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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776.

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gen umher verstreut, und die Blätter waren ver-
sengt. Mariane stand blaß und zitternd da. Das
ist der Donnerschlag, den wir gehört haben, sagte
sie. Hätten wir denken sollen, daß das unserm
lieben Baum gelte! Siegwart hatte indessen in der
Hecke nach dem Grasemückenestchen gesehen. Sieh,
Mariane! sagte er, und konnte weiter nicht spre-
chen. Sie sah hin. Die Mutter saß im Nestchen
todt auf ihren Jungen. Neben ihr lag das Männ-
chen, mit ausgebreiteten Flügeln, todt. Was half
nun meine Vorsicht? sagte er. Hätt ichs wegge-
jagt vom Nestchen, und sie lebten noch! -- Ma-
riane setzte sich, ganz betäubt, am gespaltnen Stamm
auf die Rasenbank.

Sie schwiegen lang, und sahn sich traurig an.
Wo mag gestern Hofrath Schrager hingefahren
seyn? fragte endlich Siegwart. Es war ein Koffre
hinten auf dem Wagen aufgepackt. Vermuthlich
nach Abach, sagte Mariane; meine Mutter hat
davon gesagt. Nach Abach? fragte Siegwart
ganz tiefsinnig. Weis Jhr Vater was davon?
Vermuthlich; war Marianens Antwort. Mein
Vater hat ihm einen Brief zugeschickt.

Siegwart. Und das sagen Sie so kalt?



gen umher verſtreut, und die Blaͤtter waren ver-
ſengt. Mariane ſtand blaß und zitternd da. Das
iſt der Donnerſchlag, den wir gehoͤrt haben, ſagte
ſie. Haͤtten wir denken ſollen, daß das unſerm
lieben Baum gelte! Siegwart hatte indeſſen in der
Hecke nach dem Graſemuͤckeneſtchen geſehen. Sieh,
Mariane! ſagte er, und konnte weiter nicht ſpre-
chen. Sie ſah hin. Die Mutter ſaß im Neſtchen
todt auf ihren Jungen. Neben ihr lag das Maͤnn-
chen, mit ausgebreiteten Fluͤgeln, todt. Was half
nun meine Vorſicht? ſagte er. Haͤtt ichs wegge-
jagt vom Neſtchen, und ſie lebten noch! — Ma-
riane ſetzte ſich, ganz betaͤubt, am geſpaltnen Stamm
auf die Raſenbank.

Sie ſchwiegen lang, und ſahn ſich traurig an.
Wo mag geſtern Hofrath Schrager hingefahren
ſeyn? fragte endlich Siegwart. Es war ein Koffre
hinten auf dem Wagen aufgepackt. Vermuthlich
nach Abach, ſagte Mariane; meine Mutter hat
davon geſagt. Nach Abach? fragte Siegwart
ganz tiefſinnig. Weis Jhr Vater was davon?
Vermuthlich; war Marianens Antwort. Mein
Vater hat ihm einen Brief zugeſchickt.

Siegwart. Und das ſagen Sie ſo kalt?

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[863/0443] gen umher verſtreut, und die Blaͤtter waren ver- ſengt. Mariane ſtand blaß und zitternd da. Das iſt der Donnerſchlag, den wir gehoͤrt haben, ſagte ſie. Haͤtten wir denken ſollen, daß das unſerm lieben Baum gelte! Siegwart hatte indeſſen in der Hecke nach dem Graſemuͤckeneſtchen geſehen. Sieh, Mariane! ſagte er, und konnte weiter nicht ſpre- chen. Sie ſah hin. Die Mutter ſaß im Neſtchen todt auf ihren Jungen. Neben ihr lag das Maͤnn- chen, mit ausgebreiteten Fluͤgeln, todt. Was half nun meine Vorſicht? ſagte er. Haͤtt ichs wegge- jagt vom Neſtchen, und ſie lebten noch! — Ma- riane ſetzte ſich, ganz betaͤubt, am geſpaltnen Stamm auf die Raſenbank. Sie ſchwiegen lang, und ſahn ſich traurig an. Wo mag geſtern Hofrath Schrager hingefahren ſeyn? fragte endlich Siegwart. Es war ein Koffre hinten auf dem Wagen aufgepackt. Vermuthlich nach Abach, ſagte Mariane; meine Mutter hat davon geſagt. Nach Abach? fragte Siegwart ganz tiefſinnig. Weis Jhr Vater was davon? Vermuthlich; war Marianens Antwort. Mein Vater hat ihm einen Brief zugeſchickt. Siegwart. Und das ſagen Sie ſo kalt?

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Zitationshilfe: Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 863. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart02_1776/443>, abgerufen am 25.11.2024.