Jch ward denn auch hitzig, wie's so geht, Jhr Wohlehrwürd! und geb ihm brav heraus, und sag, daß ein Ketzer auch ein Mensch sey, und auch einen Gott hab, wie wir, und einen Seelig- macher, Jesus Christus; und lang nach dem Brod- messer, und will ein Stück Brod abschneiden; da kommt er auf mich zu, nimmt mich bey der Gurgel, schmeist mir's Messer aus der Hand, und schlägt mich ins Gesicht, und wo's hingeht. Er hätt mich schier erwürgt, wär mein Mädel nicht dazwischen kommen, und da fällt er über die her, schlägt sie braun und blau, daß ich nur gnug ab- zuwehren hatte. Und da sprang ich endlich aus dem Haus und traf zu allem Glück Ew. Wohl- ehrwürden an, sonst hätt er mich gewiß umge- bracht. Es ist ein Elend, bey so einem Mann zu leben; und nun fieng sie an, bitterlich zu weinen.
P. Anton. Jst das wahr, Michel, ist der Handel so angegangen?
Michel. Ja, Jhr Wohlerwürd, nun will ich sehn wer recht hat! Hab ich nicht christlich gehandelt? Müssen Sie's nicht selber sagen?
P. Anton. Christlich, Michel? Ey, Ey! Das wär schlimm, wenn das christlich wäre! Wer
Jch ward denn auch hitzig, wie’s ſo geht, Jhr Wohlehrwuͤrd! und geb ihm brav heraus, und ſag, daß ein Ketzer auch ein Menſch ſey, und auch einen Gott hab, wie wir, und einen Seelig- macher, Jeſus Chriſtus; und lang nach dem Brod- meſſer, und will ein Stuͤck Brod abſchneiden; da kommt er auf mich zu, nimmt mich bey der Gurgel, ſchmeiſt mir’s Meſſer aus der Hand, und ſchlaͤgt mich ins Geſicht, und wo’s hingeht. Er haͤtt mich ſchier erwuͤrgt, waͤr mein Maͤdel nicht dazwiſchen kommen, und da faͤllt er uͤber die her, ſchlaͤgt ſie braun und blau, daß ich nur gnug ab- zuwehren hatte. Und da ſprang ich endlich aus dem Haus und traf zu allem Gluͤck Ew. Wohl- ehrwuͤrden an, ſonſt haͤtt er mich gewiß umge- bracht. Es iſt ein Elend, bey ſo einem Mann zu leben; und nun fieng ſie an, bitterlich zu weinen.
P. Anton. Jſt das wahr, Michel, iſt der Handel ſo angegangen?
Michel. Ja, Jhr Wohlerwuͤrd, nun will ich ſehn wer recht hat! Hab ich nicht chriſtlich gehandelt? Muͤſſen Sie’s nicht ſelber ſagen?
P. Anton. Chriſtlich, Michel? Ey, Ey! Das waͤr ſchlimm, wenn das chriſtlich waͤre! Wer
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Jch ward denn auch hitzig, wie’s ſo geht,
Jhr Wohlehrwuͤrd! und geb ihm brav heraus,
und ſag, daß ein Ketzer auch ein Menſch ſey, und
auch einen Gott hab, wie wir, und einen Seelig-
macher, Jeſus Chriſtus; und lang nach dem Brod-
meſſer, und will ein Stuͤck Brod abſchneiden;
da kommt er auf mich zu, nimmt mich bey der
Gurgel, ſchmeiſt mir’s Meſſer aus der Hand, und
ſchlaͤgt mich ins Geſicht, und wo’s hingeht. Er
haͤtt mich ſchier erwuͤrgt, waͤr mein Maͤdel nicht
dazwiſchen kommen, und da faͤllt er uͤber die her,
ſchlaͤgt ſie braun und blau, daß ich nur gnug ab-
zuwehren hatte. Und da ſprang ich endlich aus
dem Haus und traf zu allem Gluͤck Ew. Wohl-
ehrwuͤrden an, ſonſt haͤtt er mich gewiß umge-
bracht. Es iſt ein Elend, bey ſo einem Mann
zu leben; und nun fieng ſie an, bitterlich zu
weinen.
P. Anton. Jſt das wahr, Michel, iſt der
Handel ſo angegangen?
Michel. Ja, Jhr Wohlerwuͤrd, nun will
ich ſehn wer recht hat! Hab ich nicht chriſtlich
gehandelt? Muͤſſen Sie’s nicht ſelber ſagen?
P. Anton. Chriſtlich, Michel? Ey, Ey!
Das waͤr ſchlimm, wenn das chriſtlich waͤre! Wer
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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart01_1776/61>, abgerufen am 21.11.2024.
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