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Michelis, Arthur: Reiseschule für Touristen und Curgäste. Leipzig, 1869.

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II. Reiseapparat.
Nachts liegt er nicht offen auf dem Nachttisch, sondern unter
dem Kopfkissen oder dessen Stellvertreter, unterwegs steckt er
in der Rocktasche, nicht wie beim Opernräuber offen im Gür-
tel. Das Zeigen der Bewaffnung kann freilich möglicher-
weise ein Diebsgelüst unterdrücken, noch leichter aber dieses
erst rege machen oder gar in einen Mordanfall verwandeln. --

Als Ersatz des fehlenden Thürverschlusses in Häusern
und Hütten von zweifelhafter Sicherheit (Sicilien, Spanien,
Orient) nehmen Manche ein fliegendes Schloß mit, dessen
beide in Pfosten und Thür geschlagene Theile durch Riegel
oder Kette verbunden sind; Andere verfahren noch einfacher:
sie bohren einen Nagelbohrer (man hat jetzt dies Geräth zum
Zusammenklappen mit einem Bügel, ähnlich wie die Taschen-
korkzieher) durch die Thür in den Pfosten; wieder An-
dere ziehen derartigen Behausungen das Uebernachten im
Freien vor.

Mit Rathschlägen, wieviel Paar Strümpfe, Schuhe,
Hemden etc. mitzunehmen seien, verschonen wir unsere Leser,
trauen ihnen auch hinlängliche Ueberlegung zu, um zu wissen,
daß Jeder, der zu Erkältungen neigt, wohlthut, Vorsorge zu
treffen, nach gründlicher Durchnässung die Kleider wechseln
zu können. Nicht so überflüssig erscheint es dagegen, an ein
anderes Stück Reiseapparat zu erinnern, wenn nämlich ein
Land besucht werden soll, dessen Sprache wir nicht mächtig
sind. Viele begnügen sich, ein Taschenwörterbuch und eine
Phraseologie einzupacken, in der Hoffnung, daß "alles Weitere
sich schon an Ort und Stelle aus der Praxis von selbst er-
geben werde", ohne zu ahnen, wie viel Verlegenheiten sie sich
erspart hätten und wie viel mehr Wünschenswerthes ihnen
zu Theil geworden wäre, wenn sie wenigstens ein paar hun-
dert Vocabeln und ein paar Dutzend Phrasen im Kopfe mit-
genommen hätten. Die Sache ist auch für ein Veteranen-
gedächtniß nicht so schwierig und ermüdend, als sie aussieht.
Meine erste italienische Reise wurde vier Tage nach dem Ent-
schluß dazu angetreten und ich hatte nur Zeit, durch einige

II. Reiſeapparat.
Nachts liegt er nicht offen auf dem Nachttiſch, ſondern unter
dem Kopfkiſſen oder deſſen Stellvertreter, unterwegs ſteckt er
in der Rocktaſche, nicht wie beim Opernräuber offen im Gür-
tel. Das Zeigen der Bewaffnung kann freilich möglicher-
weiſe ein Diebsgelüſt unterdrücken, noch leichter aber dieſes
erſt rege machen oder gar in einen Mordanfall verwandeln. —

Als Erſatz des fehlenden Thürverſchluſſes in Häuſern
und Hütten von zweifelhafter Sicherheit (Sicilien, Spanien,
Orient) nehmen Manche ein fliegendes Schloß mit, deſſen
beide in Pfoſten und Thür geſchlagene Theile durch Riegel
oder Kette verbunden ſind; Andere verfahren noch einfacher:
ſie bohren einen Nagelbohrer (man hat jetzt dies Geräth zum
Zuſammenklappen mit einem Bügel, ähnlich wie die Taſchen-
korkzieher) durch die Thür in den Pfoſten; wieder An-
dere ziehen derartigen Behauſungen das Uebernachten im
Freien vor.

