Brünette, die sehr oft zur Unzeit ihren Spaß anbrachte. Sie wollte immer aller Augen, und die Ausmerksamkeit der ganzen Gesellschaft auf sich ziehen. Endlich ließ sie sich doch mit Dahl- mund, der ihr auf der andern Seite saß, und nicht gleichgültig gegen sie zu seyn schien, allein in ein Gespräch ein. Kronhelm unterhielt sich nun mit Marianen, und mit Siegwart, der im Taumel seiner Liebe nicht wuste, was er anfan- gen, oder reden sollte? Kronhelm sah eine Zeit- lang starr und traurig vor sich hin, holte einen tiefen Seufzer, grif endlich hastig nach dem Glas, stieß an Siegwarts seines, und sagte: There- se! O, das trink ich auch mit, sagte Mariane, und stieß mit den beyden an. Kennen Sie sie auch? sagte Siegwart. O ja, gab sie zur Ant- wort: Herr von Kronhelm hat mir viel von ihr erzählt. Jsts noch immer bey dem Alten? (indem sie sich zu Kronhelm wendete). Jmmer noch, erwiederte dieser, mit einem tiefen Seußer. -- Das ist traurig, sagte sie. Und Sie verdienten doch, so glücklich zu seyn, und Therese gewiß auch. Jhr Schicksal hat mich schon manchen Seußer gekostet. Hier schossen unserm Kronhelm die Thränen in die Augen. Sie müssen eine
Bruͤnette, die ſehr oft zur Unzeit ihren Spaß anbrachte. Sie wollte immer aller Augen, und die Auſmerkſamkeit der ganzen Geſellſchaft auf ſich ziehen. Endlich ließ ſie ſich doch mit Dahl- mund, der ihr auf der andern Seite ſaß, und nicht gleichguͤltig gegen ſie zu ſeyn ſchien, allein in ein Geſpraͤch ein. Kronhelm unterhielt ſich nun mit Marianen, und mit Siegwart, der im Taumel ſeiner Liebe nicht wuſte, was er anfan- gen, oder reden ſollte? Kronhelm ſah eine Zeit- lang ſtarr und traurig vor ſich hin, holte einen tiefen Seufzer, grif endlich haſtig nach dem Glas, ſtieß an Siegwarts ſeines, und ſagte: There- ſe! O, das trink ich auch mit, ſagte Mariane, und ſtieß mit den beyden an. Kennen Sie ſie auch? ſagte Siegwart. O ja, gab ſie zur Ant- wort: Herr von Kronhelm hat mir viel von ihr erzaͤhlt. Jſts noch immer bey dem Alten? (indem ſie ſich zu Kronhelm wendete). Jmmer noch, erwiederte dieſer, mit einem tiefen Seuſzer. — Das iſt traurig, ſagte ſie. Und Sie verdienten doch, ſo gluͤcklich zu ſeyn, und Thereſe gewiß auch. Jhr Schickſal hat mich ſchon manchen Seuſzer gekoſtet. Hier ſchoſſen unſerm Kronhelm die Thraͤnen in die Augen. Sie muͤſſen eine
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Bruͤnette, die ſehr oft zur Unzeit ihren Spaß
anbrachte. Sie wollte immer aller Augen, und
die Auſmerkſamkeit der ganzen Geſellſchaft auf
ſich ziehen. Endlich ließ ſie ſich doch mit Dahl-
mund, der ihr auf der andern Seite ſaß, und
nicht gleichguͤltig gegen ſie zu ſeyn ſchien, allein
in ein Geſpraͤch ein. Kronhelm unterhielt ſich
nun mit Marianen, und mit Siegwart, der im
Taumel ſeiner Liebe nicht wuſte, was er anfan-
gen, oder reden ſollte? Kronhelm ſah eine Zeit-
lang ſtarr und traurig vor ſich hin, holte einen
tiefen Seufzer, grif endlich haſtig nach dem Glas,
ſtieß an Siegwarts ſeines, und ſagte: There-
ſe! O, das trink ich auch mit, ſagte Mariane,
und ſtieß mit den beyden an. Kennen Sie ſie
auch? ſagte Siegwart. O ja, gab ſie zur Ant-
wort: Herr von Kronhelm hat mir viel von ihr
erzaͤhlt. Jſts noch immer bey dem Alten? (indem
ſie ſich zu Kronhelm wendete). Jmmer noch,
erwiederte dieſer, mit einem tiefen Seuſzer. —
Das iſt traurig, ſagte ſie. Und Sie verdienten
doch, ſo gluͤcklich zu ſeyn, und Thereſe gewiß
auch. Jhr Schickſal hat mich ſchon manchen
Seuſzer gekoſtet. Hier ſchoſſen unſerm Kronhelm
die Thraͤnen in die Augen. Sie muͤſſen eine
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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 667. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart02_1776/247>, abgerufen am 16.02.2025.
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