Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776.nen zu lernen. Du must auf alles genau Acht ge- ben, ob die Paters dir gefallen? ob du dich an die beständigen Andachtsübungen; an den Gehorsam; an die strenge Klosterzucht; an die, mehrentheils geringe und schlechte Kost; an das einförmige, stille, von der übrigen Welt abgeschnittne Leben gewöh- nen kannst? Ob du dich für stark genug hältst, den Vergnügungen der Welt zu entsagen, und, von ihr ungekannt, nur dir und Gott zu leben? Pater Anton soll dich von allem noch genauer unterrich- ten, auf ihn kannst du dich verlassen. Jn vier oder fünf Tagen komm' ich wieder, um deine Mey- nung zu erfahren; denn nun ists gerade Zeit, daß du dich zu einer Lebensart entschliessest, welche künf- tig dein ganzes Leben ausfüllen soll. Jch werde alt, war weiß wie lange ich noch lebe; und ich wünschte dich so gern vor meinem Ende noch ver- sorgt. Jch dachte, dich zu meinem Bruder dem Forstmeister zu thun, aber der ist nun vor sechs Wochen auch gestorben. Doch ich lasse dir die freye Wahl, und rede dir zu nichts zu, um nachher keine Vorwürfe zu haben. Willst du so, mein Sohn? O ja, Papa; Sie sind auch gar zu gütig. nen zu lernen. Du muſt auf alles genau Acht ge- ben, ob die Paters dir gefallen? ob du dich an die beſtaͤndigen Andachtsuͤbungen; an den Gehorſam; an die ſtrenge Kloſterzucht; an die, mehrentheils geringe und ſchlechte Koſt; an das einfoͤrmige, ſtille, von der uͤbrigen Welt abgeſchnittne Leben gewoͤh- nen kannſt? Ob du dich fuͤr ſtark genug haͤltſt, den Vergnuͤgungen der Welt zu entſagen, und, von ihr ungekannt, nur dir und Gott zu leben? Pater Anton ſoll dich von allem noch genauer unterrich- ten, auf ihn kannſt du dich verlaſſen. Jn vier oder fuͤnf Tagen komm’ ich wieder, um deine Mey- nung zu erfahren; denn nun iſts gerade Zeit, daß du dich zu einer Lebensart entſchlieſſeſt, welche kuͤnf- tig dein ganzes Leben ausfuͤllen ſoll. Jch werde alt, war weiß wie lange ich noch lebe; und ich wuͤnſchte dich ſo gern vor meinem Ende noch ver- ſorgt. Jch dachte, dich zu meinem Bruder dem Forſtmeiſter zu thun, aber der iſt nun vor ſechs Wochen auch geſtorben. Doch ich laſſe dir die freye Wahl, und rede dir zu nichts zu, um nachher keine Vorwuͤrfe zu haben. Willſt du ſo, mein Sohn? O ja, Papa; Sie ſind auch gar zu guͤtig. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0038" n="34"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> nen zu lernen. Du muſt auf alles genau Acht ge-<lb/> ben, ob die Paters dir gefallen? ob du dich an die<lb/> beſtaͤndigen Andachtsuͤbungen; an den Gehorſam;<lb/> an die ſtrenge Kloſterzucht; an die, mehrentheils<lb/> geringe und ſchlechte Koſt; an das einfoͤrmige, ſtille,<lb/> von der uͤbrigen Welt abgeſchnittne Leben gewoͤh-<lb/> nen kannſt? Ob du dich fuͤr ſtark genug haͤltſt, den<lb/> Vergnuͤgungen der Welt zu entſagen, und, von<lb/> ihr ungekannt, nur dir und Gott zu leben? Pater<lb/> Anton ſoll dich von allem noch genauer unterrich-<lb/> ten, auf ihn kannſt du dich verlaſſen. Jn vier<lb/> oder fuͤnf Tagen komm’ ich wieder, um deine Mey-<lb/> nung zu erfahren; denn nun iſts gerade Zeit, daß<lb/> du dich zu einer Lebensart entſchlieſſeſt, welche kuͤnf-<lb/> tig dein ganzes Leben ausfuͤllen ſoll. Jch werde<lb/> alt, war weiß wie lange ich noch lebe; und ich<lb/> wuͤnſchte dich ſo gern vor meinem Ende noch ver-<lb/> ſorgt. Jch dachte, dich zu meinem Bruder dem<lb/> Forſtmeiſter zu thun, aber der iſt nun vor ſechs<lb/> Wochen auch geſtorben. Doch ich laſſe dir die freye<lb/> Wahl, und rede dir zu nichts zu, um nachher keine<lb/> Vorwuͤrfe zu haben. Willſt du ſo, mein Sohn?</p><lb/> <p>O ja, Papa; Sie ſind auch gar zu guͤtig.<lb/> Laſſen ſie mich nur hier! Jch hoffe, daß es mir<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [34/0038]
nen zu lernen. Du muſt auf alles genau Acht ge-
ben, ob die Paters dir gefallen? ob du dich an die
beſtaͤndigen Andachtsuͤbungen; an den Gehorſam;
an die ſtrenge Kloſterzucht; an die, mehrentheils
geringe und ſchlechte Koſt; an das einfoͤrmige, ſtille,
von der uͤbrigen Welt abgeſchnittne Leben gewoͤh-
nen kannſt? Ob du dich fuͤr ſtark genug haͤltſt, den
Vergnuͤgungen der Welt zu entſagen, und, von
ihr ungekannt, nur dir und Gott zu leben? Pater
Anton ſoll dich von allem noch genauer unterrich-
ten, auf ihn kannſt du dich verlaſſen. Jn vier
oder fuͤnf Tagen komm’ ich wieder, um deine Mey-
nung zu erfahren; denn nun iſts gerade Zeit, daß
du dich zu einer Lebensart entſchlieſſeſt, welche kuͤnf-
tig dein ganzes Leben ausfuͤllen ſoll. Jch werde
alt, war weiß wie lange ich noch lebe; und ich
wuͤnſchte dich ſo gern vor meinem Ende noch ver-
ſorgt. Jch dachte, dich zu meinem Bruder dem
Forſtmeiſter zu thun, aber der iſt nun vor ſechs
Wochen auch geſtorben. Doch ich laſſe dir die freye
Wahl, und rede dir zu nichts zu, um nachher keine
Vorwuͤrfe zu haben. Willſt du ſo, mein Sohn?
O ja, Papa; Sie ſind auch gar zu guͤtig.
Laſſen ſie mich nur hier! Jch hoffe, daß es mir
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