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Michelis, Arthur: Reiseschule für Touristen und Curgäste. Leipzig, 1869.

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VIII. Selbstvertheidigung -- durch Cultur zur Natur zurück.
licher Abgeschlossenheit sieht, oder -- wie Rousseau, der gewiß
weit entfernt war von Möncherei, in seiner berühmten Preis-
schrift ausführt -- daß wir wohlthäten, alle Kunst und
Wissenschaft fortzuwerfen und zur Unwissenheit und Armuth
zurückzukehren. Wir müßten dann die geistige, politische und
wirthschaftliche Entwickelung unsrer Zeit, den verbesserten
Schulunterricht, den Aufschwung des Landbaus, der Gewerbe
und des Handels verdammen, die Gewerbefreiheit, das Ver-
eins- und Genossenschaftswesen, die allgemeine Wehrpflicht,
die wachsende Ausbeutung der Dampfkraft und Ausbildung
des Transportwesens, die Auswanderung, die Freizügigkeit etc.
verwerfen, denn alles das sind Erscheinungen, Ursachen und
Wirkungen, die eine Umwälzung der bisherigen Zustände
hervorgerufen haben und täglich mehr hervorrufen müssen.
Der Reiseverkehr bildet zwar nur einen kleinen Theil des
großen Ganzen, aber auch über ihn wäre der Stab gebrochen,
gleichzeitig über dieses arme Schriftlein, welches touristischen,
also unsittlichen Zwecken diente. Nicht die Vertheidigung der
Weltentwickelung liegt uns ob, nur das damit zusammen-
hängende Nichtschuldig unsres inculpirten Buches, so sei es
denn gestattet, auf Folgendes hinzuweisen. Mögen wir so
oder anders über den Fortschritt denken, sich gegen ihn zu
stemmen vermag Keiner, weder Papst, Kaiser, König, Priester
noch Laie; sie Alle sehen das auch längst ein, obgleich sie es
nicht immer aussprechen und kundgeben. Unaufhaltsam ver-
folgt die Cultur ihren Weg, und ihre Begleiter, die guten
und die schlimmen, bleiben nicht zurück. Leben wir der Hoff-
nung, daß das Menschengeschlecht und alles Gute in ihm
nicht untergehen wird, leben wir der Ueberzeugung, daß Ver-
nunft in der Weltgeschichte, ein auf das Gute gerichteter
Wille und eine das Gute endlich durchsetzende Kraft in ihr
waltet, daß unsre Bestimmung ist, durch die Cultur zur
Natur zurückzukehren, nicht alle Cultur zu verbannen.
Sorgen wir also nicht um die Weltgeschicke und trösten wir
uns über jeden zeitweiligen Verfall durch das Vertrauen, daß

