Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meyfart, Johann Matthäus: Teutsche Rhetorica. Coburg, 1634.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>
Das 28. Capitel/ der
Gebrauch.

Diese Figur ist sehr schön vnd dapffer;
am meisten aber scharff vnd hefftig. Wo
die Rede dapffer vnd ernstlich seyn sol/ müs-
sen auch die Glieder der Rede länger seyn. A-
ber wo die Reden hefftig vnd geschwind/ vnd
der Redener gezancket hat müssen die Glieder
der Rede kürtzer seyn.

Wer diese Figur gar zu offt brauchet/
ist entweder gar nicht gelehret in der Rede-
kunst/ oder in seinen Gedancken verwirret/
oder zum wenigsten in dem Gehirn verwun-
det. Es ist mir sehr leyd/ daß in dem ersten
Theil deß Mellificij Omtorij wider mein stetes
Abwarnen ein schlecht geübter Autor, der mit
dieser Figur fast immerdar rauschet/ ist ein-
gemischet/ vnd der vnverstendigen Jugend
auffgetrungen worden. Mir gefället wohl/
daß gelehrte Leute auff Academien über den-
selbigen vngeschlachten Oratoren klagen/
inmassen ich in Newlichheit er-
fahren.


Das
Das 28. Capitel/ der
Gebrauch.

Dieſe Figur iſt ſehr ſchoͤn vnd dapffer;
am meiſten aber ſcharff vnd hefftig. Wo
die Rede dapffer vnd ernſtlich ſeyn ſol/ muͤſ-
ſen auch die Glieder der Rede laͤnger ſeyn. A-
ber wo die Reden hefftig vnd geſchwind/ vnd
der Redener gezancket hat muͤſſen die Glieder
der Rede kuͤrtzer ſeyn.

Wer dieſe Figur gar zu offt brauchet/
iſt entweder gar nicht gelehret in der Rede-
kunſt/ oder in ſeinen Gedancken verwirꝛet/
oder zum wenigſten in dem Gehirn verwun-
det. Es iſt mir ſehr leyd/ daß in dem erſten
Theil deß Mellificij Omtorij wider mein ſtetes
Abwarnen ein ſchlecht geuͤbter Autor, der mit
dieſer Figur faſt immerdar rauſchet/ iſt ein-
gemiſchet/ vnd der vnverſtendigen Jugend
auffgetrungen worden. Mir gefaͤllet wohl/
daß gelehrte Leute auff Academien uͤber den-
ſelbigen vngeſchlachten Oratoren klagen/
inmaſſen ich in Newlichheit er-
fahren.


Das
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0314" n="294"/>
          <fw place="top" type="header">Das 28. Capitel/ der</fw><lb/>
          <note place="left">Gebrauch.</note>
          <p>Die&#x017F;e Figur i&#x017F;t &#x017F;ehr &#x017F;cho&#x0364;n vnd dapffer;<lb/>
am mei&#x017F;ten aber &#x017F;charff vnd hefftig. Wo<lb/>
die Rede dapffer vnd ern&#x017F;tlich &#x017F;eyn &#x017F;ol/ mu&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en auch die Glieder der Rede la&#x0364;nger &#x017F;eyn. A-<lb/>
ber wo die Reden hefftig vnd ge&#x017F;chwind/ vnd<lb/>
der Redener gezancket hat mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en die Glieder<lb/>
der Rede ku&#x0364;rtzer &#x017F;eyn.</p><lb/>
          <p>Wer die&#x017F;e Figur gar zu offt brauchet/<lb/>
i&#x017F;t entweder gar nicht gelehret in der Rede-<lb/>
kun&#x017F;t/ oder in &#x017F;einen Gedancken verwir&#xA75B;et/<lb/>
oder zum wenig&#x017F;ten in dem Gehirn verwun-<lb/>
det. Es i&#x017F;t mir &#x017F;ehr leyd/ daß in dem er&#x017F;ten<lb/>
Theil deß <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Mellificij Omtorij</hi></hi> wider mein &#x017F;tetes<lb/>
Abwarnen ein &#x017F;chlecht geu&#x0364;bter <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Autor</hi>,</hi> der mit<lb/>
die&#x017F;er Figur fa&#x017F;t immerdar rau&#x017F;chet/ i&#x017F;t ein-<lb/>
gemi&#x017F;chet/ vnd der vnver&#x017F;tendigen Jugend<lb/>
auffgetrungen worden. Mir gefa&#x0364;llet wohl/<lb/>
daß gelehrte Leute auff Academien u&#x0364;ber den-<lb/><hi rendition="#c">&#x017F;elbigen vnge&#x017F;chlachten Oratoren klagen/<lb/>
inma&#x017F;&#x017F;en ich in Newlichheit er-<lb/>
fahren.</hi></p>
        </div>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Das</hi> </fw><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[294/0314] Das 28. Capitel/ der Dieſe Figur iſt ſehr ſchoͤn vnd dapffer; am meiſten aber ſcharff vnd hefftig. Wo die Rede dapffer vnd ernſtlich ſeyn ſol/ muͤſ- ſen auch die Glieder der Rede laͤnger ſeyn. A- ber wo die Reden hefftig vnd geſchwind/ vnd der Redener gezancket hat muͤſſen die Glieder der Rede kuͤrtzer ſeyn. Wer dieſe Figur gar zu offt brauchet/ iſt entweder gar nicht gelehret in der Rede- kunſt/ oder in ſeinen Gedancken verwirꝛet/ oder zum wenigſten in dem Gehirn verwun- det. Es iſt mir ſehr leyd/ daß in dem erſten Theil deß Mellificij Omtorij wider mein ſtetes Abwarnen ein ſchlecht geuͤbter Autor, der mit dieſer Figur faſt immerdar rauſchet/ iſt ein- gemiſchet/ vnd der vnverſtendigen Jugend auffgetrungen worden. Mir gefaͤllet wohl/ daß gelehrte Leute auff Academien uͤber den- ſelbigen vngeſchlachten Oratoren klagen/ inmaſſen ich in Newlichheit er- fahren. Das

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meyfart_rhetorica_1634
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meyfart_rhetorica_1634/314
Zitationshilfe: Meyfart, Johann Matthäus: Teutsche Rhetorica. Coburg, 1634, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyfart_rhetorica_1634/314>, abgerufen am 17.05.2024.