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Michelis, Arthur: Reiseschule für Touristen und Curgäste. Leipzig, 1869.

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IV. Reisetaschen -- Mundvorrath.
Talg ihn zu bestreichen, ist verwerflich, denn dadurch wird
er hart. Als Schutz gegen Nässe bei Wanderungen über
lockere Gletschermasse, oder vielmehr Durchwaten derselben
ziehen Einzelne noch über die Beinkleider dicke grobwollene,
bis an's Knie reichende Strümpfe ohne Sohlen.

Die Reisetasche soll nicht blos an der Seite und
in einer Hand, sondern auch tornisterartig auf dem Rücken
zu tragen sein, weil so die Bürde auf stärkere Muskelgruppen
vertheilt, am mindesten schwer fällt. Die von Bädeker be-
schriebene Art, an den Ecken mit Oesen, durch welche der
Riemen läuft, und Henkeln, äußerlich mit zwei durch Knöpfe
schließbaren kleinen Unterabtheilungen versehen, ist in einzelnen
Läden vorräthig.

Auf ausgedehnten, ohne Führer und Träger unter-
nommenen Märschen, wo es auf äußerste Beschränkung des
"todten Gewichts" ankommt (vergl. S. 34), dienen statt der
ledernen oft Taschen von grobem Leinen oder Segeltuch mit
überfallender Klappe von "amerikanischem Ledertuch", einer
Art leichten, sehr dauerhaften Wachstuchs, auch ganz von
solchem oder anderem wasserdichten Zeuge verfertigte. In
Tirol vorräthig, sehr billig und gut zu tragen ist der
"Rucksack", ein viereckiger Beutel von grobem, grünem
Canevas, an dessen oberem, offenem Theil eine Schnur locker
übersäumt ist, so daß der Rand Falte an Falte zusammen-
geschoben und zugebunden werden kann. Die Schnur hängt
in der Mitte an zwei an den unteren Sackzipfeln befestigten
Gurten, welche auf die Schultern kommen. Als Mund-
vorrath dient in solchen Fällen am besten Compactes, Con-
centrirtes *), Fleischextract, Schiffszwieback, hartgesottene Eier,
Schokolade, Fleischzwieback **).

*) Wie sich auch von den geistigen Nahrungsmitteln für den Reisegebrauch
am besten kleine Ausgaben classischer Dichter eignen.
**) Eine Vorschrift zu letzterem ist, aus 12 Pfund Rindfleisch 11/2 Maaß
Brühe kochen, sie von Fasern und Fett befreit eindampfen und mit feinem Mehle
kneten zu lassen; aus diesem Teige werden zollgroße, dem Judenbrode ähnliche

IV. Reiſetaſchen — Mundvorrath.
Talg ihn zu beſtreichen, iſt verwerflich, denn dadurch wird
er hart. Als Schutz gegen Näſſe bei Wanderungen über
lockere Gletſchermaſſe, oder vielmehr Durchwaten derſelben
ziehen Einzelne noch über die Beinkleider dicke grobwollene,
bis an’s Knie reichende Strümpfe ohne Sohlen.

Die Reiſetaſche ſoll nicht blos an der Seite und
in einer Hand, ſondern auch torniſterartig auf dem Rücken
zu tragen ſein, weil ſo die Bürde auf ſtärkere Muskelgruppen
vertheilt, am mindeſten ſchwer fällt. Die von Bädeker be-
ſchriebene Art, an den Ecken mit Oeſen, durch welche der
Riemen läuft, und Henkeln, äußerlich mit zwei durch Knöpfe
ſchließbaren kleinen Unterabtheilungen verſehen, iſt in einzelnen
Läden vorräthig.

