Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776.nach einigen gleichgültigen Reden, mit schwerem Herzen und gerührter Stimme also an: Es ist mir heute was entdeckt worden, meine liebe Toch- ter, was mir deinetwegen viele Sorge macht. Jch hoffe, du werdest offenherzig mit mir, als mit deinem Vater, der zugleich dein Freund ist, reden. Nicht wahr, mein Kind? Therese sagte zitternd, und schon halbwei- Siegwart. Sieh, man hat mir gesagt, du Therese. Jch kanns nicht leugnen, er ge- Siegwart. Das nicht, mein Kind! Aber Therese. Verzeihen Sie, Papa! .. Jch nach einigen gleichguͤltigen Reden, mit ſchwerem Herzen und geruͤhrter Stimme alſo an: Es iſt mir heute was entdeckt worden, meine liebe Toch- ter, was mir deinetwegen viele Sorge macht. Jch hoffe, du werdeſt offenherzig mit mir, als mit deinem Vater, der zugleich dein Freund iſt, reden. Nicht wahr, mein Kind? Thereſe ſagte zitternd, und ſchon halbwei- Siegwart. Sieh, man hat mir geſagt, du Thereſe. Jch kanns nicht leugnen, er ge- Siegwart. Das nicht, mein Kind! Aber Thereſe. Verzeihen Sie, Papa! .. Jch <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0394" n="390"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> nach einigen gleichguͤltigen Reden, mit ſchwerem<lb/> Herzen und geruͤhrter Stimme alſo an: Es iſt<lb/> mir heute was entdeckt worden, meine liebe Toch-<lb/> ter, was mir deinetwegen viele Sorge macht.<lb/> Jch hoffe, du werdeſt offenherzig mit mir, als<lb/> mit deinem Vater, der zugleich dein Freund iſt,<lb/> reden. Nicht wahr, mein Kind?</p><lb/> <p><hi rendition="#fr">Thereſe</hi> ſagte zitternd, und ſchon halbwei-<lb/> nend: Ja.</p><lb/> <p><hi rendition="#fr">Siegwart.</hi> Sieh, man hat mir geſagt, du<lb/> findeſt an dem jungen Herrn von <hi rendition="#fr">Kronhelm</hi> ein<lb/> beſonderes Wohlgefallen. Jſts ſo?</p><lb/> <p><hi rendition="#fr">Thereſe.</hi> Jch kanns nicht leugnen, er ge-<lb/> faͤllt mir recht wohl; und ich denke, daß es Jh-<lb/> nen nicht zuwider iſt, Papa.</p><lb/> <p><hi rendition="#fr">Siegwart.</hi> Das nicht, mein Kind! Aber<lb/> ich fuͤrchte nur, daß die Sache weiter kommen<lb/> moͤchte. Du weiſt ſchon, beym Wohlgefallen<lb/> bleibts bey jungen Leuten nicht ſtehen. Liebſt du<lb/> ihn, mein Kind?</p><lb/> <p><hi rendition="#fr">Thereſe.</hi> Verzeihen Sie, Papa! .. Jch<lb/> weiß nicht! .. Ob ich ihn liebe, meynen Sie?<lb/> Ja, das laͤßt ſich ſo nicht ſagen — — Jch habe<lb/> ſelbſt noch nicht dran gedacht — — Es kann<lb/> ſeyn; Jch weiß warlich ſelbſt nicht.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [390/0394]
nach einigen gleichguͤltigen Reden, mit ſchwerem
Herzen und geruͤhrter Stimme alſo an: Es iſt
mir heute was entdeckt worden, meine liebe Toch-
ter, was mir deinetwegen viele Sorge macht.
Jch hoffe, du werdeſt offenherzig mit mir, als
mit deinem Vater, der zugleich dein Freund iſt,
reden. Nicht wahr, mein Kind?
Thereſe ſagte zitternd, und ſchon halbwei-
nend: Ja.
Siegwart. Sieh, man hat mir geſagt, du
findeſt an dem jungen Herrn von Kronhelm ein
beſonderes Wohlgefallen. Jſts ſo?
Thereſe. Jch kanns nicht leugnen, er ge-
faͤllt mir recht wohl; und ich denke, daß es Jh-
nen nicht zuwider iſt, Papa.
Siegwart. Das nicht, mein Kind! Aber
ich fuͤrchte nur, daß die Sache weiter kommen
moͤchte. Du weiſt ſchon, beym Wohlgefallen
bleibts bey jungen Leuten nicht ſtehen. Liebſt du
ihn, mein Kind?
Thereſe. Verzeihen Sie, Papa! .. Jch
weiß nicht! .. Ob ich ihn liebe, meynen Sie?
Ja, das laͤßt ſich ſo nicht ſagen — — Jch habe
ſelbſt noch nicht dran gedacht — — Es kann
ſeyn; Jch weiß warlich ſelbſt nicht.
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