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Micraelius, Johann: Erstes Buch Deß Alten Pommer-Landes. Bd. 1. Stettin, 1639.

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Vorrede
Was insonderheit die Gothen anbelanget/ von welchen fürnemblich möchte gezweiffelt
werden/ so sind Taciti Wort so helle vnd klar/ das man nichtes anders darauß erzwingen
kan: Dirimit, seinditq; Sueviam (sagt er) continuum montium jugum, ultra quod
plurimae gentes agunt. Ex quibus latissime patet Lygiorum nomen, in plures civitates
diffusum. Trans Lygios Gothones regnantur, paulo jam addictius, quam caeterae Ger-
manorum gentes, nondum tamen supra libertatem. Protinus deinde ab Oceano Ru-
gii & Lemovii, omniumq; harum gentium insigne, rotunda scuta, breves gladii, & erga
reges obsequium. Suionum hinc civitates, ipso in Oceano, praeter viros armaq; classi-
bus valent. Trans Suionas aliud mare immotum. Suionibus Sitonum gentes conti-
nuantur, caetera similes, uno differunt, quod femina dominatur. Hic Sueviae finis.
Ergo jam dextero Suevici maris littore AEstiorum gentes alluuntur, quibus ritus habi-
tusq;, Suevorum, lingua Britannicae propior. Rarus ferri, frequens fustium usus: fru-
menta caeterosq; fructus patientius, quam pro solita Germanorum inertia laborant.
Sed & mare scrutantur: ac soli omnium succinum, quod ipsi Glessum vocant, inter un-
das atq; in ipso litore legunt. Peucinorum, quos quidam Bastarnas vocant, Venedo-
cumq; atq; Finnorum nationes Germanis an Sarmatis adscribam, dubito.
Dieses ist
ein kurtzer Außzug vieler Wort/ darauß man siehet/ das Tacitus den Suevis ein groß
Land zuleget/ vnd Sie zwischen Abend vnd Morgen von der Sala/ Elbe/ Chaluso oder
der Trava/ biß an die Weyfel; Zwischen Mittag aber vnd Mitternacht von der Donaw
biß an den eussersten Oceanum gewohnet/ vnd in sich/ nebenst vielen andern Nationen/
die Schweden vnd Norweger/ vnd ein Theil von Dennemarck begriffen haben. Solch
grosses Land der Sueviorun/ saget er/ werde durch ein in die Länge sich erstreckend Gebir-
ge von den Lygern vnterscheiden/ welches Ptolomaeus Asciburgiun montem nennet. Wir
heissen es daß Hungerische Gebirge/ die Hungern Szepesi, vnd die Polen Tatary. Vnd
sein Ende wird in vnserm Hinter Pommern beym Chollenberge gefunden. Also wür-
den nun die Lyger/ oder wie sie Srabo nennet/ die Lüger an dem Orte gelegen/ vnd auff der
benachbarten Wenden thun vnd lassen/ auff den Gräntzen des gantzen Teutsch Landes/
geluget haben/ da jetzund Groß Pohlen zwischen dem Gebirge/ der Warte vnd der Weys-
sel/ von Crakow biß an Torn hinan sich erstrecket. Hinter diesen Lygern haben die Go-
thones vnter jhrem Könige gewohnet/ vnd also sind die Gothones/ Gothen oder Gut-
ten/ (dann das ist doch ein Nahme) in Hinter Pommern vnd Preussen gewesen/ welches
auch Plinius auß Pythea von Maßilien in Franckreich bürtig bezeuget/ der an dem Ort/
da der Bernstein gesamlet wird/ die Guttonier oder Gothen setzet/ mit dem hinange-
hencketen Bericht/ das von dannen biß in die Jnsul Basiliam/ dadurch er eben die grosse
Peninsul verstehet/ darinnen die Suiones oder Schweden/ vnd die Sitones oder Nor-
weger/ vnd ein Theil von Dennemarck gewohnet/ vnd die von Plinio, Scandinavia, Fin-
ningia
vnd Balthia, vom Ptolomaeo Scandia geheissen wird/ zu Wasser eine Tagereise ge-

