rief sich auf das Zeugnis seines Vaters, und dieser bejahre es. Sie wagte es jetzt nicht, etwas dage- gen einzuwenden, ob ihr gleich die Sache sehr mis- fiel; aber sie dachte doch, noch etwas auszurichten, wenn sie mit dem Vater und dem Bruder allein darüber spräche.
Was hältst denn du davon? sagte Xaver zu Wilhelm? Du schweigst ja ganz still dazu. Freust du dich nicht drüber? -- Je, was weiß ich? sag- te dieser; Mich deucht, du thust ganz recht, Xa- ver! Es soll ein ruhiges Leben im Kloster seyn; und da ists gut, daß dus wählst.
Wilhelm sieht alles von der Seite der Ruhe an; sagte der Vater. Jch wollte, du hättest so- viel Leben, wie Xaver! Ruhe kann man schon su- chen, wenn man erst brav gearbeitet hat; aber du willst eins ohne das andere. Hast du heut die Rechnung eingetragen?
Wilhelm. Nein, Papa; ich habs wahrhaf- tig vergessen. Nu, ich denk, ich wills morgen thun.
Der Vater. Ey, was morgen? Jch hab dir aber gesagt, daß du's heute thun sollst! Mit euch, Leuten, kommt man weit! Du wirst noch ein-
rief ſich auf das Zeugnis ſeines Vaters, und dieſer bejahre es. Sie wagte es jetzt nicht, etwas dage- gen einzuwenden, ob ihr gleich die Sache ſehr mis- fiel; aber ſie dachte doch, noch etwas auszurichten, wenn ſie mit dem Vater und dem Bruder allein daruͤber ſpraͤche.
Was haͤltſt denn du davon? ſagte Xaver zu Wilhelm? Du ſchweigſt ja ganz ſtill dazu. Freuſt du dich nicht druͤber? — Je, was weiß ich? ſag- te dieſer; Mich deucht, du thuſt ganz recht, Xa- ver! Es ſoll ein ruhiges Leben im Kloſter ſeyn; und da iſts gut, daß dus waͤhlſt.
Wilhelm ſieht alles von der Seite der Ruhe an; ſagte der Vater. Jch wollte, du haͤtteſt ſo- viel Leben, wie Xaver! Ruhe kann man ſchon ſu- chen, wenn man erſt brav gearbeitet hat; aber du willſt eins ohne das andere. Haſt du heut die Rechnung eingetragen?
Wilhelm. Nein, Papa; ich habs wahrhaf- tig vergeſſen. Nu, ich denk, ich wills morgen thun.
Der Vater. Ey, was morgen? Jch hab dir aber geſagt, daß du’s heute thun ſollſt! Mit euch, Leuten, kommt man weit! Du wirſt noch ein-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0124"n="120"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
rief ſich auf das Zeugnis ſeines Vaters, und dieſer<lb/>
bejahre es. Sie wagte es jetzt nicht, etwas dage-<lb/>
gen einzuwenden, ob ihr gleich die Sache ſehr mis-<lb/>
fiel; aber ſie dachte doch, noch etwas auszurichten,<lb/>
wenn ſie mit dem Vater und dem Bruder allein<lb/>
daruͤber ſpraͤche.</p><lb/><p>Was haͤltſt denn du davon? ſagte <hirendition="#fr">Xaver</hi> zu<lb/><hirendition="#fr">Wilhelm?</hi> Du ſchweigſt ja ganz ſtill dazu. Freuſt<lb/>
du dich nicht druͤber? — Je, was weiß ich? ſag-<lb/>
te dieſer; Mich deucht, du thuſt ganz recht, <hirendition="#fr">Xa-<lb/>
ver!</hi> Es ſoll ein ruhiges Leben im Kloſter ſeyn;<lb/>
und da iſts gut, daß dus waͤhlſt.</p><lb/><p><hirendition="#fr">Wilhelm</hi>ſieht alles von der Seite der Ruhe<lb/>
an; ſagte der Vater. Jch wollte, du haͤtteſt ſo-<lb/>
viel Leben, wie <hirendition="#fr">Xaver!</hi> Ruhe kann man ſchon ſu-<lb/>
chen, wenn man erſt brav gearbeitet hat; aber du<lb/>
willſt eins ohne das andere. Haſt du heut die<lb/>
Rechnung eingetragen?</p><lb/><p><hirendition="#fr">Wilhelm.</hi> Nein, Papa; ich habs wahrhaf-<lb/>
tig vergeſſen. Nu, ich denk, ich wills morgen<lb/>
thun.</p><lb/><p><hirendition="#fr">Der Vater.</hi> Ey, was morgen? Jch hab<lb/>
dir aber geſagt, daß du’s heute thun ſollſt! Mit<lb/>
euch, Leuten, kommt man weit! Du wirſt noch ein-<lb/></p></div></body></text></TEI>
[120/0124]
rief ſich auf das Zeugnis ſeines Vaters, und dieſer
bejahre es. Sie wagte es jetzt nicht, etwas dage-
gen einzuwenden, ob ihr gleich die Sache ſehr mis-
fiel; aber ſie dachte doch, noch etwas auszurichten,
wenn ſie mit dem Vater und dem Bruder allein
daruͤber ſpraͤche.
Was haͤltſt denn du davon? ſagte Xaver zu
Wilhelm? Du ſchweigſt ja ganz ſtill dazu. Freuſt
du dich nicht druͤber? — Je, was weiß ich? ſag-
te dieſer; Mich deucht, du thuſt ganz recht, Xa-
ver! Es ſoll ein ruhiges Leben im Kloſter ſeyn;
und da iſts gut, daß dus waͤhlſt.
Wilhelm ſieht alles von der Seite der Ruhe
an; ſagte der Vater. Jch wollte, du haͤtteſt ſo-
viel Leben, wie Xaver! Ruhe kann man ſchon ſu-
chen, wenn man erſt brav gearbeitet hat; aber du
willſt eins ohne das andere. Haſt du heut die
Rechnung eingetragen?
Wilhelm. Nein, Papa; ich habs wahrhaf-
tig vergeſſen. Nu, ich denk, ich wills morgen
thun.
Der Vater. Ey, was morgen? Jch hab
dir aber geſagt, daß du’s heute thun ſollſt! Mit
euch, Leuten, kommt man weit! Du wirſt noch ein-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart01_1776/124>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.