Auf ausgedehnten, ohne Führer und Träger unter-
nommenen Märſchen, wo es auf äußerſte Beſchränkung des
„todten Gewichts“ ankommt (vergl. S. 34), dienen ſtatt der
ledernen oft Taſchen von grobem Leinen oder Segeltuch mit
überfallender Klappe von „amerikaniſchem Ledertuch“, einer
Art leichten, ſehr dauerhaften Wachstuchs, auch ganz von
ſolchem oder anderem waſſerdichten Zeuge verfertigte. In
Tirol vorräthig, ſehr billig und gut zu tragen iſt der
„Ruckſack“, ein viereckiger Beutel von grobem, grünem
Canevas, an deſſen oberem, offenem Theil eine Schnur locker
überſäumt iſt, ſo daß der Rand Falte an Falte zuſammen-
geſchoben und zugebunden werden kann. Die Schnur hängt
in der Mitte an zwei an den unteren Sackzipfeln befeſtigten
Gurten, welche auf die Schultern kommen. Als Mund-
vorrath dient in ſolchen Fällen am beſten Compactes, Con-
centrirtes *), Fleiſchextract, Schiffszwieback, hartgeſottene Eier,
Schokolade, Fleiſchzwieback **).

*) Wie ſich auch von den geiſtigen Nahrungsmitteln für den Reiſegebrauch
am beſten kleine Ausgaben claſſiſcher Dichter eignen.
**) Eine Vorſchrift zu letzterem iſt, aus 12 Pfund Rindfleiſch 1½ Maaß
Brühe kochen, ſie von Faſern und Fett befreit eindampfen und mit feinem Mehle
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[69/0083] IV. Reiſetaſchen — Mundvorrath. Talg ihn zu beſtreichen, iſt verwerflich, denn dadurch wird er hart. Als Schutz gegen Näſſe bei Wanderungen über lockere Gletſchermaſſe, oder vielmehr Durchwaten derſelben ziehen Einzelne noch über die Beinkleider dicke grobwollene, bis an’s Knie reichende Strümpfe ohne Sohlen. Die Reiſetaſche ſoll nicht blos an der Seite und in einer Hand, ſondern auch torniſterartig auf dem Rücken zu tragen ſein, weil ſo die Bürde auf ſtärkere Muskelgruppen vertheilt, am mindeſten ſchwer fällt. Die von Bädeker be- ſchriebene Art, an den Ecken mit Oeſen, durch welche der Riemen läuft, und Henkeln, äußerlich mit zwei durch Knöpfe ſchließbaren kleinen Unterabtheilungen verſehen, iſt in einzelnen Läden vorräthig. Auf ausgedehnten, ohne Führer und Träger unter- nommenen Märſchen, wo es auf äußerſte Beſchränkung des „todten Gewichts“ ankommt (vergl. S. 34), dienen ſtatt der ledernen oft Taſchen von grobem Leinen oder Segeltuch mit überfallender Klappe von „amerikaniſchem Ledertuch“, einer Art leichten, ſehr dauerhaften Wachstuchs, auch ganz von ſolchem oder anderem waſſerdichten Zeuge verfertigte. In Tirol vorräthig, ſehr billig und gut zu tragen iſt der „Ruckſack“, ein viereckiger Beutel von grobem, grünem Canevas, an deſſen oberem, offenem Theil eine Schnur locker überſäumt iſt, ſo daß der Rand Falte an Falte zuſammen- geſchoben und zugebunden werden kann. Die Schnur hängt in der Mitte an zwei an den unteren Sackzipfeln befeſtigten Gurten, welche auf die Schultern kommen. Als Mund- vorrath dient in ſolchen Fällen am beſten Compactes, Con- centrirtes *), Fleiſchextract, Schiffszwieback, hartgeſottene Eier, Schokolade, Fleiſchzwieback **). *) Wie ſich auch von den geiſtigen Nahrungsmitteln für den Reiſegebrauch am beſten kleine Ausgaben claſſiſcher Dichter eignen. **) Eine Vorſchrift zu letzterem iſt, aus 12 Pfund Rindfleiſch 1½ Maaß Brühe kochen, ſie von Faſern und Fett befreit eindampfen und mit feinem Mehle kneten zu laſſen; aus dieſem Teige werden zollgroße, dem Judenbrode ähnliche

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Zitationshilfe: Michelis, Arthur: Reiseschule für Touristen und Curgäste. Leipzig, 1869, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/michelis_reiseschule_1869/83>, abgerufen am 04.05.2024.