Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meyr, Melchior: Der Sieg des Schwachen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 9. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 47–255. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

er daran zu schlucken hatte. Endlich kriegte er's genug, und er rief zum Leard: Halt's Maul jetzt! Ich hab' das dumme Gered' satt! Der Leard gab nicht nach. Nochmal rief er ihm zu: Halt's Maul, oder es reut dich! Der Leard lachte laut und fing wieder an. Da war's mit seiner Geduld zu Ende; um nicht lange herumzufackeln, ergriff er den Maßkrug, holte aus und schlug den Kerl auf den Kopf, daß er ins Gras hinpurzelte. -- Alle sprangen auf und schrieen: Auf ihn! Er hat den Leard todtgeschlagen' Haut ihn nieder! -- Aber solch Geplärr konnt' ihn nicht aus der Fassung bringen; er trat zurück, schwang den Krug und rief: Drei Schritt' vom Leib! Wer mich anrührt, ist des Todes! -- Die Bosheit und die Wuth trieben doch ein paar Bursche vorwärts, obwohl ihnen der Schrecken aus dem Gesichte sah; grimmig gingen sie auf ihn los, der Kampf begann -- und ihm gelangen die größten Thaten seines Lebens.

Den Ersten schlug er ins Gesicht, daß er rückwärts auf die Andern stürzte und das Blut ihm aus der Nase lief. Dem Andern gab er eins hinter die Ohren, daß er taumelte, mit dem Gesicht auf den Boden fiel und Ach und Weh schrie. Nun wurden die Uebrigen rasend, einer hetzte den andern, und auf einmal stürzten sie Alle zugleich gegen ihn. Da half kein Feiern! Er setzte mit der Schnelligkeit des Blitzes und mit ungeheurer Kraft den Krug in Schwung, daß er umging wie ein Triebrad und es ganz unmöglich war, ihm anzukommen.

er daran zu schlucken hatte. Endlich kriegte er's genug, und er rief zum Leard: Halt's Maul jetzt! Ich hab' das dumme Gered' satt! Der Leard gab nicht nach. Nochmal rief er ihm zu: Halt's Maul, oder es reut dich! Der Leard lachte laut und fing wieder an. Da war's mit seiner Geduld zu Ende; um nicht lange herumzufackeln, ergriff er den Maßkrug, holte aus und schlug den Kerl auf den Kopf, daß er ins Gras hinpurzelte. — Alle sprangen auf und schrieen: Auf ihn! Er hat den Leard todtgeschlagen' Haut ihn nieder! — Aber solch Geplärr konnt' ihn nicht aus der Fassung bringen; er trat zurück, schwang den Krug und rief: Drei Schritt' vom Leib! Wer mich anrührt, ist des Todes! — Die Bosheit und die Wuth trieben doch ein paar Bursche vorwärts, obwohl ihnen der Schrecken aus dem Gesichte sah; grimmig gingen sie auf ihn los, der Kampf begann — und ihm gelangen die größten Thaten seines Lebens.

Den Ersten schlug er ins Gesicht, daß er rückwärts auf die Andern stürzte und das Blut ihm aus der Nase lief. Dem Andern gab er eins hinter die Ohren, daß er taumelte, mit dem Gesicht auf den Boden fiel und Ach und Weh schrie. Nun wurden die Uebrigen rasend, einer hetzte den andern, und auf einmal stürzten sie Alle zugleich gegen ihn. Da half kein Feiern! Er setzte mit der Schnelligkeit des Blitzes und mit ungeheurer Kraft den Krug in Schwung, daß er umging wie ein Triebrad und es ganz unmöglich war, ihm anzukommen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="4">
        <p><pb facs="#f0148"/>
er      daran zu schlucken hatte. Endlich kriegte er's genug, und er rief zum Leard: Halt's Maul jetzt!      Ich hab' das dumme Gered' satt! Der Leard gab nicht nach. Nochmal rief er ihm zu: Halt's Maul,      oder es reut dich! Der Leard lachte laut und fing wieder an. Da war's mit seiner Geduld zu      Ende; um nicht lange herumzufackeln, ergriff er den Maßkrug, holte aus und schlug den Kerl auf      den Kopf, daß er ins Gras hinpurzelte. &#x2014; Alle sprangen auf und schrieen: Auf ihn! Er hat den      Leard todtgeschlagen' Haut ihn nieder! &#x2014; Aber solch Geplärr konnt' ihn nicht aus der Fassung      bringen; er trat zurück, schwang den Krug und rief: Drei Schritt' vom Leib! Wer mich anrührt,      ist des Todes! &#x2014; Die Bosheit und die Wuth trieben doch ein paar Bursche vorwärts, obwohl ihnen      der Schrecken aus dem Gesichte sah; grimmig gingen sie auf ihn los, der Kampf begann &#x2014; und ihm      gelangen die größten Thaten seines Lebens.</p><lb/>
        <p>Den Ersten schlug er ins Gesicht, daß er rückwärts auf die Andern stürzte und das Blut ihm      aus der Nase lief. Dem Andern gab er eins hinter die Ohren, daß er taumelte, mit dem Gesicht      auf den Boden fiel und Ach und Weh schrie. Nun wurden die Uebrigen rasend, einer hetzte den      andern, und auf einmal stürzten sie Alle zugleich gegen ihn. Da half kein Feiern! Er setzte mit      der Schnelligkeit des Blitzes und mit ungeheurer Kraft den Krug in Schwung, daß er umging wie      ein Triebrad und es ganz unmöglich war, ihm anzukommen.<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0148] er daran zu schlucken hatte. Endlich kriegte er's genug, und er rief zum Leard: Halt's Maul jetzt! Ich hab' das dumme Gered' satt! Der Leard gab nicht nach. Nochmal rief er ihm zu: Halt's Maul, oder es reut dich! Der Leard lachte laut und fing wieder an. Da war's mit seiner Geduld zu Ende; um nicht lange herumzufackeln, ergriff er den Maßkrug, holte aus und schlug den Kerl auf den Kopf, daß er ins Gras hinpurzelte. — Alle sprangen auf und schrieen: Auf ihn! Er hat den Leard todtgeschlagen' Haut ihn nieder! — Aber solch Geplärr konnt' ihn nicht aus der Fassung bringen; er trat zurück, schwang den Krug und rief: Drei Schritt' vom Leib! Wer mich anrührt, ist des Todes! — Die Bosheit und die Wuth trieben doch ein paar Bursche vorwärts, obwohl ihnen der Schrecken aus dem Gesichte sah; grimmig gingen sie auf ihn los, der Kampf begann — und ihm gelangen die größten Thaten seines Lebens. Den Ersten schlug er ins Gesicht, daß er rückwärts auf die Andern stürzte und das Blut ihm aus der Nase lief. Dem Andern gab er eins hinter die Ohren, daß er taumelte, mit dem Gesicht auf den Boden fiel und Ach und Weh schrie. Nun wurden die Uebrigen rasend, einer hetzte den andern, und auf einmal stürzten sie Alle zugleich gegen ihn. Da half kein Feiern! Er setzte mit der Schnelligkeit des Blitzes und mit ungeheurer Kraft den Krug in Schwung, daß er umging wie ein Triebrad und es ganz unmöglich war, ihm anzukommen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T14:49:07Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T14:49:07Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meyr_schwachen_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meyr_schwachen_1910/148
Zitationshilfe: Meyr, Melchior: Der Sieg des Schwachen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 9. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 47–255. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyr_schwachen_1910/148>, abgerufen am 27.11.2024.