Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776.Bruder, du must dir das Buch kaufen! Gib lie- ber alle andre Bücher weg, und schreib an einen Buchhändler nach Augspurg oder Ulm, daß er dir den Messias schicke! Der Herr Hauptmann von Northern hat mir zwar den Messias selbst geschenkt; aber so lieb ich dich auch sonst habe, so kann ich ihn dir doch nicht schicken; ich muß ihn immer bey der Hand haben. Er ist so schwer nicht zu verstehen; Man muß nur seine Gedan- ken brav beysammen behalten. Kauf das Buch ja gleich, du wirst mirs danken! Jch bin deine getreueste Schwester Th. Siegwart. Unser Siegwart schrieb sogleich an einen Bruder, du muſt dir das Buch kaufen! Gib lie- ber alle andre Buͤcher weg, und ſchreib an einen Buchhaͤndler nach Augſpurg oder Ulm, daß er dir den Meſſias ſchicke! Der Herr Hauptmann von Northern hat mir zwar den Meſſias ſelbſt geſchenkt; aber ſo lieb ich dich auch ſonſt habe, ſo kann ich ihn dir doch nicht ſchicken; ich muß ihn immer bey der Hand haben. Er iſt ſo ſchwer nicht zu verſtehen; Man muß nur ſeine Gedan- ken brav beyſammen behalten. Kauf das Buch ja gleich, du wirſt mirs danken! Jch bin deine getreueſte Schweſter Th. Siegwart. Unſer Siegwart ſchrieb ſogleich an einen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <floatingText> <body> <div type="letter"> <p><pb facs="#f0329" n="325"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> Bruder, du muſt dir das Buch kaufen! Gib lie-<lb/> ber alle andre Buͤcher weg, und ſchreib an einen<lb/> Buchhaͤndler nach <hi rendition="#fr">Augſpurg</hi> oder <hi rendition="#fr">Ulm,</hi> daß er<lb/> dir den <hi rendition="#fr">Meſſias</hi> ſchicke! Der Herr Hauptmann<lb/> von <hi rendition="#fr">Northern</hi> hat mir zwar den <hi rendition="#fr">Meſſias</hi> ſelbſt<lb/> geſchenkt; aber ſo lieb ich dich auch ſonſt habe,<lb/> ſo kann ich ihn dir doch nicht ſchicken; ich muß<lb/> ihn immer bey der Hand haben. Er iſt ſo ſchwer<lb/> nicht zu verſtehen; Man muß nur ſeine Gedan-<lb/> ken brav beyſammen behalten. Kauf das Buch<lb/> ja gleich, du wirſt mirs danken! Jch bin</p><lb/> <closer> <salute>deine getreueſte Schweſter<lb/><hi rendition="#et"><hi rendition="#fr">Th. Siegwart.</hi></hi></salute> </closer> </div> </body> </floatingText><lb/> <p>Unſer <hi rendition="#fr">Siegwart</hi> ſchrieb ſogleich an einen<lb/> Buchhaͤndler in <hi rendition="#fr">Augſpurg,</hi> um drey Exemplare<lb/> vom <hi rendition="#fr">Meſſias;</hi> denn <hi rendition="#fr">Kronhelm</hi> und <hi rendition="#fr">Gruͤnbach</hi><lb/> wollten ihn auch haben. Der Bediente des<lb/> Buchhaͤndlers in <hi rendition="#fr">Augſpurg</hi> hatte zum Gluͤck ſel-<lb/> ber viel Geſchmack und eine gute Bekanntſchaft<lb/> mit der neuern deutſchen Litteratur. Es kam ihm<lb/> ſonderbar vor, daß ein Juͤngling, und noch dazu<lb/> ein Katholik in dieſen Gegenden etwas von<lb/><hi rendition="#fr">Klopſtock</hi> wuſte. Er ſchickte alſo zugleich mit<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [325/0329]
Bruder, du muſt dir das Buch kaufen! Gib lie-
ber alle andre Buͤcher weg, und ſchreib an einen
Buchhaͤndler nach Augſpurg oder Ulm, daß er
dir den Meſſias ſchicke! Der Herr Hauptmann
von Northern hat mir zwar den Meſſias ſelbſt
geſchenkt; aber ſo lieb ich dich auch ſonſt habe,
ſo kann ich ihn dir doch nicht ſchicken; ich muß
ihn immer bey der Hand haben. Er iſt ſo ſchwer
nicht zu verſtehen; Man muß nur ſeine Gedan-
ken brav beyſammen behalten. Kauf das Buch
ja gleich, du wirſt mirs danken! Jch bin
deine getreueſte Schweſter
Th. Siegwart.
Unſer Siegwart ſchrieb ſogleich an einen
Buchhaͤndler in Augſpurg, um drey Exemplare
vom Meſſias; denn Kronhelm und Gruͤnbach
wollten ihn auch haben. Der Bediente des
Buchhaͤndlers in Augſpurg hatte zum Gluͤck ſel-
ber viel Geſchmack und eine gute Bekanntſchaft
mit der neuern deutſchen Litteratur. Es kam ihm
ſonderbar vor, daß ein Juͤngling, und noch dazu
ein Katholik in dieſen Gegenden etwas von
Klopſtock wuſte. Er ſchickte alſo zugleich mit
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