legen

Vorꝛede
Was inſonderheit die Gothen anbelanget/ von welchen fuͤrnemblich moͤchte gezweiffelt
werden/ ſo ſind Taciti Wort ſo helle vnd klar/ das man nichtes anders darauß erzwingen
kan: Dirimit, ſeinditq́; Sueviam (ſagt er) continuum montium jugum, ultra quod
plurimæ gentes agunt. Ex quibus latiſſimè patet Lygiorum nomen, in plures civitates
diffuſum. Trans Lygios Gothones regnantur, paulò jam addictius, quam cæteræ Ger-
manorum gentes, nondum tamen ſupra libertatem. Protinus deinde ab Oceano Ru-
gii & Lemovii, omniumq́; harum gentium inſigne, rotunda ſcuta, breves gladii, & erga
reges obſequium. Suionum hinc civitates, ipſo in Oceano, præter viros armaq́; claſſi-
bus valent. Trans Suionas aliud mare immotum. Suionibus Sitonum gentes conti-
nuantur, cætera ſimiles, uno differunt, quod femina dominatur. Hic Sueviæ finis.
Ergo jam dextero Suevici maris littore Æſtiorum gentes alluuntur, quibus ritus habi-
tusq́;, Suevorum, lingua Britannicæ propior. Rarus ferri, frequens fuſtium uſus: fru-
menta cæterosq́; fructus patientius, quam pro ſolita Germanorum inertia laborant.
Sed & mare ſcrutantur: ac ſoli omnium ſuccinum, quod ipſi Gleſſum vocant, inter un-
das atq́; in ipſo litore legunt. Peucinorum, quos quidam Baſtarnas vocant, Venedo-
cumq́; atq́; Finnorum nationes Germanis an Sarmatis adſcribam, dubito.
Dieſes iſt
ein kurtzer Außzug vieler Wort/ darauß man ſiehet/ das Tacitus den Suevis ein groß
Land zuleget/ vnd Sie zwiſchen Abend vnd Morgen von der Sala/ Elbe/ Chaluſo oder
der Trava/ biß an die Weyfel; Zwiſchen Mittag aber vnd Mitternacht von der Donaw
biß an den euſſerſten Oceanum gewohnet/ vnd in ſich/ nebenſt vielen andern Nationen/
die Schweden vnd Norweger/ vnd ein Theil von Dennemarck begriffen haben. Solch
groſſes Land der Sueviorũ/ ſaget er/ werde durch ein in die Laͤnge ſich erſtreckend Gebir-
ge von den Lygern vnterſcheiden/ welches Ptolomæus Aſciburgiũ montem neñet. Wir
heiſſen es daß Hungeriſche Gebirge/ die Hungern Szepéſi, vnd die Polen Tátáry. Vnd
ſein Ende wird in vnſerm Hinter Pommern beym Chollenberge gefunden. Alſo wuͤr-
den nun die Lyger/ oder wie ſie Srabo nennet/ die Luͤger an dem Orte gelegen/ vnd auff der
benachbarten Wenden thun vnd laſſen/ auff den Graͤntzen des gantzen Teutſch Landes/
geluget haben/ da jetzund Groß Pohlen zwiſchen dem Gebirge/ der Warte vnd der Weyſ-
ſel/ von Crakow biß an Torn hinan ſich erſtrecket. Hinter dieſen Lygern haben die Go-
thones vnter jhrem Koͤnige gewohnet/ vnd alſo ſind die Gothones/ Gothen oder Gut-
ten/ (dann das iſt doch ein Nahme) in Hinter Pommern vnd Preuſſen geweſen/ welches
auch Plinius auß Pythea von Maßilien in Franckreich buͤrtig bezeuget/ der an dem Ort/
da der Bernſtein geſamlet wird/ die Guttonier oder Gothen ſetzet/ mit dem hinange-
hencketen Bericht/ das von dannen biß in die Jnſul Baſiliam/ dadurch er eben die groſſe
Peninſul verſtehet/ darinnen die Suiones oder Schweden/ vnd die Sitones oder Nor-
weger/ vnd ein Theil von Dennemarck gewohnet/ vnd die von Plinio, Scandinavia, Fin-
ningia
vnd Balthia, vom Ptolomæo Scandia geheiſſen wird/ zu Waſſer eine Tagereiſe ge-

