Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776.ligion mehr zu weisen und tugendhaften Men- schen, als zu grossen Gelehrten zu bilden. Auch in der Geographie und Meßkunst sah sich unser Siegwart um, und saß oft die halbe Nacht durch bey den Büchern, so, daß er sich in kurzer Zeit nicht gemeine Kenntnisse erwarb. Nur in P. Hyacinths Stunden gieng er ungern, weil die- ser mürrische Mann, mit der polternden Stim- me, nur aufs Phrasesmachen drang, und immer mit aufgehobnem Stock vor den Schülern stand. Da es uns bey Siegwart mehr um die Nach dem Examen wurden ihm die Gesetze, ligion mehr zu weiſen und tugendhaften Men- ſchen, als zu groſſen Gelehrten zu bilden. Auch in der Geographie und Meßkunſt ſah ſich unſer Siegwart um, und ſaß oft die halbe Nacht durch bey den Buͤchern, ſo, daß er ſich in kurzer Zeit nicht gemeine Kenntniſſe erwarb. Nur in P. Hyacinths Stunden gieng er ungern, weil die- ſer muͤrriſche Mann, mit der polternden Stim- me, nur aufs Phraſesmachen drang, und immer mit aufgehobnem Stock vor den Schuͤlern ſtand. Da es uns bey Siegwart mehr um die Nach dem Examen wurden ihm die Geſetze, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0190" n="186"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> ligion mehr zu weiſen und tugendhaften Men-<lb/> ſchen, als zu groſſen Gelehrten zu bilden. Auch<lb/> in der Geographie und Meßkunſt ſah ſich unſer<lb/><hi rendition="#fr">Siegwart</hi> um, und ſaß oft die halbe Nacht durch<lb/> bey den Buͤchern, ſo, daß er ſich in kurzer Zeit<lb/> nicht gemeine Kenntniſſe erwarb. Nur in P.<lb/> Hyacinths Stunden gieng er ungern, weil die-<lb/> ſer muͤrriſche Mann, mit der polternden Stim-<lb/> me, nur aufs Phraſesmachen drang, und immer<lb/> mit aufgehobnem Stock vor den Schuͤlern ſtand.</p><lb/> <p>Da es uns bey <hi rendition="#fr">Siegwart</hi> mehr um die<lb/> Geſchichte ſeines Herzens, als ſeines Verſtandes,<lb/> und ſeiner gelehrten Kenntniſſe zu thun iſt, ſo wer-<lb/> den wir von dem letztern wenig, und nur da re-<lb/> den, wo es wuͤrklichen Einfluß auf ſeine kuͤnftigen<lb/> Schickſale, oder auf ſeinen Charakter hatte. Al-<lb/> ſo kehren wir in den Anfang ſeines Aufenthaltes<lb/> bey den Piariſten zuruͤck.</p><lb/> <p>Nach dem Examen wurden ihm die Geſetze,<lb/> ſowohl der Schule uͤberhaupt, als auch beſonders<lb/> ſeiner Klaſſe vorgeleſen, und er mußte dem P.<lb/> Johann mit einem Handgeluͤbd verſprechen, ſie<lb/> getreulich zu beobachten. Unter andern war durch<lb/> ein Geſetz verboten, auf dem Schulgebaͤude, und<lb/> auch auſſerhalb demſelben Taback zu rauchen,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [186/0190]
ligion mehr zu weiſen und tugendhaften Men-
ſchen, als zu groſſen Gelehrten zu bilden. Auch
in der Geographie und Meßkunſt ſah ſich unſer
Siegwart um, und ſaß oft die halbe Nacht durch
bey den Buͤchern, ſo, daß er ſich in kurzer Zeit
nicht gemeine Kenntniſſe erwarb. Nur in P.
Hyacinths Stunden gieng er ungern, weil die-
ſer muͤrriſche Mann, mit der polternden Stim-
me, nur aufs Phraſesmachen drang, und immer
mit aufgehobnem Stock vor den Schuͤlern ſtand.
Da es uns bey Siegwart mehr um die
Geſchichte ſeines Herzens, als ſeines Verſtandes,
und ſeiner gelehrten Kenntniſſe zu thun iſt, ſo wer-
den wir von dem letztern wenig, und nur da re-
den, wo es wuͤrklichen Einfluß auf ſeine kuͤnftigen
Schickſale, oder auf ſeinen Charakter hatte. Al-
ſo kehren wir in den Anfang ſeines Aufenthaltes
bey den Piariſten zuruͤck.
Nach dem Examen wurden ihm die Geſetze,
ſowohl der Schule uͤberhaupt, als auch beſonders
ſeiner Klaſſe vorgeleſen, und er mußte dem P.
Johann mit einem Handgeluͤbd verſprechen, ſie
getreulich zu beobachten. Unter andern war durch
ein Geſetz verboten, auf dem Schulgebaͤude, und
auch auſſerhalb demſelben Taback zu rauchen,
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