Marianens Genesung, und um sei-
nen Beystand. Als es dunkel wurde, legte er die
Leiter an die Mauer an, und blieb in der unru-
higsten Erwartung im Garten. Die Nacht war
sehr dunkel, stürmisch, und regnerisch. Um 9



machte er alle moͤgliche Anſtalten, ſchrieb an Roth-
fels, daß er um 10 Uhr mit der Kutſche an der
Gartenmauer warten ſoll, und gieng in das
Wirtshaus im Dorf, um den Brief durch einen
Knaben, den er ſchon oͤfters bazu gebraucht hat-
te, nach Rothfels zu ſchicken. Zu gutem Gluͤck
traf er da Rothſels alten Bedienten ſelbſt an,
der von Zeit zu Zeit an dem beſtimmten Ort
ſah, ob kein Brief da liege? Er nahm den Be-
dienten auf die Seite, und bat ihn, den Brief
ſogleich ſeinem Herrn einzuliefern. Jm Garten
hatte er ſchon ſeit ein paar Tagen die Vorſicht
gebraucht, an der Mauer, in dem Winkel, wo
Mariane hinkam, hinter alten Brerern eine
Leiter zu verbergen. Er gieng wieder ins Klo-
ſter, und ſprach gegen Abend Brigitten noch ein-
mal. Sie weinte wieder, verſicherte ihn aber
doch, daß es mit Marianen beſſer ſtehe, und daß
ſie um 10 Uhr in den Garten kommen werde.

Er lag in ſeiner Kammer auf den Knien, und
bat Gott um Marianens Geneſung, und um ſei-
nen Beyſtand. Als es dunkel wurde, legte er die
Leiter an die Mauer an, und blieb in der unru-
higſten Erwartung im Garten. Die Nacht war
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[1015/0595] machte er alle moͤgliche Anſtalten, ſchrieb an Roth- fels, daß er um 10 Uhr mit der Kutſche an der Gartenmauer warten ſoll, und gieng in das Wirtshaus im Dorf, um den Brief durch einen Knaben, den er ſchon oͤfters bazu gebraucht hat- te, nach Rothfels zu ſchicken. Zu gutem Gluͤck traf er da Rothſels alten Bedienten ſelbſt an, der von Zeit zu Zeit an dem beſtimmten Ort ſah, ob kein Brief da liege? Er nahm den Be- dienten auf die Seite, und bat ihn, den Brief ſogleich ſeinem Herrn einzuliefern. Jm Garten hatte er ſchon ſeit ein paar Tagen die Vorſicht gebraucht, an der Mauer, in dem Winkel, wo Mariane hinkam, hinter alten Brerern eine Leiter zu verbergen. Er gieng wieder ins Klo- ſter, und ſprach gegen Abend Brigitten noch ein- mal. Sie weinte wieder, verſicherte ihn aber doch, daß es mit Marianen beſſer ſtehe, und daß ſie um 10 Uhr in den Garten kommen werde. Er lag in ſeiner Kammer auf den Knien, und bat Gott um Marianens Geneſung, und um ſei- nen Beyſtand. Als es dunkel wurde, legte er die Leiter an die Mauer an, und blieb in der unru- higſten Erwartung im Garten. Die Nacht war ſehr dunkel, ſtuͤrmiſch, und regneriſch. Um 9

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Zitationshilfe: Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 1015. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart02_1776/595>, abgerufen am 25.11.2024.