eine Kugel auf mich wartet, und meiner Qual ein Ende macht.
O Bruder, so weit ists mit mir gekommen. Das sind nun meine Hoffnungen! Gott, was wird aus Theresen werden? Schick ihr diesen Brief, wenn dus für gut hältst, und schreib ihr das übri- ge! Tröst sie, wenn du kannst! Jch bins nicht im Stand. An meinen Onkel hab ich vor 2 Tagen geschrieben, daß er Sorge trägt, daß ihr mein Va- ter nichts thut, und daß er mir Geld schickt, denn ich hab nur 15 Gulden bey mir, und mein Pferd nehm ich mit. Der Hauptmann will mir indessen Geld auf den Weg mitgeben. Mein Onkel kann meinen Schritt unmöglich misbilligen; es war mir nichts anders übrig. Jch gehe nicht aus dem Haus, um nicht entdeckt zu werden; sonst wär ich zum P. Philipp gegangen. Schreib mir unter der Adresse an den Hauptmann!
Jch kann dir nicht sagen, wie mir ist. An The- resen darf ich kaum gedenken, und doch ist sie fast mein einziger Gedanke. Sie auf ewig nun ver- lieren! Sie auf ewig nicht mehr sehen! Und doch ist dieß all mein Trost, daß ich nun dem Tod ent- gegen gehe. Die Preussen schiessen gut, und ich will mich immer dahin stellen, wo der Tod am
eine Kugel auf mich wartet, und meiner Qual ein Ende macht.
O Bruder, ſo weit iſts mit mir gekommen. Das ſind nun meine Hoffnungen! Gott, was wird aus Thereſen werden? Schick ihr dieſen Brief, wenn dus fuͤr gut haͤltſt, und ſchreib ihr das uͤbri- ge! Troͤſt ſie, wenn du kannſt! Jch bins nicht im Stand. An meinen Onkel hab ich vor 2 Tagen geſchrieben, daß er Sorge traͤgt, daß ihr mein Va- ter nichts thut, und daß er mir Geld ſchickt, denn ich hab nur 15 Gulden bey mir, und mein Pferd nehm ich mit. Der Hauptmann will mir indeſſen Geld auf den Weg mitgeben. Mein Onkel kann meinen Schritt unmoͤglich misbilligen; es war mir nichts anders uͤbrig. Jch gehe nicht aus dem Haus, um nicht entdeckt zu werden; ſonſt waͤr ich zum P. Philipp gegangen. Schreib mir unter der Adreſſe an den Hauptmann!
Jch kann dir nicht ſagen, wie mir iſt. An The- reſen darf ich kaum gedenken, und doch iſt ſie faſt mein einziger Gedanke. Sie auf ewig nun ver- lieren! Sie auf ewig nicht mehr ſehen! Und doch iſt dieß all mein Troſt, daß ich nun dem Tod ent- gegen gehe. Die Preuſſen ſchieſſen gut, und ich will mich immer dahin ſtellen, wo der Tod am
<TEI><text><body><divn="1"><p><floatingText><body><divtype="letter"><p><pbfacs="#f0353"n="773"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
eine Kugel auf mich wartet, und meiner Qual ein<lb/>
Ende macht.</p><lb/><p>O Bruder, ſo weit iſts mit mir gekommen.<lb/>
Das ſind nun meine Hoffnungen! Gott, was wird<lb/>
aus Thereſen werden? Schick ihr dieſen Brief,<lb/>
wenn dus fuͤr gut haͤltſt, und ſchreib ihr das uͤbri-<lb/>
ge! Troͤſt ſie, wenn du kannſt! Jch bins nicht im<lb/>
Stand. An meinen Onkel hab ich vor 2 Tagen<lb/>
geſchrieben, daß er Sorge traͤgt, daß ihr mein Va-<lb/>
ter nichts thut, und daß er mir Geld ſchickt, denn<lb/>
ich hab nur 15 Gulden bey mir, und mein Pferd<lb/>
nehm ich mit. Der Hauptmann will mir indeſſen<lb/>
Geld auf den Weg mitgeben. Mein Onkel kann<lb/>
meinen Schritt unmoͤglich misbilligen; es war mir<lb/>
nichts anders uͤbrig. Jch gehe nicht aus dem Haus,<lb/>
um nicht entdeckt zu werden; ſonſt waͤr ich zum<lb/>
P. Philipp gegangen. Schreib mir unter der<lb/>
Adreſſe an den Hauptmann!</p><lb/><p>Jch kann dir nicht ſagen, wie mir iſt. An The-<lb/>
reſen darf ich kaum gedenken, und doch iſt ſie faſt<lb/>
mein einziger Gedanke. Sie auf ewig nun ver-<lb/>
lieren! Sie auf ewig nicht mehr ſehen! Und doch<lb/>
iſt dieß all mein Troſt, daß ich nun dem Tod ent-<lb/>
gegen gehe. Die Preuſſen ſchieſſen gut, und ich<lb/>
will mich immer dahin ſtellen, wo der Tod am<lb/></p></div></body></floatingText></p></div></body></text></TEI>
[773/0353]
eine Kugel auf mich wartet, und meiner Qual ein
Ende macht.
O Bruder, ſo weit iſts mit mir gekommen.
Das ſind nun meine Hoffnungen! Gott, was wird
aus Thereſen werden? Schick ihr dieſen Brief,
wenn dus fuͤr gut haͤltſt, und ſchreib ihr das uͤbri-
ge! Troͤſt ſie, wenn du kannſt! Jch bins nicht im
Stand. An meinen Onkel hab ich vor 2 Tagen
geſchrieben, daß er Sorge traͤgt, daß ihr mein Va-
ter nichts thut, und daß er mir Geld ſchickt, denn
ich hab nur 15 Gulden bey mir, und mein Pferd
nehm ich mit. Der Hauptmann will mir indeſſen
Geld auf den Weg mitgeben. Mein Onkel kann
meinen Schritt unmoͤglich misbilligen; es war mir
nichts anders uͤbrig. Jch gehe nicht aus dem Haus,
um nicht entdeckt zu werden; ſonſt waͤr ich zum
P. Philipp gegangen. Schreib mir unter der
Adreſſe an den Hauptmann!
Jch kann dir nicht ſagen, wie mir iſt. An The-
reſen darf ich kaum gedenken, und doch iſt ſie faſt
mein einziger Gedanke. Sie auf ewig nun ver-
lieren! Sie auf ewig nicht mehr ſehen! Und doch
iſt dieß all mein Troſt, daß ich nun dem Tod ent-
gegen gehe. Die Preuſſen ſchieſſen gut, und ich
will mich immer dahin ſtellen, wo der Tod am
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 773. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart02_1776/353>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.