Michelis, Arthur: Reiseschule für Touristen und Curgäste. Leipzig, 1869.V. Unwillkommene Sinnesreize -- Curvorstände. unterseeischen Kabeln zu wetteifern. Beiläufig bemerkt: dieMajorität der Menschen kann zur Zeit noch nicht, wie be- hauptet wird, nervenschwach sein, denn sonst wäre es uner- klärlich, daß sie sich von der starknervigen Minderheit der- maßen mißhandeln läßt. Aehnlich ist's im Gebiet des Geruchsinns. Wie sich Wenn es nun aber auch von Bauern nicht zu verlangen V. Unwillkommene Sinnesreize — Curvorſtände. unterſeeiſchen Kabeln zu wetteifern. Beiläufig bemerkt: dieMajorität der Menſchen kann zur Zeit noch nicht, wie be- hauptet wird, nervenſchwach ſein, denn ſonſt wäre es uner- klärlich, daß ſie ſich von der ſtarknervigen Minderheit der- maßen mißhandeln läßt. Aehnlich iſt’s im Gebiet des Geruchſinns. Wie ſich Wenn es nun aber auch von Bauern nicht zu verlangen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0125" n="111"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">V.</hi> Unwillkommene Sinnesreize — Curvorſtände.</fw><lb/> unterſeeiſchen Kabeln zu wetteifern. Beiläufig bemerkt: die<lb/> Majorität der Menſchen kann zur Zeit noch nicht, wie be-<lb/> hauptet wird, nervenſchwach ſein, denn ſonſt wäre es uner-<lb/> klärlich, daß ſie ſich von der ſtarknervigen Minderheit der-<lb/> maßen mißhandeln läßt.</p><lb/> <p>Aehnlich iſt’s im Gebiet des <hi rendition="#g">Geruchſinns</hi>. Wie ſich<lb/> für <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118574930">Ludwig <hi rendition="#aq">XI.</hi></persName> Gefühl der Sicherheit, Rettung aus Gefahr<lb/> und befriedigter Rache an Verräthern in dem Geruche ſym-<lb/> boliſirten, welchen Leichname verbreiteten, die an den<lb/> Bäumen ſeines Schloßparks aufgeknüpft hingen, ſo iſt<lb/> für den Bauer der Düngerduft, in dem ſich ihm die Frucht-<lb/> barkeit ſeiner Felder verſinnlicht, ein ſtets willkommener<lb/> Gefährte. Oft ſieht man deshalb auf Bauerhöfen das<lb/> Wohnzimmer der Familie unmittelbar an dem Platze ange-<lb/> bracht, der für den Abgang der Ställe beſtimmt iſt, wo<lb/> außerdem im Sommer Heere von Fliegen ihr Hauptquartier<lb/> haben und durch Patrouillen unabläſſig die inneren Räume<lb/> beunruhigen.</p><lb/> <p>Wenn es nun aber auch von Bauern nicht zu verlangen<lb/> iſt, ſo ſollte man doch wenigſtens von <hi rendition="#g">Curvorſtänden</hi><lb/> erwarten, daß ſie wüßten, wie werthvoll, wie nothwendig<lb/> Geneſungſuchenden <hi rendition="#g">Ruhe</hi> iſt, und demgemäß Veranſtal-<lb/> tungen träfen. Aber ebenſowenig als Bauern und noch<lb/> weniger als H<hi rendition="#aq">ô</hi>teliers (vgl. <hi rendition="#aq">VI.</hi>) denken viele Vorſtände daran.<lb/> Wie würde ſonſt z. B. geduldet werden, daß am Eingang<lb/> des Hauptſpaziergangs eine Bude für Schießübungen ſteht,<lb/> mit obligatem Getrommel und Kanonenſchlägen? Hier und<lb/> da beſteht ein polizeiliches Verbot des <hi rendition="#g">Peitſchenknallens</hi><lb/> innerhalb der Orte, aber nur auf dem Papiere, gehandhabt<lb/> wird es nirgend. Iſt unter den Sprechern in Landtagen<lb/> und Gemeinden Keiner, der ſich dieſer Miſ<hi rendition="#aq">è</hi>re einmal an-<lb/> nehmen möchte? Viehtreiber, Fuhrleute, Kutſcher, ſobald ſie<lb/> anderen Leuten begegnen, ſcheinen einige weithin dröhnende<lb/> Salutſchüſſe auf der Peitſche für ihre Höflichkeitspflicht anzu-<lb/> ſehen, müßige Straßenbuben ſuchen ſich am liebſten belebte<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [111/0125]
V. Unwillkommene Sinnesreize — Curvorſtände.
unterſeeiſchen Kabeln zu wetteifern. Beiläufig bemerkt: die
Majorität der Menſchen kann zur Zeit noch nicht, wie be-
hauptet wird, nervenſchwach ſein, denn ſonſt wäre es uner-
klärlich, daß ſie ſich von der ſtarknervigen Minderheit der-
maßen mißhandeln läßt.
Aehnlich iſt’s im Gebiet des Geruchſinns. Wie ſich
für Ludwig XI. Gefühl der Sicherheit, Rettung aus Gefahr
und befriedigter Rache an Verräthern in dem Geruche ſym-
boliſirten, welchen Leichname verbreiteten, die an den
Bäumen ſeines Schloßparks aufgeknüpft hingen, ſo iſt
für den Bauer der Düngerduft, in dem ſich ihm die Frucht-
barkeit ſeiner Felder verſinnlicht, ein ſtets willkommener
Gefährte. Oft ſieht man deshalb auf Bauerhöfen das
Wohnzimmer der Familie unmittelbar an dem Platze ange-
bracht, der für den Abgang der Ställe beſtimmt iſt, wo
außerdem im Sommer Heere von Fliegen ihr Hauptquartier
haben und durch Patrouillen unabläſſig die inneren Räume
beunruhigen.
Wenn es nun aber auch von Bauern nicht zu verlangen
iſt, ſo ſollte man doch wenigſtens von Curvorſtänden
erwarten, daß ſie wüßten, wie werthvoll, wie nothwendig
Geneſungſuchenden Ruhe iſt, und demgemäß Veranſtal-
tungen träfen. Aber ebenſowenig als Bauern und noch
weniger als Hôteliers (vgl. VI.) denken viele Vorſtände daran.
Wie würde ſonſt z. B. geduldet werden, daß am Eingang
des Hauptſpaziergangs eine Bude für Schießübungen ſteht,
mit obligatem Getrommel und Kanonenſchlägen? Hier und
da beſteht ein polizeiliches Verbot des Peitſchenknallens
innerhalb der Orte, aber nur auf dem Papiere, gehandhabt
wird es nirgend. Iſt unter den Sprechern in Landtagen
und Gemeinden Keiner, der ſich dieſer Miſère einmal an-
nehmen möchte? Viehtreiber, Fuhrleute, Kutſcher, ſobald ſie
anderen Leuten begegnen, ſcheinen einige weithin dröhnende
Salutſchüſſe auf der Peitſche für ihre Höflichkeitspflicht anzu-
ſehen, müßige Straßenbuben ſuchen ſich am liebſten belebte
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