legen
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[0011] Vorꝛede Was inſonderheit die Gothen anbelanget/ von welchen fuͤrnemblich moͤchte gezweiffelt werden/ ſo ſind Taciti Wort ſo helle vnd klar/ das man nichtes anders darauß erzwingen kan: Dirimit, ſeinditq́; Sueviam (ſagt er) continuum montium jugum, ultra quod plurimæ gentes agunt. Ex quibus latiſſimè patet Lygiorum nomen, in plures civitates diffuſum. Trans Lygios Gothones regnantur, paulò jam addictius, quam cæteræ Ger- manorum gentes, nondum tamen ſupra libertatem. Protinus deinde ab Oceano Ru- gii & Lemovii, omniumq́; harum gentium inſigne, rotunda ſcuta, breves gladii, & erga reges obſequium. Suionum hinc civitates, ipſo in Oceano, præter viros armaq́; claſſi- bus valent. Trans Suionas aliud mare immotum. Suionibus Sitonum gentes conti- nuantur, cætera ſimiles, uno differunt, quod femina dominatur. Hic Sueviæ finis. Ergo jam dextero Suevici maris littore Æſtiorum gentes alluuntur, quibus ritus habi- tusq́;, Suevorum, lingua Britannicæ propior. Rarus ferri, frequens fuſtium uſus: fru- menta cæterosq́; fructus patientius, quam pro ſolita Germanorum inertia laborant. Sed & mare ſcrutantur: ac ſoli omnium ſuccinum, quod ipſi Gleſſum vocant, inter un- das atq́; in ipſo litore legunt. Peucinorum, quos quidam Baſtarnas vocant, Venedo- cumq́; atq́; Finnorum nationes Germanis an Sarmatis adſcribam, dubito. Dieſes iſt ein kurtzer Außzug vieler Wort/ darauß man ſiehet/ das Tacitus den Suevis ein groß Land zuleget/ vnd Sie zwiſchen Abend vnd Morgen von der Sala/ Elbe/ Chaluſo oder der Trava/ biß an die Weyfel; Zwiſchen Mittag aber vnd Mitternacht von der Donaw biß an den euſſerſten Oceanum gewohnet/ vnd in ſich/ nebenſt vielen andern Nationen/ die Schweden vnd Norweger/ vnd ein Theil von Dennemarck begriffen haben. Solch groſſes Land der Sueviorũ/ ſaget er/ werde durch ein in die Laͤnge ſich erſtreckend Gebir- ge von den Lygern vnterſcheiden/ welches Ptolomæus Aſciburgiũ montem neñet. Wir heiſſen es daß Hungeriſche Gebirge/ die Hungern Szepéſi, vnd die Polen Tátáry. Vnd ſein Ende wird in vnſerm Hinter Pommern beym Chollenberge gefunden. Alſo wuͤr- den nun die Lyger/ oder wie ſie Srabo nennet/ die Luͤger an dem Orte gelegen/ vnd auff der benachbarten Wenden thun vnd laſſen/ auff den Graͤntzen des gantzen Teutſch Landes/ geluget haben/ da jetzund Groß Pohlen zwiſchen dem Gebirge/ der Warte vnd der Weyſ- ſel/ von Crakow biß an Torn hinan ſich erſtrecket. Hinter dieſen Lygern haben die Go- thones vnter jhrem Koͤnige gewohnet/ vnd alſo ſind die Gothones/ Gothen oder Gut- ten/ (dann das iſt doch ein Nahme) in Hinter Pommern vnd Preuſſen geweſen/ welches auch Plinius auß Pythea von Maßilien in Franckreich buͤrtig bezeuget/ der an dem Ort/ da der Bernſtein geſamlet wird/ die Guttonier oder Gothen ſetzet/ mit dem hinange- hencketen Bericht/ das von dannen biß in die Jnſul Baſiliam/ dadurch er eben die groſſe Peninſul verſtehet/ darinnen die Suiones oder Schweden/ vnd die Sitones oder Nor- weger/ vnd ein Theil von Dennemarck gewohnet/ vnd die von Plinio, Scandinavia, Fin- ningia vnd Balthia, vom Ptolomæo Scandia geheiſſen wird/ zu Waſſer eine Tagereiſe ge- legen

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Zitationshilfe: Micraelius, Johann: Erstes Buch Deß Alten Pommer-Landes. Bd. 1. Stettin, 1639, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/micraelius_pommernland01_1639/11>, abgerufen am 23.11.2024.