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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776.

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habe, daß ich schweigen muste! Denn ich muste
schweigen. -- O ich weis, du würdest mir verge-
ben. -- Du kennst die Liebe, Kronhelm! Weist,
wie's einem ist. Ach, vergib mir, Bruder! War-
lich, wenn ichs Einem Menschen hätte sagen kön-
nen, du wärst der erste auf der Welt gewesen;
warlich! --

Kronhelm. Sey ruhig, Bruder! Jch war böse,
und das must du mir vergeben! Aber jetzt ists
schon vorbey. Jch will glauben, daß du mehr um
deinetwillen schweigest, als um meinetwillen. Laß
es gut seyn! Jch wills auch thun. Freunde müs-
sen sich so was nicht übel nehmen!

Siegwart umarmte seinen Freund noch feuri-
ger, und gestund ihm nun seine Liebe zu Maria-
nen offenherzig. Es war ihm unaussprechlich wohl
dabey, daß er sein, schon so lang geprestes, volles
Herz ausschütten konnte. Kronhelm billigte seine
Wahl aufs äusserste, und machte ihm nicht gerin-
ge Hofnung, daß er Marianen gar nicht gleich-
gültig sey. Zugleich versprach er, sie noch mehr
auszuholen, und ihm Gelegenheiten zu verschaffen,
genauer mit ihr bekannt zu werden. Dieß Ver-
sprechen war unserm Siegwart ausserordentlich an-
genehm, nur bat er, seiner angebohrnen Schüch-



habe, daß ich ſchweigen muſte! Denn ich muſte
ſchweigen. — O ich weis, du wuͤrdeſt mir verge-
ben. — Du kennſt die Liebe, Kronhelm! Weiſt,
wie’s einem iſt. Ach, vergib mir, Bruder! War-
lich, wenn ichs Einem Menſchen haͤtte ſagen koͤn-
nen, du waͤrſt der erſte auf der Welt geweſen;
warlich! —

Kronhelm. Sey ruhig, Bruder! Jch war boͤſe,
und das muſt du mir vergeben! Aber jetzt iſts
ſchon vorbey. Jch will glauben, daß du mehr um
deinetwillen ſchweigeſt, als um meinetwillen. Laß
es gut ſeyn! Jch wills auch thun. Freunde muͤſ-
ſen ſich ſo was nicht uͤbel nehmen!

Siegwart umarmte ſeinen Freund noch feuri-
ger, und geſtund ihm nun ſeine Liebe zu Maria-
nen offenherzig. Es war ihm unausſprechlich wohl
dabey, daß er ſein, ſchon ſo lang gepreſtes, volles
Herz ausſchuͤtten konnte. Kronhelm billigte ſeine
Wahl aufs aͤuſſerſte, und machte ihm nicht gerin-
ge Hofnung, daß er Marianen gar nicht gleich-
guͤltig ſey. Zugleich verſprach er, ſie noch mehr
auszuholen, und ihm Gelegenheiten zu verſchaffen,
genauer mit ihr bekannt zu werden. Dieß Ver-
ſprechen war unſerm Siegwart auſſerordentlich an-
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[654/0234] habe, daß ich ſchweigen muſte! Denn ich muſte ſchweigen. — O ich weis, du wuͤrdeſt mir verge- ben. — Du kennſt die Liebe, Kronhelm! Weiſt, wie’s einem iſt. Ach, vergib mir, Bruder! War- lich, wenn ichs Einem Menſchen haͤtte ſagen koͤn- nen, du waͤrſt der erſte auf der Welt geweſen; warlich! — Kronhelm. Sey ruhig, Bruder! Jch war boͤſe, und das muſt du mir vergeben! Aber jetzt iſts ſchon vorbey. Jch will glauben, daß du mehr um deinetwillen ſchweigeſt, als um meinetwillen. Laß es gut ſeyn! Jch wills auch thun. Freunde muͤſ- ſen ſich ſo was nicht uͤbel nehmen! Siegwart umarmte ſeinen Freund noch feuri- ger, und geſtund ihm nun ſeine Liebe zu Maria- nen offenherzig. Es war ihm unausſprechlich wohl dabey, daß er ſein, ſchon ſo lang gepreſtes, volles Herz ausſchuͤtten konnte. Kronhelm billigte ſeine Wahl aufs aͤuſſerſte, und machte ihm nicht gerin- ge Hofnung, daß er Marianen gar nicht gleich- guͤltig ſey. Zugleich verſprach er, ſie noch mehr auszuholen, und ihm Gelegenheiten zu verſchaffen, genauer mit ihr bekannt zu werden. Dieß Ver- ſprechen war unſerm Siegwart auſſerordentlich an- genehm, nur bat er, ſeiner angebohrnen Schuͤch-

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Zitationshilfe: Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 654. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart02_1776/234>, abgerufen am 21.11.2024.