Michelet, Karl Ludwig: Die Lösung der gesellschaftlichen Frage. Frankfurt (Oder) u. a., 1849.kommen, wenn die Regierung die gesetzlich zusammenberufene ver- Festigkeit erlangt die Verfassung eines Volkes unmöglich an- kommen, wenn die Regierung die geſetzlich zuſammenberufene ver- Feſtigkeit erlangt die Verfaſſung eines Volkes unmöglich an- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0032" n="22"/> kommen, wenn die Regierung die geſetzlich zuſammenberufene ver-<lb/> faſſungsgründende Volksvertretung ſo ſchmählig behandelt? Um<lb/> ein Paar Straßenaufläufe in der Hauptſtadt — nicht zu unter-<lb/> drücken (denn ſie waren es), ſondern in der Folge zu verhindern,<lb/> hat man eine Staatsumwälzung gemacht, das ganze Land in<lb/> Flammen geſetzt, und kann ſich nur mit Belagerungszuſtänden helfen.<lb/> Das iſt die nothwendige Folge davon, wenn man ſein Recht nicht<lb/> auf dem Wege des Rechts, ſondern der Gewalt durchſetzen will.<lb/> Niemals hat die Verſammlung die Rechte der Krone verletzt.<lb/> Halten wir auch die Vereinbarung nicht in der freiſinnigen Be-<lb/> deutung, wie ſelbſt das frühere öſterreichiſche Miniſterium ſie ge-<lb/> nommen, als freie Genehmigung des von der Verſammlung<lb/> Beſchloſſenen feſt, was hätte nach der Auslegung Pfuels wenig-<lb/> ſtens geſchehen müſſen? War die Verſammlung mit der Verfaſ-<lb/> ſung fertig, — und vom 9. bis 27. November hätte ſie ein gutes<lb/> Stück vorſchreiten, bis zum Ende des Jahres ſie vollenden kön-<lb/> nen, — und glaubten dann die Miniſter der Krone rathen zu<lb/> müſſen, manchen Beſtimmungen ihre Zuſtimmung zu verſagen, ſo<lb/> konnten dieſe Paragraphen noch einmal an die Verſammlung zu-<lb/> rückgehen, wie dies beim Geſetz über die Todesſtrafe bereits ge-<lb/> ſchehen war. Und dann? Gaben, die Verſammlung und die<lb/> Krone, Beide nicht nach, nun ſo konnte die Verfaſſung ins Leben<lb/> treten bis auf die ſtreitigen Punkte, und dieſe der Reviſion durch<lb/> die erſte Geſetzgebung überlaſſen bleiben. Aber vereinbarte Ge-<lb/> ſetze, wie das Wahlgeſetz vom 8. April und das zum Schutz der<lb/> perſönlichen Freiheit, einſeitig aufheben, und noch eine ganze Reihe<lb/> von Verfaſſungs-Geſetzen ebenſo einſeitig erlaſſen, nachdem nicht<lb/> nur das Geſetz vom 6. April 1848, „Ueber einige Grundlagen<lb/> der Preußiſchen Verfaſſung‟, ſondern ſchon die frühere Verfaſſung<lb/> die Erklärung der Stände <hi rendition="#g">vor</hi> dem Erlaſſe verlangte, — heißt<lb/> das nicht das ganze Gebäude der Verfaſſung auf den Flugſand-<lb/> boden der Willkür errichten? Und muß da nicht der erſte äußere<lb/> oder innere Sturm es wieder umwehen?</p><lb/> <p>Feſtigkeit erlangt die Verfaſſung eines Volkes unmöglich an-<lb/> ders, als wenn ſie im Jnnern ſeines Geiſtes wurzelt. Wie kann<lb/> ſie das aber, wenn ſie nicht auf dieſem Boden gewachſen iſt?<lb/> Will die Regierung beurtheilen, ob eine dieſem oder jenem Volke<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [22/0032]
kommen, wenn die Regierung die geſetzlich zuſammenberufene ver-
faſſungsgründende Volksvertretung ſo ſchmählig behandelt? Um
ein Paar Straßenaufläufe in der Hauptſtadt — nicht zu unter-
drücken (denn ſie waren es), ſondern in der Folge zu verhindern,
hat man eine Staatsumwälzung gemacht, das ganze Land in
Flammen geſetzt, und kann ſich nur mit Belagerungszuſtänden helfen.
Das iſt die nothwendige Folge davon, wenn man ſein Recht nicht
auf dem Wege des Rechts, ſondern der Gewalt durchſetzen will.
Niemals hat die Verſammlung die Rechte der Krone verletzt.
Halten wir auch die Vereinbarung nicht in der freiſinnigen Be-
deutung, wie ſelbſt das frühere öſterreichiſche Miniſterium ſie ge-
nommen, als freie Genehmigung des von der Verſammlung
Beſchloſſenen feſt, was hätte nach der Auslegung Pfuels wenig-
ſtens geſchehen müſſen? War die Verſammlung mit der Verfaſ-
ſung fertig, — und vom 9. bis 27. November hätte ſie ein gutes
Stück vorſchreiten, bis zum Ende des Jahres ſie vollenden kön-
nen, — und glaubten dann die Miniſter der Krone rathen zu
müſſen, manchen Beſtimmungen ihre Zuſtimmung zu verſagen, ſo
konnten dieſe Paragraphen noch einmal an die Verſammlung zu-
rückgehen, wie dies beim Geſetz über die Todesſtrafe bereits ge-
ſchehen war. Und dann? Gaben, die Verſammlung und die
Krone, Beide nicht nach, nun ſo konnte die Verfaſſung ins Leben
treten bis auf die ſtreitigen Punkte, und dieſe der Reviſion durch
die erſte Geſetzgebung überlaſſen bleiben. Aber vereinbarte Ge-
ſetze, wie das Wahlgeſetz vom 8. April und das zum Schutz der
perſönlichen Freiheit, einſeitig aufheben, und noch eine ganze Reihe
von Verfaſſungs-Geſetzen ebenſo einſeitig erlaſſen, nachdem nicht
nur das Geſetz vom 6. April 1848, „Ueber einige Grundlagen
der Preußiſchen Verfaſſung‟, ſondern ſchon die frühere Verfaſſung
die Erklärung der Stände vor dem Erlaſſe verlangte, — heißt
das nicht das ganze Gebäude der Verfaſſung auf den Flugſand-
boden der Willkür errichten? Und muß da nicht der erſte äußere
oder innere Sturm es wieder umwehen?
Feſtigkeit erlangt die Verfaſſung eines Volkes unmöglich an-
ders, als wenn ſie im Jnnern ſeines Geiſtes wurzelt. Wie kann
ſie das aber, wenn ſie nicht auf dieſem Boden gewachſen iſt?
Will die Regierung beurtheilen, ob eine dieſem oder jenem Volke
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