Ey wie schön, Gärtner! rief eine Stimme, als er ausgesungen hatte; und indem er aufsah, er- blickte er jenseits der Hecke in einem andern Gang die Aebtissin mit den andern Nonnen. Sein Schrecken war doppelt groß, theils wegen des Liedes, das er gesungen hatte, theils weil keine Mannsperson im Garten seyn sollte, wenn die Nonnen drinn waren. Aber die Aebtissin hatte dießmal selbst das Läuten vergessen, welches das Zeichen war, daß die männlichen Bedienten sich entfernen sollten. Er stand zitternd, und todtenbleich da, hielt die Mütze in die Hand, und bat stotternd um Ver- gebung. Plötzlich erblickte er zuhinterst eine Non- ne, die der ganzen Stellung nach seine Mariane war; aber er sah auch ihr himmlisches, blasses Ge- sicht durch den Schleyer schimmern. Er konnte vor Zittern kaum mehr stehen, und ward noch verwirrter. Zum Glück für ihn hielt man die plötzliche Ueber- raschung für die Ursache seiner Verwirrung. Die Aebtissin sprach noch ein paar Worte mit ihm, und ließ ihn dann gehen, welches ihm recht herzlich lieb war. Mariane befand sich auch in der äussersten Ver- legenheit, und hatte Mühe, ihre Unruhe zu ver- bergen.
Ey wie ſchoͤn, Gaͤrtner! rief eine Stimme, als er ausgeſungen hatte; und indem er aufſah, er- blickte er jenſeits der Hecke in einem andern Gang die Aebtiſſin mit den andern Nonnen. Sein Schrecken war doppelt groß, theils wegen des Liedes, das er geſungen hatte, theils weil keine Mannsperſon im Garten ſeyn ſollte, wenn die Nonnen drinn waren. Aber die Aebtiſſin hatte dießmal ſelbſt das Laͤuten vergeſſen, welches das Zeichen war, daß die maͤnnlichen Bedienten ſich entfernen ſollten. Er ſtand zitternd, und todtenbleich da, hielt die Muͤtze in die Hand, und bat ſtotternd um Ver- gebung. Ploͤtzlich erblickte er zuhinterſt eine Non- ne, die der ganzen Stellung nach ſeine Mariane war; aber er ſah auch ihr himmliſches, blaſſes Ge- ſicht durch den Schleyer ſchimmern. Er konnte vor Zittern kaum mehr ſtehen, und ward noch verwirrter. Zum Gluͤck fuͤr ihn hielt man die ploͤtzliche Ueber- raſchung fuͤr die Urſache ſeiner Verwirrung. Die Aebtiſſin ſprach noch ein paar Worte mit ihm, und ließ ihn dann gehen, welches ihm recht herzlich lieb war. Mariane befand ſich auch in der aͤuſſerſten Ver- legenheit, und hatte Muͤhe, ihre Unruhe zu ver- bergen.
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Ey wie ſchoͤn, Gaͤrtner! rief eine Stimme, als
er ausgeſungen hatte; und indem er aufſah, er-
blickte er jenſeits der Hecke in einem andern Gang die
Aebtiſſin mit den andern Nonnen. Sein Schrecken
war doppelt groß, theils wegen des Liedes, das
er geſungen hatte, theils weil keine Mannsperſon
im Garten ſeyn ſollte, wenn die Nonnen drinn
waren. Aber die Aebtiſſin hatte dießmal ſelbſt
das Laͤuten vergeſſen, welches das Zeichen war, daß
die maͤnnlichen Bedienten ſich entfernen ſollten.
Er ſtand zitternd, und todtenbleich da, hielt die
Muͤtze in die Hand, und bat ſtotternd um Ver-
gebung. Ploͤtzlich erblickte er zuhinterſt eine Non-
ne, die der ganzen Stellung nach ſeine Mariane
war; aber er ſah auch ihr himmliſches, blaſſes Ge-
ſicht durch den Schleyer ſchimmern. Er konnte vor
Zittern kaum mehr ſtehen, und ward noch verwirrter.
Zum Gluͤck fuͤr ihn hielt man die ploͤtzliche Ueber-
raſchung fuͤr die Urſache ſeiner Verwirrung. Die
Aebtiſſin ſprach noch ein paar Worte mit ihm, und
ließ ihn dann gehen, welches ihm recht herzlich lieb
war. Mariane befand ſich auch in der aͤuſſerſten Ver-
legenheit, und hatte Muͤhe, ihre Unruhe zu ver-
bergen.
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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 1006. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart02_1776/586>, abgerufen am 25.11.2024.
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