VIII. Selbſtvertheidigung — durch Cultur zur Natur zurück.
licher Abgeſchloſſenheit ſieht, oder — wie Rouſſeau, der gewiß
weit entfernt war von Möncherei, in ſeiner berühmten Preis-
ſchrift ausführt — daß wir wohlthäten, alle Kunſt und
Wiſſenſchaft fortzuwerfen und zur Unwiſſenheit und Armuth
zurückzukehren. Wir müßten dann die geiſtige, politiſche und
wirthſchaftliche Entwickelung unſrer Zeit, den verbeſſerten
Schulunterricht, den Aufſchwung des Landbaus, der Gewerbe
und des Handels verdammen, die Gewerbefreiheit, das Ver-
eins- und Genoſſenſchaftsweſen, die allgemeine Wehrpflicht,
die wachſende Ausbeutung der Dampfkraft und Ausbildung
des Transportweſens, die Auswanderung, die Freizügigkeit ꝛc.
verwerfen, denn alles das ſind Erſcheinungen, Urſachen und
Wirkungen, die eine Umwälzung der bisherigen Zuſtände
hervorgerufen haben und täglich mehr hervorrufen müſſen.
Der Reiſeverkehr bildet zwar nur einen kleinen Theil des
großen Ganzen, aber auch über ihn wäre der Stab gebrochen,
gleichzeitig über dieſes arme Schriftlein, welches touriſtiſchen,
alſo unſittlichen Zwecken diente. Nicht die Vertheidigung der
Weltentwickelung liegt uns ob, nur das damit zuſammen-
hängende Nichtſchuldig unſres inculpirten Buches, ſo ſei es
denn geſtattet, auf Folgendes hinzuweiſen. Mögen wir ſo
oder anders über den Fortſchritt denken, ſich gegen ihn zu
ſtemmen vermag Keiner, weder Papſt, Kaiſer, König, Prieſter
noch Laie; ſie Alle ſehen das auch längſt ein, obgleich ſie es
nicht immer ausſprechen und kundgeben. Unaufhaltſam ver-
folgt die Cultur ihren Weg, und ihre Begleiter, die guten
und die ſchlimmen, bleiben nicht zurück. Leben wir der Hoff-
nung, daß das Menſchengeſchlecht und alles Gute in ihm
nicht untergehen wird, leben wir der Ueberzeugung, daß Ver-
nunft in der Weltgeſchichte, ein auf das Gute gerichteter
Wille und eine das Gute endlich durchſetzende Kraft in ihr
waltet, daß unſre Beſtimmung iſt, durch die Cultur zur
Natur zurückzukehren, nicht alle Cultur zu verbannen.
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[274/0288] VIII. Selbſtvertheidigung — durch Cultur zur Natur zurück. licher Abgeſchloſſenheit ſieht, oder — wie Rouſſeau, der gewiß weit entfernt war von Möncherei, in ſeiner berühmten Preis- ſchrift ausführt — daß wir wohlthäten, alle Kunſt und Wiſſenſchaft fortzuwerfen und zur Unwiſſenheit und Armuth zurückzukehren. Wir müßten dann die geiſtige, politiſche und wirthſchaftliche Entwickelung unſrer Zeit, den verbeſſerten Schulunterricht, den Aufſchwung des Landbaus, der Gewerbe und des Handels verdammen, die Gewerbefreiheit, das Ver- eins- und Genoſſenſchaftsweſen, die allgemeine Wehrpflicht, die wachſende Ausbeutung der Dampfkraft und Ausbildung des Transportweſens, die Auswanderung, die Freizügigkeit ꝛc. verwerfen, denn alles das ſind Erſcheinungen, Urſachen und Wirkungen, die eine Umwälzung der bisherigen Zuſtände hervorgerufen haben und täglich mehr hervorrufen müſſen. Der Reiſeverkehr bildet zwar nur einen kleinen Theil des großen Ganzen, aber auch über ihn wäre der Stab gebrochen, gleichzeitig über dieſes arme Schriftlein, welches touriſtiſchen, alſo unſittlichen Zwecken diente. Nicht die Vertheidigung der Weltentwickelung liegt uns ob, nur das damit zuſammen- hängende Nichtſchuldig unſres inculpirten Buches, ſo ſei es denn geſtattet, auf Folgendes hinzuweiſen. Mögen wir ſo oder anders über den Fortſchritt denken, ſich gegen ihn zu ſtemmen vermag Keiner, weder Papſt, Kaiſer, König, Prieſter noch Laie; ſie Alle ſehen das auch längſt ein, obgleich ſie es nicht immer ausſprechen und kundgeben. Unaufhaltſam ver- folgt die Cultur ihren Weg, und ihre Begleiter, die guten und die ſchlimmen, bleiben nicht zurück. Leben wir der Hoff- nung, daß das Menſchengeſchlecht und alles Gute in ihm nicht untergehen wird, leben wir der Ueberzeugung, daß Ver- nunft in der Weltgeſchichte, ein auf das Gute gerichteter Wille und eine das Gute endlich durchſetzende Kraft in ihr waltet, daß unſre Beſtimmung iſt, durch die Cultur zur Natur zurückzukehren, nicht alle Cultur zu verbannen. Sorgen wir alſo nicht um die Weltgeſchicke und tröſten wir uns über jeden zeitweiligen Verfall durch das Vertrauen, daß

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Zitationshilfe: Michelis, Arthur: Reiseschule für Touristen und Curgäste. Leipzig, 1869, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/michelis_reiseschule_1869/288>, abgerufen am 24.11.2024.