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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776.

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an, faß an! Frisch! -- Die Hunde hielten die
Frau wieder fest, und die Kinder hiengen sich an
ihre Knie. -- Sie soll mir 3 Wochen in Thurm,
sagte er, oder ich will kein ehrlicher Kerl mehr
seyn! Beym T** sie hat mich ja ausgemacht, wie
einen Hundsführer! -- Alles Bitten Kronhelms
und Siegwarts war vergeblich. Die Frau ward
von den beyden Jägern weg, in den Thurm ge-
schleppt. Jhre Kinder, die mit hinein wollten,
wurden heraus gestossen, und sassen vor der Thür
und heulten. Siegwart und Kronhelm brachten
durch vieles Bitten, und die rührendsten Vorstel-
lungen nicht mehr zuwege, als daß Veit endlich
eine Woche nachließ, und die Frau zu vierzehntä-
giger Thurmstrafe bey Wasser und Brod verdamm-
te. Endlich entschloß sich Siegwart, nach lan-
gem Kampf bey sich selbst, sich an die Hure des
Junkers zu wenden, und bey ihr für die arme Frau
zu bitten. Diese that erst lange spröde, denn es
schmeichelte ihr, daß ein hübscher junger Mensch
sie bat. Unserm Siegwart that es in der Seele
weh, sich so tief erniedrigen zu müssen; Aber der
Gedanke, der unterdrückten Unschuld beyzustehen,
überwand bey ihm alle andre Vorstellungen. End-
ich gab Kunigunde nach, und brachte es bey dem



an, faß an! Friſch! — Die Hunde hielten die
Frau wieder feſt, und die Kinder hiengen ſich an
ihre Knie. — Sie ſoll mir 3 Wochen in Thurm,
ſagte er, oder ich will kein ehrlicher Kerl mehr
ſeyn! Beym T** ſie hat mich ja ausgemacht, wie
einen Hundsfuͤhrer! — Alles Bitten Kronhelms
und Siegwarts war vergeblich. Die Frau ward
von den beyden Jaͤgern weg, in den Thurm ge-
ſchleppt. Jhre Kinder, die mit hinein wollten,
wurden heraus geſtoſſen, und ſaſſen vor der Thuͤr
und heulten. Siegwart und Kronhelm brachten
durch vieles Bitten, und die ruͤhrendſten Vorſtel-
lungen nicht mehr zuwege, als daß Veit endlich
eine Woche nachließ, und die Frau zu vierzehntaͤ-
giger Thurmſtrafe bey Waſſer und Brod verdamm-
te. Endlich entſchloß ſich Siegwart, nach lan-
gem Kampf bey ſich ſelbſt, ſich an die Hure des
Junkers zu wenden, und bey ihr fuͤr die arme Frau
zu bitten. Dieſe that erſt lange ſproͤde, denn es
ſchmeichelte ihr, daß ein huͤbſcher junger Menſch
ſie bat. Unſerm Siegwart that es in der Seele
weh, ſich ſo tief erniedrigen zu muͤſſen; Aber der
Gedanke, der unterdruͤckten Unſchuld beyzuſtehen,
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ich gab Kunigunde nach, und brachte es bey dem

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[262/0266] an, faß an! Friſch! — Die Hunde hielten die Frau wieder feſt, und die Kinder hiengen ſich an ihre Knie. — Sie ſoll mir 3 Wochen in Thurm, ſagte er, oder ich will kein ehrlicher Kerl mehr ſeyn! Beym T** ſie hat mich ja ausgemacht, wie einen Hundsfuͤhrer! — Alles Bitten Kronhelms und Siegwarts war vergeblich. Die Frau ward von den beyden Jaͤgern weg, in den Thurm ge- ſchleppt. Jhre Kinder, die mit hinein wollten, wurden heraus geſtoſſen, und ſaſſen vor der Thuͤr und heulten. Siegwart und Kronhelm brachten durch vieles Bitten, und die ruͤhrendſten Vorſtel- lungen nicht mehr zuwege, als daß Veit endlich eine Woche nachließ, und die Frau zu vierzehntaͤ- giger Thurmſtrafe bey Waſſer und Brod verdamm- te. Endlich entſchloß ſich Siegwart, nach lan- gem Kampf bey ſich ſelbſt, ſich an die Hure des Junkers zu wenden, und bey ihr fuͤr die arme Frau zu bitten. Dieſe that erſt lange ſproͤde, denn es ſchmeichelte ihr, daß ein huͤbſcher junger Menſch ſie bat. Unſerm Siegwart that es in der Seele weh, ſich ſo tief erniedrigen zu muͤſſen; Aber der Gedanke, der unterdruͤckten Unſchuld beyzuſtehen, uͤberwand bey ihm alle andre Vorſtellungen. End- ich gab Kunigunde nach, und brachte es bey dem

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Zitationshilfe: Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart01_1776/266>, abgerufen am 22.11.2024.