schossen würde! -- Und Kourage hat er auch: Er hat seitdem schon ein paarmal mit den Werbern hier im Dorf gesprochen. Da bin ich nun voller Aengsten. Mein Weib liegt mir immer in den Ohren, sagt, ich sey ein harter Mann, und habs zu verantworten, wenn ich sie um ihren Sohn bring. Jch sagt' endlich, ich will mit dem Herrn Pater Anton sprechen, was Er davon hält? Ob er unsern Sixt nicht auf bessre Gedanken bringen kann? Jch hab zu Jhnen ein groß Zutrauen, Jhr Wohlehrwürd. Der neue Herr Pfarr ist erst an- gekommen, denn kenn ich noch nicht so. Da wollt ich Sie denn bitten, was Sie darzu sagen? ob Sie meinem Sohn nicht zureden wollen?
P. Anton. Wenn ich die Wahrheit sagen soll, Franz, so seyd ihr mir ein wunderlicher ei- gensinniger Mann. Jhr habt einen einzigen Sohn, und ein groß Vermögen. Jhr sagt, daß ihr ihn lieb habt; wenn das ist, so muß euch auch sein Glück lieb seyn. Nun seht ihr wohl, daß der junge Mensch anders nicht vergnügt leben kann, als wenn er seine Regine zum Weib bekommt. Es muß ihm Ernst mit seiner Liebe seyn, weil ers so drauf an- kommen läst, daß er lieber euer Haus meiden, und sein Vermögen verlieren will, als das Mädchen las-
ſchoſſen wuͤrde! — Und Kourage hat er auch: Er hat ſeitdem ſchon ein paarmal mit den Werbern hier im Dorf geſprochen. Da bin ich nun voller Aengſten. Mein Weib liegt mir immer in den Ohren, ſagt, ich ſey ein harter Mann, und habs zu verantworten, wenn ich ſie um ihren Sohn bring. Jch ſagt’ endlich, ich will mit dem Herrn Pater Anton ſprechen, was Er davon haͤlt? Ob er unſern Sixt nicht auf beſſre Gedanken bringen kann? Jch hab zu Jhnen ein groß Zutrauen, Jhr Wohlehrwuͤrd. Der neue Herr Pfarr iſt erſt an- gekommen, denn kenn ich noch nicht ſo. Da wollt ich Sie denn bitten, was Sie darzu ſagen? ob Sie meinem Sohn nicht zureden wollen?
P. Anton. Wenn ich die Wahrheit ſagen ſoll, Franz, ſo ſeyd ihr mir ein wunderlicher ei- genſinniger Mann. Jhr habt einen einzigen Sohn, und ein groß Vermoͤgen. Jhr ſagt, daß ihr ihn lieb habt; wenn das iſt, ſo muß euch auch ſein Gluͤck lieb ſeyn. Nun ſeht ihr wohl, daß der junge Menſch anders nicht vergnuͤgt leben kann, als wenn er ſeine Regine zum Weib bekommt. Es muß ihm Ernſt mit ſeiner Liebe ſeyn, weil ers ſo drauf an- kommen laͤſt, daß er lieber euer Haus meiden, und ſein Vermoͤgen verlieren will, als das Maͤdchen laſ-
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ſchoſſen wuͤrde! — Und Kourage hat er auch: Er
hat ſeitdem ſchon ein paarmal mit den Werbern
hier im Dorf geſprochen. Da bin ich nun voller
Aengſten. Mein Weib liegt mir immer in den
Ohren, ſagt, ich ſey ein harter Mann, und habs
zu verantworten, wenn ich ſie um ihren Sohn
bring. Jch ſagt’ endlich, ich will mit dem Herrn
Pater Anton ſprechen, was Er davon haͤlt? Ob
er unſern Sixt nicht auf beſſre Gedanken bringen
kann? Jch hab zu Jhnen ein groß Zutrauen, Jhr
Wohlehrwuͤrd. Der neue Herr Pfarr iſt erſt an-
gekommen, denn kenn ich noch nicht ſo. Da wollt
ich Sie denn bitten, was Sie darzu ſagen? ob
Sie meinem Sohn nicht zureden wollen?
P. Anton. Wenn ich die Wahrheit ſagen
ſoll, Franz, ſo ſeyd ihr mir ein wunderlicher ei-
genſinniger Mann. Jhr habt einen einzigen Sohn,
und ein groß Vermoͤgen. Jhr ſagt, daß ihr ihn
lieb habt; wenn das iſt, ſo muß euch auch ſein Gluͤck
lieb ſeyn. Nun ſeht ihr wohl, daß der junge Menſch
anders nicht vergnuͤgt leben kann, als wenn er
ſeine Regine zum Weib bekommt. Es muß ihm
Ernſt mit ſeiner Liebe ſeyn, weil ers ſo drauf an-
kommen laͤſt, daß er lieber euer Haus meiden, und
ſein Vermoͤgen verlieren will, als das Maͤdchen laſ-
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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart01_1776/78>, abgerufen am 16.02.2025.
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