Sie darauf kommen? Aber gewiß, es fehlt mir nichts! -- Nun, nun, ich hab auch kein Recht zu Jhren Geheimnissen, sagte P. Philipp; wenns nur nichts schlimmes ist, was die Veränderung hervorbrachte. Kronhelm ward so verwirrt, und entschuldigte sich so viel, daß er sich zuletzt selbst verrieth, und mit vielen Umständen und weit hergeholten Wendungen dem Pater das ganze Ge- heimnis entdeckte. Das ist ja was gutes, und un- schuldiges, sagte Philipp, und braucht der Be- schönigungen gar nicht. -- Ja, ich weis wohl, sagte Kronhelm; aber es wird mir so sonderbar zu Muth, wenn man davon spricht. Es ist ge- wiß um die Liebe die unschuldigste Sache, der man sich mehr zu rühmen, als zu schämen Ursache hat; aber es hält einen immer so was zurück. -- Das kommt von der Erziehung her, sagte Phi- lipp. Nun, ich wünsch ihm von Herzen Glück; denn ich hoffe, daß er nicht so auf Gerathewohl gewählt hat; und was ich bisher von Theresen gehört habe, bringt mir die beste Meynung von ihr bey. Sie muß ein frommes, unschuldiges und liebenswürdiges Geschöpf seyn, das vor Tausen- den den Vorrang hat. Nur Eine wohlgemeynte Warnung kann ich nicht zurückhalten, und Er
Sie darauf kommen? Aber gewiß, es fehlt mir nichts! — Nun, nun, ich hab auch kein Recht zu Jhren Geheimniſſen, ſagte P. Philipp; wenns nur nichts ſchlimmes iſt, was die Veraͤnderung hervorbrachte. Kronhelm ward ſo verwirrt, und entſchuldigte ſich ſo viel, daß er ſich zuletzt ſelbſt verrieth, und mit vielen Umſtaͤnden und weit hergeholten Wendungen dem Pater das ganze Ge- heimnis entdeckte. Das iſt ja was gutes, und un- ſchuldiges, ſagte Philipp, und braucht der Be- ſchoͤnigungen gar nicht. — Ja, ich weis wohl, ſagte Kronhelm; aber es wird mir ſo ſonderbar zu Muth, wenn man davon ſpricht. Es iſt ge- wiß um die Liebe die unſchuldigſte Sache, der man ſich mehr zu ruͤhmen, als zu ſchaͤmen Urſache hat; aber es haͤlt einen immer ſo was zuruͤck. — Das kommt von der Erziehung her, ſagte Phi- lipp. Nun, ich wuͤnſch ihm von Herzen Gluͤck; denn ich hoffe, daß er nicht ſo auf Gerathewohl gewaͤhlt hat; und was ich bisher von Thereſen gehoͤrt habe, bringt mir die beſte Meynung von ihr bey. Sie muß ein frommes, unſchuldiges und liebenswuͤrdiges Geſchoͤpf ſeyn, das vor Tauſen- den den Vorrang hat. Nur Eine wohlgemeynte Warnung kann ich nicht zuruͤckhalten, und Er
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[437/0017]
Sie darauf kommen? Aber gewiß, es fehlt mir
nichts! — Nun, nun, ich hab auch kein Recht
zu Jhren Geheimniſſen, ſagte P. Philipp; wenns
nur nichts ſchlimmes iſt, was die Veraͤnderung
hervorbrachte. Kronhelm ward ſo verwirrt, und
entſchuldigte ſich ſo viel, daß er ſich zuletzt ſelbſt
verrieth, und mit vielen Umſtaͤnden und weit
hergeholten Wendungen dem Pater das ganze Ge-
heimnis entdeckte. Das iſt ja was gutes, und un-
ſchuldiges, ſagte Philipp, und braucht der Be-
ſchoͤnigungen gar nicht. — Ja, ich weis wohl,
ſagte Kronhelm; aber es wird mir ſo ſonderbar
zu Muth, wenn man davon ſpricht. Es iſt ge-
wiß um die Liebe die unſchuldigſte Sache, der
man ſich mehr zu ruͤhmen, als zu ſchaͤmen Urſache
hat; aber es haͤlt einen immer ſo was zuruͤck. —
Das kommt von der Erziehung her, ſagte Phi-
lipp. Nun, ich wuͤnſch ihm von Herzen Gluͤck;
denn ich hoffe, daß er nicht ſo auf Gerathewohl
gewaͤhlt hat; und was ich bisher von Thereſen
gehoͤrt habe, bringt mir die beſte Meynung von
ihr bey. Sie muß ein frommes, unſchuldiges und
liebenswuͤrdiges Geſchoͤpf ſeyn, das vor Tauſen-
den den Vorrang hat. Nur Eine wohlgemeynte
Warnung kann ich nicht zuruͤckhalten, und Er
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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 437. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart02_1776/17>, abgerufen am 16.07.2024.
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