Drei Umwälzungen hat das denkwürdige Jahr 1848 auf uns einstürmen lassen. Jn dem Wogenschlage der staat- lichen befinden wir uns mitten darinnen; die gesellschaftliche hat uns nur erst in krampfhaften Zuckungen berührt, aber sie steht als das schwärzeste Gewölk am Gesichtskreis der Zu- kunft; die volkliche hat sich bis jetzt in den schmalen Ufern der Gesetzlichkeit gehalten, aber sie läuft auch Gefahr, wie der Deutsche Strom, in den Sand der alten Zustände zu verlaufen.
Der Zweck der gegenwärtigen Schrift ist, in den all- gemeinsten Zügen zu schildern, wie wir den staatlichen Wir- ren am schnellsten entgehen können, wie wir die gesellschaft- lichen Stürme am besten beschwören dürften, wie wir die Deutsche Frage am sichersten zu einer lebensfrischen Lösung bringen müssen. Hauptsächlich soll aber die gesellschaftliche Frage der Gegenstand meiner Betrachtungen und Vorschläge sein, weil ich die feste Ueberzeugung habe, daß die Uebel, an denen unser ganzes großes Volk und unser engerer Staatsverband krankt, am leichtesten durch die Lösung der gesellschaftlichen Frage, im Keime und in ihrem eigentlichen Sitze, erstickt werden können.
Vorwort.
Drei Umwälzungen hat das denkwürdige Jahr 1848 auf uns einſtürmen laſſen. Jn dem Wogenſchlage der ſtaat- lichen befinden wir uns mitten darinnen; die geſellſchaftliche hat uns nur erſt in krampfhaften Zuckungen berührt, aber ſie ſteht als das ſchwärzeſte Gewölk am Geſichtskreis der Zu- kunft; die volkliche hat ſich bis jetzt in den ſchmalen Ufern der Geſetzlichkeit gehalten, aber ſie läuft auch Gefahr, wie der Deutſche Strom, in den Sand der alten Zuſtände zu verlaufen.
Der Zweck der gegenwärtigen Schrift iſt, in den all- gemeinſten Zügen zu ſchildern, wie wir den ſtaatlichen Wir- ren am ſchnellſten entgehen können, wie wir die geſellſchaft- lichen Stürme am beſten beſchwören dürften, wie wir die Deutſche Frage am ſicherſten zu einer lebensfriſchen Löſung bringen müſſen. Hauptſächlich ſoll aber die geſellſchaftliche Frage der Gegenſtand meiner Betrachtungen und Vorſchläge ſein, weil ich die feſte Ueberzeugung habe, daß die Uebel, an denen unſer ganzes großes Volk und unſer engerer Staatsverband krankt, am leichteſten durch die Löſung der geſellſchaftlichen Frage, im Keime und in ihrem eigentlichen Sitze, erſtickt werden können.
<TEI><text><front><pbfacs="#f0007"/><divtype="preface"n="1"><head><hirendition="#b"><hirendition="#g">Vorwort.</hi></hi></head><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><p><hirendition="#in">D</hi>rei Umwälzungen hat das denkwürdige Jahr 1848 auf<lb/>
uns einſtürmen laſſen. Jn dem Wogenſchlage der ſtaat-<lb/>
lichen befinden wir uns mitten darinnen; die geſellſchaftliche hat<lb/>
uns nur erſt in krampfhaften Zuckungen berührt, aber ſie<lb/>ſteht als das ſchwärzeſte Gewölk am Geſichtskreis der Zu-<lb/>
kunft; die volkliche hat ſich bis jetzt in den ſchmalen Ufern<lb/>
der Geſetzlichkeit gehalten, aber ſie läuft auch Gefahr, wie<lb/>
der Deutſche Strom, in den Sand der alten Zuſtände zu<lb/>
verlaufen.</p><lb/><p>Der Zweck der gegenwärtigen Schrift iſt, in den all-<lb/>
gemeinſten Zügen zu ſchildern, wie wir den ſtaatlichen Wir-<lb/>
ren am ſchnellſten entgehen können, wie wir die geſellſchaft-<lb/>
lichen Stürme am beſten beſchwören dürften, wie wir die<lb/>
Deutſche Frage am ſicherſten zu einer lebensfriſchen Löſung<lb/>
bringen müſſen. Hauptſächlich ſoll aber die geſellſchaftliche<lb/>
Frage der Gegenſtand meiner Betrachtungen und Vorſchläge<lb/>ſein, weil ich die feſte Ueberzeugung habe, daß die Uebel,<lb/>
an denen unſer ganzes großes Volk und unſer engerer<lb/>
Staatsverband krankt, am leichteſten durch die Löſung der<lb/>
geſellſchaftlichen Frage, im Keime und in ihrem eigentlichen<lb/>
Sitze, erſtickt werden können.</p><lb/></div></front></text></TEI>
[0007]
Vorwort.
Drei Umwälzungen hat das denkwürdige Jahr 1848 auf
uns einſtürmen laſſen. Jn dem Wogenſchlage der ſtaat-
lichen befinden wir uns mitten darinnen; die geſellſchaftliche hat
uns nur erſt in krampfhaften Zuckungen berührt, aber ſie
ſteht als das ſchwärzeſte Gewölk am Geſichtskreis der Zu-
kunft; die volkliche hat ſich bis jetzt in den ſchmalen Ufern
der Geſetzlichkeit gehalten, aber ſie läuft auch Gefahr, wie
der Deutſche Strom, in den Sand der alten Zuſtände zu
verlaufen.
Der Zweck der gegenwärtigen Schrift iſt, in den all-
gemeinſten Zügen zu ſchildern, wie wir den ſtaatlichen Wir-
ren am ſchnellſten entgehen können, wie wir die geſellſchaft-
lichen Stürme am beſten beſchwören dürften, wie wir die
Deutſche Frage am ſicherſten zu einer lebensfriſchen Löſung
bringen müſſen. Hauptſächlich ſoll aber die geſellſchaftliche
Frage der Gegenſtand meiner Betrachtungen und Vorſchläge
ſein, weil ich die feſte Ueberzeugung habe, daß die Uebel,
an denen unſer ganzes großes Volk und unſer engerer
Staatsverband krankt, am leichteſten durch die Löſung der
geſellſchaftlichen Frage, im Keime und in ihrem eigentlichen
Sitze, erſtickt werden können.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Michelet, Karl Ludwig: Die Lösung der gesellschaftlichen Frage. Frankfurt (Oder) u. a., 1849, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/michelet_loesung_1849/7>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.