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Micraelius, Johann: Ander Buch Deß Alten Wendischen Pommerlandes. Bd. 2. Stettin, 1639.

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Das Ander Buch/
Das ander belangend/ sind es nur blosse/ nicht wol
gegründete Muthmassungen/ was man von dem Ge-
schlecht der Greiffen oder Greiff-Herren in Polen
vorgiebet/ als wenn sie da erstlich gesessen/ vnnd her-
nach in Pommeren gekommen weren. Ja diese beyde
Meinungen sind gar wider einander/ vnd stossen sich
selbest vmb. Dann so die Fürstliche Pommerischo Li-
nie von Lesco/ dem Polnischen Fürsten/ herkompt/ wie
kan sie dann von den Greiff-Herren entstanden
seyn[?] Oder so sie zu den Greiff-Herren gerechnet
wird/ wie kan man sie denn auff Lescum bringen[?] Vnd
laß seyn (welches dennoch nicht bewiesen) daß Suan-
tibori Vorfahren aus einem Adelichen Geschlecht
der Greiffen entsprossen seyn/ daß sie auch etwa in
Polen in Ansehen gewesen/ so folget es dennoch nicht/
daß sie Polnisches vnd zwar vnächtes Geblütes seyn.

Jch gestehe auch/ daß die ersten Pommerischen
Fürsten Polnisch oder Wendisch geredet haben. Aber
da folget gar nicht auß/ daß sie derowegen keines an-
deren/ als Polnisches Geblüthes gewesen seyn. Dann
wie die Polnische Sprach durch Nachbarliche Bey-
wohnung ohne Schwerdtschlag in dieses Landt ge-
bracht worden/ also daß die Einwohner sich die Frey-
heit der Slavonischen Nation haben belieben lassen/
vnd sich mit jhnen zusammen gethan/ auch zu einerley
Geberden vnd Sprache sich vermischet/ ist droben
angedeutet. Drumb ist auch die alte Gothische Wan-
dalische Nation in Pommeren geblieben/ ob schon
die Teutsche Gothische Sprach sich verlohr. Eben
wie in Jtalien vnter der Welschen Sprache der alten
Latiner vnd Römer Nachkömlinge/ vnd in Griechen-

Landt

Das Ander Buch/
Das ander belangend/ ſind es nur bloſſe/ nicht wol
gegruͤndete Muthmaſſungen/ was man von dem Ge-
ſchlecht der Greiffen oder Greiff-Herren in Polen
vorgiebet/ als wenn ſie da erſtlich geſeſſen/ vnnd her-
nach in Pommeren gekommen weren. Ja dieſe beyde
Meinungen ſind gar wider einander/ vnd ſtoſſen ſich
ſelbeſt vmb. Dann ſo die Fuͤrſtliche Pommeriſcho Li-
nie von Leſco/ dem Polniſchen Fuͤrſten/ herkompt/ wie
kan ſie dann von den Greiff-Herren entſtanden
ſeyn[?] Oder ſo ſie zu den Greiff-Herren gerechnet
wird/ wie kan man ſie denn auff Leſcum bringen[?] Vnd
laß ſeyn (welches dennoch nicht bewieſen) daß Suan-
tibori Vorfahren aus einem Adelichen Geſchlecht
der Greiffen entſproſſen ſeyn/ daß ſie auch etwa in
Polen in Anſehen geweſen/ ſo folget es deñoch nicht/
daß ſie Polniſches vnd zwar vnaͤchtes Gebluͤtes ſeyn.

Jch geſtehe auch/ daß die erſten Pommeriſchen
Fuͤrſten Polniſch oder Wendiſch geredet haben. Aber
da folget gar nicht auß/ daß ſie derowegen keines an-
deren/ als Polniſches Gebluͤthes geweſen ſeyn. Dann
wie die Polniſche Sprach durch Nachbarliche Bey-
wohnung ohne Schwerdtſchlag in dieſes Landt ge-
bracht worden/ alſo daß die Einwohner ſich die Frey-
heit der Slavoniſchen Nation haben belieben laſſen/
vnd ſich mit jhnen zuſammen gethan/ auch zu einerley
Geberden vnd Sprache ſich vermiſchet/ iſt droben
angedeutet. Drumb iſt auch die alte Gothiſche Wan-
daliſche Nation in Pommeren geblieben/ ob ſchon
die Teutſche Gothiſche Sprach ſich verlohr. Eben
wie in Jtalien vnter der Welſchen Sprache der alten
Latiner vnd Roͤmer Nachkoͤmlinge/ vnd in Griechen-

Landt
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[208/0088] Das Ander Buch/ Das ander belangend/ ſind es nur bloſſe/ nicht wol gegruͤndete Muthmaſſungen/ was man von dem Ge- ſchlecht der Greiffen oder Greiff-Herren in Polen vorgiebet/ als wenn ſie da erſtlich geſeſſen/ vnnd her- nach in Pommeren gekommen weren. Ja dieſe beyde Meinungen ſind gar wider einander/ vnd ſtoſſen ſich ſelbeſt vmb. Dann ſo die Fuͤrſtliche Pommeriſcho Li- nie von Leſco/ dem Polniſchen Fuͤrſten/ herkompt/ wie kan ſie dann von den Greiff-Herren entſtanden ſeyn? Oder ſo ſie zu den Greiff-Herren gerechnet wird/ wie kan man ſie denn auff Leſcum bringen? Vnd laß ſeyn (welches dennoch nicht bewieſen) daß Suan- tibori Vorfahren aus einem Adelichen Geſchlecht der Greiffen entſproſſen ſeyn/ daß ſie auch etwa in Polen in Anſehen geweſen/ ſo folget es deñoch nicht/ daß ſie Polniſches vnd zwar vnaͤchtes Gebluͤtes ſeyn. Jch geſtehe auch/ daß die erſten Pommeriſchen Fuͤrſten Polniſch oder Wendiſch geredet haben. Aber da folget gar nicht auß/ daß ſie derowegen keines an- deren/ als Polniſches Gebluͤthes geweſen ſeyn. Dann wie die Polniſche Sprach durch Nachbarliche Bey- wohnung ohne Schwerdtſchlag in dieſes Landt ge- bracht worden/ alſo daß die Einwohner ſich die Frey- heit der Slavoniſchen Nation haben belieben laſſen/ vnd ſich mit jhnen zuſammen gethan/ auch zu einerley Geberden vnd Sprache ſich vermiſchet/ iſt droben angedeutet. Drumb iſt auch die alte Gothiſche Wan- daliſche Nation in Pommeren geblieben/ ob ſchon die Teutſche Gothiſche Sprach ſich verlohr. Eben wie in Jtalien vnter der Welſchen Sprache der alten Latiner vnd Roͤmer Nachkoͤmlinge/ vnd in Griechen- Landt

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Zitationshilfe: Micraelius, Johann: Ander Buch Deß Alten Wendischen Pommerlandes. Bd. 2. Stettin, 1639, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/micraelius_pommernland02_1639/88>, abgerufen am 10.05.2024.