ter hatte; nur ihr vieles Leiden ausgenommen; denn -- Gott sey dank! -- Jch hab den herrlich- sten und rechtschaffensten Vater, der meine Mut- ter wie sich selber liebte. -- Was ist denn nun deine Bestimmung, Kronhelm? Must du nun wieder zu deinem Vater zurück, wenn du ausstu- dirt hast?
Kronhelm. Jch kann noch nichts gewisses sagen, Xaver. Mein Onkel will mich auch an den Hof haben. Jch leb aber lieber auf dem Lan- de, und muß auch einmal, als der älteste Sohn, die Landgüter, die zwar freylich etwas verschulder sind, antreten. Jn anderthalb Jahren geh ich nach Jn- golstadt auf die Universität.
Jndem kam P. Philipp auf das Zimmer, um bey dem angenehmen Wetter die beyden Freunde zu einem Spatziergang an die Donau mitzuneh- men. Sie brachten den Abend unter heitern freundschaftlichen Gesprächen zu, und freuten sich der schönen Witterung, die jedes Gras und jeden Vogel neu belebte. An einem etwas erhöhten Theil des Ufers, das mit Tannen und Eichen bepflanzt war, fanden sie die Gegend so schön, daß sich P. Philipp mit den beyden Jünglingen niedersetzte, sein Reißzeug herauskriegte, und die Landschaft zu
ter hatte; nur ihr vieles Leiden ausgenommen; denn — Gott ſey dank! — Jch hab den herrlich- ſten und rechtſchaffenſten Vater, der meine Mut- ter wie ſich ſelber liebte. — Was iſt denn nun deine Beſtimmung, Kronhelm? Muſt du nun wieder zu deinem Vater zuruͤck, wenn du ausſtu- dirt haſt?
Kronhelm. Jch kann noch nichts gewiſſes ſagen, Xaver. Mein Onkel will mich auch an den Hof haben. Jch leb aber lieber auf dem Lan- de, und muß auch einmal, als der aͤlteſte Sohn, die Landguͤter, die zwar freylich etwas verſchulder ſind, antreten. Jn anderthalb Jahren geh ich nach Jn- golſtadt auf die Univerſitaͤt.
Jndem kam P. Philipp auf das Zimmer, um bey dem angenehmen Wetter die beyden Freunde zu einem Spatziergang an die Donau mitzuneh- men. Sie brachten den Abend unter heitern freundſchaftlichen Geſpraͤchen zu, und freuten ſich der ſchoͤnen Witterung, die jedes Gras und jeden Vogel neu belebte. An einem etwas erhoͤhten Theil des Ufers, das mit Tannen und Eichen bepflanzt war, fanden ſie die Gegend ſo ſchoͤn, daß ſich P. Philipp mit den beyden Juͤnglingen niederſetzte, ſein Reißzeug herauskriegte, und die Landſchaft zu
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0231"n="227"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
ter hatte; nur ihr vieles Leiden ausgenommen;<lb/>
denn — Gott ſey dank! — Jch hab den herrlich-<lb/>ſten und rechtſchaffenſten Vater, der meine Mut-<lb/>
ter wie ſich ſelber liebte. — Was iſt denn nun<lb/>
deine Beſtimmung, <hirendition="#fr">Kronhelm?</hi> Muſt du nun<lb/>
wieder zu deinem Vater zuruͤck, wenn du ausſtu-<lb/>
dirt haſt?</p><lb/><p><hirendition="#fr">Kronhelm.</hi> Jch kann noch nichts gewiſſes<lb/>ſagen, <hirendition="#fr">Xaver.</hi> Mein Onkel will mich auch an<lb/>
den Hof haben. Jch leb aber lieber auf dem Lan-<lb/>
de, und muß auch einmal, als der aͤlteſte Sohn, die<lb/>
Landguͤter, die zwar freylich etwas verſchulder ſind,<lb/>
antreten. Jn anderthalb Jahren geh ich nach <hirendition="#fr">Jn-<lb/>
golſtadt</hi> auf die Univerſitaͤt.</p><lb/><p>Jndem kam P. <hirendition="#fr">Philipp</hi> auf das Zimmer, um<lb/>
bey dem angenehmen Wetter die beyden Freunde<lb/>
zu einem Spatziergang an die Donau mitzuneh-<lb/>
men. Sie brachten den Abend unter heitern<lb/>
freundſchaftlichen Geſpraͤchen zu, und freuten ſich<lb/>
der ſchoͤnen Witterung, die jedes Gras und jeden<lb/>
Vogel neu belebte. An einem etwas erhoͤhten Theil<lb/>
des Ufers, das mit Tannen und Eichen bepflanzt<lb/>
war, fanden ſie die Gegend ſo ſchoͤn, daß ſich P.<lb/><hirendition="#fr">Philipp</hi> mit den beyden Juͤnglingen niederſetzte,<lb/>ſein Reißzeug herauskriegte, und die Landſchaft zu<lb/></p></div></body></text></TEI>
[227/0231]
ter hatte; nur ihr vieles Leiden ausgenommen;
denn — Gott ſey dank! — Jch hab den herrlich-
ſten und rechtſchaffenſten Vater, der meine Mut-
ter wie ſich ſelber liebte. — Was iſt denn nun
deine Beſtimmung, Kronhelm? Muſt du nun
wieder zu deinem Vater zuruͤck, wenn du ausſtu-
dirt haſt?
Kronhelm. Jch kann noch nichts gewiſſes
ſagen, Xaver. Mein Onkel will mich auch an
den Hof haben. Jch leb aber lieber auf dem Lan-
de, und muß auch einmal, als der aͤlteſte Sohn, die
Landguͤter, die zwar freylich etwas verſchulder ſind,
antreten. Jn anderthalb Jahren geh ich nach Jn-
golſtadt auf die Univerſitaͤt.
Jndem kam P. Philipp auf das Zimmer, um
bey dem angenehmen Wetter die beyden Freunde
zu einem Spatziergang an die Donau mitzuneh-
men. Sie brachten den Abend unter heitern
freundſchaftlichen Geſpraͤchen zu, und freuten ſich
der ſchoͤnen Witterung, die jedes Gras und jeden
Vogel neu belebte. An einem etwas erhoͤhten Theil
des Ufers, das mit Tannen und Eichen bepflanzt
war, fanden ſie die Gegend ſo ſchoͤn, daß ſich P.
Philipp mit den beyden Juͤnglingen niederſetzte,
ſein Reißzeug herauskriegte, und die Landſchaft zu
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart01_1776/231>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.