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Meyr, Melchior: Der Sieg des Schwachen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 9. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 47–255. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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daß es nicht geschehen war. Ein verwünschter Handel, und ein Elend, so einen Menschen zum Sohn zu haben! -- In den Tiefen seiner Seele über den Ungehorsam und den Betrug entrüstet, andererseits aber von der Thatsache erfüllt, daß er's ihm doch infam eingetränkt habe, wußte er jetzt nicht recht, was er thun sollte, und griff auch seinerseits zu dem Auskunftsmittel, seine Gefühle hinter tiefernsten Mienen zu verbergen.

Daß der Alte und Tobias "solche Gesichter machten", fiel der Walpurg auf; allein sie hatte, im ersten Schlafe liegend, von dem Auftritt auf der Gasse so wenig vernommen wie Kaspar, und wenn sie nun auch denken mußte, daß die Beiden wieder einen Stuß mit einander gehabt, so war ihre Seele doch weit entfernt, die Wahrheit zu errathen.

Nachdem die Löffel am Tischtuch abgewischt und in die Tischlade gelegt waren, ordnete der Vater die Arbeiten des Tages an, und die ganze Familie begab sich auf die Wiese. Hier führte Tobias seinen Theil regelmäßig aus, indem er den Ernst und die würdige Ruhe, die er angenommen hatte, zu behaupten wußte. Der Alte, nachdem er ihn einmal prüfend von der Seite angesehen, schüttelte den Kopf. Er begriff nicht, wie der Bursch zu einem Gesicht kam, das mit sich und seinem Schicksal zufrieden schien. Er hatte gemeint, er würde heute noch viel schlimmer aussehen, als nach dem Auftritt im Garten; und jetzt schien er' völlig getröstet zu sein! Sogar eine gesunde Farbe hatte er und bewegte seine

daß es nicht geschehen war. Ein verwünschter Handel, und ein Elend, so einen Menschen zum Sohn zu haben! — In den Tiefen seiner Seele über den Ungehorsam und den Betrug entrüstet, andererseits aber von der Thatsache erfüllt, daß er's ihm doch infam eingetränkt habe, wußte er jetzt nicht recht, was er thun sollte, und griff auch seinerseits zu dem Auskunftsmittel, seine Gefühle hinter tiefernsten Mienen zu verbergen.

Daß der Alte und Tobias „solche Gesichter machten“, fiel der Walpurg auf; allein sie hatte, im ersten Schlafe liegend, von dem Auftritt auf der Gasse so wenig vernommen wie Kaspar, und wenn sie nun auch denken mußte, daß die Beiden wieder einen Stuß mit einander gehabt, so war ihre Seele doch weit entfernt, die Wahrheit zu errathen.

Nachdem die Löffel am Tischtuch abgewischt und in die Tischlade gelegt waren, ordnete der Vater die Arbeiten des Tages an, und die ganze Familie begab sich auf die Wiese. Hier führte Tobias seinen Theil regelmäßig aus, indem er den Ernst und die würdige Ruhe, die er angenommen hatte, zu behaupten wußte. Der Alte, nachdem er ihn einmal prüfend von der Seite angesehen, schüttelte den Kopf. Er begriff nicht, wie der Bursch zu einem Gesicht kam, das mit sich und seinem Schicksal zufrieden schien. Er hatte gemeint, er würde heute noch viel schlimmer aussehen, als nach dem Auftritt im Garten; und jetzt schien er' völlig getröstet zu sein! Sogar eine gesunde Farbe hatte er und bewegte seine

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[0119] daß es nicht geschehen war. Ein verwünschter Handel, und ein Elend, so einen Menschen zum Sohn zu haben! — In den Tiefen seiner Seele über den Ungehorsam und den Betrug entrüstet, andererseits aber von der Thatsache erfüllt, daß er's ihm doch infam eingetränkt habe, wußte er jetzt nicht recht, was er thun sollte, und griff auch seinerseits zu dem Auskunftsmittel, seine Gefühle hinter tiefernsten Mienen zu verbergen. Daß der Alte und Tobias „solche Gesichter machten“, fiel der Walpurg auf; allein sie hatte, im ersten Schlafe liegend, von dem Auftritt auf der Gasse so wenig vernommen wie Kaspar, und wenn sie nun auch denken mußte, daß die Beiden wieder einen Stuß mit einander gehabt, so war ihre Seele doch weit entfernt, die Wahrheit zu errathen. Nachdem die Löffel am Tischtuch abgewischt und in die Tischlade gelegt waren, ordnete der Vater die Arbeiten des Tages an, und die ganze Familie begab sich auf die Wiese. Hier führte Tobias seinen Theil regelmäßig aus, indem er den Ernst und die würdige Ruhe, die er angenommen hatte, zu behaupten wußte. Der Alte, nachdem er ihn einmal prüfend von der Seite angesehen, schüttelte den Kopf. Er begriff nicht, wie der Bursch zu einem Gesicht kam, das mit sich und seinem Schicksal zufrieden schien. Er hatte gemeint, er würde heute noch viel schlimmer aussehen, als nach dem Auftritt im Garten; und jetzt schien er' völlig getröstet zu sein! Sogar eine gesunde Farbe hatte er und bewegte seine

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T14:49:07Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T14:49:07Z)

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Zitationshilfe: Meyr, Melchior: Der Sieg des Schwachen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 9. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 47–255. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyr_schwachen_1910/119>, abgerufen am 27.11.2024.