doch fühlte er nicht das gegen sie, was sie gegen ihn fühlte.
Jn der Mitte des Winters, als Kronhelm einst an einem heitern Tage mit Siegwart spa- zieren gegangen, und nach dem langen Stubenhü- ten ausserordentlich vergnügt gewesen war, fand er, bey seiner Nachhausekunft auf des P. Philipps Zimmer einen Brief, den sein Vater durch einen eignen Bothen hereingeschickt hatte, folgenden Jnhalts:
Verfluchter Son!
Hol Dich der Teufel mit Deinem ganzen Hu- renpack! Da hast Du 'n rechten Hundestreich ge- macht. Bist denn gar ein Narr? Was treibst mit des Amtmanns Mädel, der unadelichen nichts- nutzigen Kanale? Hör Kerl, Du bist keinen Schuß Pulver wehrt -- hol mich dieser und je- ner, Mann sollt Dich todtschlagen, wie einen Dags. Jch hab mir g'ärgert, daß ichs Zibberlein krügen thät, sonst wär ich selbst komen, und hätt Dich todtg'schlagen. Jnvamer Kerl, daß Du Dich so wegwerfen thust, als ob Du von einer Bürgers- hur herkommen thätest! Jch muß mich ja ob Dir schamen wo ich hinkomm. Aber ich schwör Dir
doch fuͤhlte er nicht das gegen ſie, was ſie gegen ihn fuͤhlte.
Jn der Mitte des Winters, als Kronhelm einſt an einem heitern Tage mit Siegwart ſpa- zieren gegangen, und nach dem langen Stubenhuͤ- ten auſſerordentlich vergnuͤgt geweſen war, fand er, bey ſeiner Nachhauſekunft auf des P. Philipps Zimmer einen Brief, den ſein Vater durch einen eignen Bothen hereingeſchickt hatte, folgenden Jnhalts:
Verfluchter Son!
Hol Dich der Teufel mit Deinem ganzen Hu- renpack! Da haſt Du ’n rechten Hundeſtreich ge- macht. Biſt denn gar ein Narr? Was treibſt mit des Amtmanns Maͤdel, der unadelichen nichts- nutzigen Kanale? Hoͤr Kerl, Du biſt keinen Schuß Pulver wehrt — hol mich dieſer und je- ner, Mann ſollt Dich todtſchlagen, wie einen Dags. Jch hab mir g’aͤrgert, daß ichs Zibberlein kruͤgen thaͤt, ſonſt waͤr ich ſelbſt komen, und haͤtt Dich todtg’ſchlagen. Jnvamer Kerl, daß Du Dich ſo wegwerfen thuſt, als ob Du von einer Buͤrgers- hur herkommen thaͤteſt! Jch muß mich ja ob Dir ſchamen wo ich hinkomm. Aber ich ſchwoͤr Dir
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0029"n="449"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
doch fuͤhlte er nicht das gegen ſie, was ſie gegen<lb/>
ihn fuͤhlte.</p><lb/><p>Jn der Mitte des Winters, als <hirendition="#fr">Kronhelm</hi><lb/>
einſt an einem heitern Tage mit <hirendition="#fr">Siegwart</hi>ſpa-<lb/>
zieren gegangen, und nach dem langen Stubenhuͤ-<lb/>
ten auſſerordentlich vergnuͤgt geweſen war, fand<lb/>
er, bey ſeiner Nachhauſekunft auf des <hirendition="#fr">P. Philipps</hi><lb/>
Zimmer einen Brief, den ſein Vater durch einen<lb/>
eignen Bothen hereingeſchickt hatte, folgenden<lb/>
Jnhalts:</p><lb/><floatingText><body><divtype="letter"><opener><salute><hirendition="#et">Verfluchter Son!</hi></salute></opener><lb/><p>Hol Dich der Teufel mit Deinem ganzen Hu-<lb/>
renpack! Da haſt Du ’n rechten Hundeſtreich ge-<lb/>
macht. Biſt denn gar ein Narr? Was treibſt<lb/>
mit des Amtmanns Maͤdel, der unadelichen nichts-<lb/>
nutzigen Kanale? Hoͤr Kerl, Du biſt keinen<lb/>
Schuß Pulver wehrt — hol mich dieſer und je-<lb/>
ner, Mann ſollt Dich todtſchlagen, wie einen Dags.<lb/>
Jch hab mir g’aͤrgert, daß ichs Zibberlein kruͤgen<lb/>
thaͤt, ſonſt waͤr ich ſelbſt komen, und haͤtt Dich<lb/>
todtg’ſchlagen. Jnvamer Kerl, daß Du Dich ſo<lb/>
wegwerfen thuſt, als ob Du von einer Buͤrgers-<lb/>
hur herkommen thaͤteſt! Jch muß mich ja ob Dir<lb/>ſchamen wo ich hinkomm. Aber ich ſchwoͤr Dir<lb/></p></div></body></floatingText></div></body></text></TEI>
[449/0029]
doch fuͤhlte er nicht das gegen ſie, was ſie gegen
ihn fuͤhlte.
Jn der Mitte des Winters, als Kronhelm
einſt an einem heitern Tage mit Siegwart ſpa-
zieren gegangen, und nach dem langen Stubenhuͤ-
ten auſſerordentlich vergnuͤgt geweſen war, fand
er, bey ſeiner Nachhauſekunft auf des P. Philipps
Zimmer einen Brief, den ſein Vater durch einen
eignen Bothen hereingeſchickt hatte, folgenden
Jnhalts:
Verfluchter Son!
Hol Dich der Teufel mit Deinem ganzen Hu-
renpack! Da haſt Du ’n rechten Hundeſtreich ge-
macht. Biſt denn gar ein Narr? Was treibſt
mit des Amtmanns Maͤdel, der unadelichen nichts-
nutzigen Kanale? Hoͤr Kerl, Du biſt keinen
Schuß Pulver wehrt — hol mich dieſer und je-
ner, Mann ſollt Dich todtſchlagen, wie einen Dags.
Jch hab mir g’aͤrgert, daß ichs Zibberlein kruͤgen
thaͤt, ſonſt waͤr ich ſelbſt komen, und haͤtt Dich
todtg’ſchlagen. Jnvamer Kerl, daß Du Dich ſo
wegwerfen thuſt, als ob Du von einer Buͤrgers-
hur herkommen thaͤteſt! Jch muß mich ja ob Dir
ſchamen wo ich hinkomm. Aber ich ſchwoͤr Dir
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 449. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart02_1776/29>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.