auf Erden ab, und er glühte von dem Wunsche, bald ein Einwohner dieses Himmels zu werden.
Endlich schlief er ein; er sah im Traum En- gel herabsteigen, und ihn zum Altar sühren, wo er das Gelübde ablegen sollte. Seine Mutter, die schon gestorben war, winkte ihm an der Seite der Maria, ihnen zu folgen; er hörte eine himmlische Musik, und wachte von der zu heftigen Bewegung seiner Seele auf. Der Tag war schon angebro- chen; die Sonne gieng auf. Er konnte nicht län- ger im Bette bleiben, und gieng ans Fenster, von da aus er das Kloster und einen Theil des Gar- tens übersehen konnte. Rings ums Kloster herum lagen Fruchtfelder, die, vom Thau benetzt, in fri- scher Farbe prangten. Ueberall schwebten Lerchen in der Luft, und sangen ihr göttliches Lied auf die neuerwachte Welt herab. Jm Klostergarten sangen Rothkehlchen, Aemmerlinge, Nachtigallen und Am- seln. Einen Pater sah er schon mit gefalteten Händen, die ein kleines Kreuz hielten, in den Gän- gen auf und nieder gehen. Dies erweckte seine Andacht, die nie feuriger gewesen war. Lieber Gott! laß mich auch zu so einem frommen Mann werden, seufzet' er, und schwieg wieder.
auf Erden ab, und er gluͤhte von dem Wunſche, bald ein Einwohner dieſes Himmels zu werden.
Endlich ſchlief er ein; er ſah im Traum En- gel herabſteigen, und ihn zum Altar ſuͤhren, wo er das Geluͤbde ablegen ſollte. Seine Mutter, die ſchon geſtorben war, winkte ihm an der Seite der Maria, ihnen zu folgen; er hoͤrte eine himmliſche Muſik, und wachte von der zu heftigen Bewegung ſeiner Seele auf. Der Tag war ſchon angebro- chen; die Sonne gieng auf. Er konnte nicht laͤn- ger im Bette bleiben, und gieng ans Fenſter, von da aus er das Kloſter und einen Theil des Gar- tens uͤberſehen konnte. Rings ums Kloſter herum lagen Fruchtfelder, die, vom Thau benetzt, in fri- ſcher Farbe prangten. Ueberall ſchwebten Lerchen in der Luft, und ſangen ihr goͤttliches Lied auf die neuerwachte Welt herab. Jm Kloſtergarten ſangen Rothkehlchen, Aemmerlinge, Nachtigallen und Am- ſeln. Einen Pater ſah er ſchon mit gefalteten Haͤnden, die ein kleines Kreuz hielten, in den Gaͤn- gen auf und nieder gehen. Dies erweckte ſeine Andacht, die nie feuriger geweſen war. Lieber Gott! laß mich auch zu ſo einem frommen Mann werden, ſeufzet’ er, und ſchwieg wieder.
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auf Erden ab, und er gluͤhte von dem Wunſche,
bald ein Einwohner dieſes Himmels zu werden.
Endlich ſchlief er ein; er ſah im Traum En-
gel herabſteigen, und ihn zum Altar ſuͤhren, wo
er das Geluͤbde ablegen ſollte. Seine Mutter, die
ſchon geſtorben war, winkte ihm an der Seite der
Maria, ihnen zu folgen; er hoͤrte eine himmliſche
Muſik, und wachte von der zu heftigen Bewegung
ſeiner Seele auf. Der Tag war ſchon angebro-
chen; die Sonne gieng auf. Er konnte nicht laͤn-
ger im Bette bleiben, und gieng ans Fenſter, von
da aus er das Kloſter und einen Theil des Gar-
tens uͤberſehen konnte. Rings ums Kloſter herum
lagen Fruchtfelder, die, vom Thau benetzt, in fri-
ſcher Farbe prangten. Ueberall ſchwebten Lerchen
in der Luft, und ſangen ihr goͤttliches Lied auf die
neuerwachte Welt herab. Jm Kloſtergarten ſangen
Rothkehlchen, Aemmerlinge, Nachtigallen und Am-
ſeln. Einen Pater ſah er ſchon mit gefalteten
Haͤnden, die ein kleines Kreuz hielten, in den Gaͤn-
gen auf und nieder gehen. Dies erweckte ſeine
Andacht, die nie feuriger geweſen war. Lieber
Gott! laß mich auch zu ſo einem frommen Mann
werden, ſeufzet’ er, und ſchwieg wieder.
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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart01_1776/33>, abgerufen am 18.12.2024.
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