Mit Rathſchlägen, wieviel Paar Strümpfe, Schuhe,
Hemden ꝛc. mitzunehmen ſeien, verſchonen wir unſere Leſer,
trauen ihnen auch hinlängliche Ueberlegung zu, um zu wiſſen,
daß Jeder, der zu Erkältungen neigt, wohlthut, Vorſorge zu
treffen, nach gründlicher Durchnäſſung die Kleider wechſeln
zu können. Nicht ſo überflüſſig erſcheint es dagegen, an ein
anderes Stück Reiſeapparat zu erinnern, wenn nämlich ein
Land beſucht werden ſoll, deſſen Sprache wir nicht mächtig
ſind. Viele begnügen ſich, ein Taſchenwörterbuch und eine
Phraſeologie einzupacken, in der Hoffnung, daß „alles Weitere
ſich ſchon an Ort und Stelle aus der Praxis von ſelbſt er-
geben werde“, ohne zu ahnen, wie viel Verlegenheiten ſie ſich
erſpart hätten und wie viel mehr Wünſchenswerthes ihnen
zu Theil geworden wäre, wenn ſie wenigſtens ein paar hun-
dert Vocabeln und ein paar Dutzend Phraſen im Kopfe mit-
genommen hätten. Die Sache iſt auch für ein Veteranen-
gedächtniß nicht ſo ſchwierig und ermüdend, als ſie ausſieht.
Meine erſte italieniſche Reiſe wurde vier Tage nach dem Ent-
ſchluß dazu angetreten und ich hatte nur Zeit, durch einige

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[25/0039] II. Reiſeapparat. Nachts liegt er nicht offen auf dem Nachttiſch, ſondern unter dem Kopfkiſſen oder deſſen Stellvertreter, unterwegs ſteckt er in der Rocktaſche, nicht wie beim Opernräuber offen im Gür- tel. Das Zeigen der Bewaffnung kann freilich möglicher- weiſe ein Diebsgelüſt unterdrücken, noch leichter aber dieſes erſt rege machen oder gar in einen Mordanfall verwandeln. — Als Erſatz des fehlenden Thürverſchluſſes in Häuſern und Hütten von zweifelhafter Sicherheit (Sicilien, Spanien, Orient) nehmen Manche ein fliegendes Schloß mit, deſſen beide in Pfoſten und Thür geſchlagene Theile durch Riegel oder Kette verbunden ſind; Andere verfahren noch einfacher: ſie bohren einen Nagelbohrer (man hat jetzt dies Geräth zum Zuſammenklappen mit einem Bügel, ähnlich wie die Taſchen- korkzieher) durch die Thür in den Pfoſten; wieder An- dere ziehen derartigen Behauſungen das Uebernachten im Freien vor. Mit Rathſchlägen, wieviel Paar Strümpfe, Schuhe, Hemden ꝛc. mitzunehmen ſeien, verſchonen wir unſere Leſer, trauen ihnen auch hinlängliche Ueberlegung zu, um zu wiſſen, daß Jeder, der zu Erkältungen neigt, wohlthut, Vorſorge zu treffen, nach gründlicher Durchnäſſung die Kleider wechſeln zu können. Nicht ſo überflüſſig erſcheint es dagegen, an ein anderes Stück Reiſeapparat zu erinnern, wenn nämlich ein Land beſucht werden ſoll, deſſen Sprache wir nicht mächtig ſind. Viele begnügen ſich, ein Taſchenwörterbuch und eine Phraſeologie einzupacken, in der Hoffnung, daß „alles Weitere ſich ſchon an Ort und Stelle aus der Praxis von ſelbſt er- geben werde“, ohne zu ahnen, wie viel Verlegenheiten ſie ſich erſpart hätten und wie viel mehr Wünſchenswerthes ihnen zu Theil geworden wäre, wenn ſie wenigſtens ein paar hun- dert Vocabeln und ein paar Dutzend Phraſen im Kopfe mit- genommen hätten. Die Sache iſt auch für ein Veteranen- gedächtniß nicht ſo ſchwierig und ermüdend, als ſie ausſieht. Meine erſte italieniſche Reiſe wurde vier Tage nach dem Ent- ſchluß dazu angetreten und ich hatte nur Zeit, durch einige

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Zitationshilfe: Michelis, Arthur: Reiseschule für Touristen und Curgäste. Leipzig, 1869, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/michelis_reiseschule_1869/39>, abgerufen am 24.11.2024.