Meyr, Melchior: Der Sieg des Schwachen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 9. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 47–255. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.herausgehen -- aber das war ja gerade das Unmögliche! Wenn er nach Allem, was bisher geschehen und was er jetzt wieder versprochen hatte, vor seinen Vater hintrat und ihm erklärte, er wolle die Pfarrmagd heirathen -- den Auftritt, den es da gab, wollte er nicht einmal denken, geschweige denn erleben! Wenn er's aber doch that, so half es nichts, denn der Alte gab nach einem solchen Auftritt nur um so weniger nach. -- Es war ihm, als ob ihm Hände und Füße mit Stricken gebunden wären und er nichts thun könnte, als ruhig dasitzen und Alles über sich ergehen lassen. Eine Zeitlang gab er sich stillem Brüten hin und kostete das Gefühl der Rettungslosigkeit von Grund aus. Dann raffte er sich auf und arbeitete an dem Leibchen, und nähte hastige Stiche und riß wiederholt den Faden ab. Es war zu arg, wie es ihm ging! Sein Lebelang war er schlecht behandelt worden, und während Andere ihr Glück machten, hatte er nur Verdruß und Unehr' gehabt in der Welt. Und jetzt, wo auch er glücklich werden konnte, sollte er dies expreß nicht, nein, sondern unglücklich sollte er werden! Das war ja doch um ins Wasser zu springen. Wahrhaftig, wenn er ein rechter Kerl war, lief er jetzt fort und machte seinem Leben ein Ende! Gab's noch einen Menschen wie er einer war? Der Teufel hatte sein Spiel mit ihm ganz extra! Nur ihm sollte alles conträr gehen -- sonst Niemand! -- Der gute Tobias, auf dieser Höhe des Zorns angekommen, stieß einen Fluch aus, der einem Stärkern Ehre herausgehen — aber das war ja gerade das Unmögliche! Wenn er nach Allem, was bisher geschehen und was er jetzt wieder versprochen hatte, vor seinen Vater hintrat und ihm erklärte, er wolle die Pfarrmagd heirathen — den Auftritt, den es da gab, wollte er nicht einmal denken, geschweige denn erleben! Wenn er's aber doch that, so half es nichts, denn der Alte gab nach einem solchen Auftritt nur um so weniger nach. — Es war ihm, als ob ihm Hände und Füße mit Stricken gebunden wären und er nichts thun könnte, als ruhig dasitzen und Alles über sich ergehen lassen. Eine Zeitlang gab er sich stillem Brüten hin und kostete das Gefühl der Rettungslosigkeit von Grund aus. Dann raffte er sich auf und arbeitete an dem Leibchen, und nähte hastige Stiche und riß wiederholt den Faden ab. Es war zu arg, wie es ihm ging! Sein Lebelang war er schlecht behandelt worden, und während Andere ihr Glück machten, hatte er nur Verdruß und Unehr' gehabt in der Welt. Und jetzt, wo auch er glücklich werden konnte, sollte er dies expreß nicht, nein, sondern unglücklich sollte er werden! Das war ja doch um ins Wasser zu springen. Wahrhaftig, wenn er ein rechter Kerl war, lief er jetzt fort und machte seinem Leben ein Ende! Gab's noch einen Menschen wie er einer war? Der Teufel hatte sein Spiel mit ihm ganz extra! Nur ihm sollte alles conträr gehen — sonst Niemand! — Der gute Tobias, auf dieser Höhe des Zorns angekommen, stieß einen Fluch aus, der einem Stärkern Ehre <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="2"> <p><pb facs="#f0043"/> herausgehen — aber das war ja gerade das Unmögliche! Wenn er nach Allem, was bisher geschehen und was er jetzt wieder versprochen hatte, vor seinen Vater hintrat und ihm erklärte, er wolle die Pfarrmagd heirathen — den Auftritt, den es da gab, wollte er nicht einmal denken, geschweige denn erleben! Wenn er's aber doch that, so half es nichts, denn der Alte gab nach einem solchen Auftritt nur um so weniger nach. — Es war ihm, als ob ihm Hände und Füße mit Stricken gebunden wären und er nichts thun könnte, als ruhig dasitzen und Alles über sich ergehen lassen. Eine Zeitlang gab er sich stillem Brüten hin und kostete das Gefühl der Rettungslosigkeit von Grund aus. Dann raffte er sich auf und arbeitete an dem Leibchen, und nähte hastige Stiche und riß wiederholt den Faden ab. Es war zu arg, wie es ihm ging! Sein Lebelang war er schlecht behandelt worden, und während Andere ihr Glück machten, hatte er nur Verdruß und Unehr' gehabt in der Welt. Und jetzt, wo auch er glücklich werden konnte, sollte er dies expreß nicht, nein, sondern unglücklich sollte er werden! Das war ja doch um ins Wasser zu springen. Wahrhaftig, wenn er ein rechter Kerl war, lief er jetzt fort und machte seinem Leben ein Ende! Gab's noch einen Menschen wie er einer war? Der Teufel hatte sein Spiel mit ihm ganz extra! Nur ihm sollte alles conträr gehen — sonst Niemand! — Der gute Tobias, auf dieser Höhe des Zorns angekommen, stieß einen Fluch aus, der einem Stärkern Ehre<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0043]
herausgehen — aber das war ja gerade das Unmögliche! Wenn er nach Allem, was bisher geschehen und was er jetzt wieder versprochen hatte, vor seinen Vater hintrat und ihm erklärte, er wolle die Pfarrmagd heirathen — den Auftritt, den es da gab, wollte er nicht einmal denken, geschweige denn erleben! Wenn er's aber doch that, so half es nichts, denn der Alte gab nach einem solchen Auftritt nur um so weniger nach. — Es war ihm, als ob ihm Hände und Füße mit Stricken gebunden wären und er nichts thun könnte, als ruhig dasitzen und Alles über sich ergehen lassen. Eine Zeitlang gab er sich stillem Brüten hin und kostete das Gefühl der Rettungslosigkeit von Grund aus. Dann raffte er sich auf und arbeitete an dem Leibchen, und nähte hastige Stiche und riß wiederholt den Faden ab. Es war zu arg, wie es ihm ging! Sein Lebelang war er schlecht behandelt worden, und während Andere ihr Glück machten, hatte er nur Verdruß und Unehr' gehabt in der Welt. Und jetzt, wo auch er glücklich werden konnte, sollte er dies expreß nicht, nein, sondern unglücklich sollte er werden! Das war ja doch um ins Wasser zu springen. Wahrhaftig, wenn er ein rechter Kerl war, lief er jetzt fort und machte seinem Leben ein Ende! Gab's noch einen Menschen wie er einer war? Der Teufel hatte sein Spiel mit ihm ganz extra! Nur ihm sollte alles conträr gehen — sonst Niemand! — Der gute Tobias, auf dieser Höhe des Zorns angekommen, stieß einen Fluch aus, der einem Stärkern Ehre
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription.
(2017-03-15T14:49:07Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2017-03-15T14:49:07Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |