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Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759.

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Vorrede.
Führung der Seelen zu seinem Nu-
tzen und Segen anwenden sollte.

Es wird ein jeder Leser, der nur
die erste Züge und Gänge der Gna-
de aus Erfahrung kennt, mit mir
einstimmig seyn, daß kein, auch
der größte Sünder in die Ewigkeit
übergehe, der nicht vielmahl in
der Zeit der Langmuth von der Gna-
de gezogen, und durch vielerley
Mittel zur Bekehrung gelocket wor-
den. Was ist der Grund, daß
von diesen so unendlich viele ohne
Bekehrung bleiben, und nie zu dem
Leben der Gnade kommen? Jch
glaube, eine grosse Ursache seye
neben andern diese: Daß solche
Menschen die Arbeiten der Gnade,
die zur Aufweckung und Bekehrung
so öfters um ihr Heyl sich bemühen,
weder wahrgenommen und erken-
net, noch ihre eigentliche Absich-
ten begriffen haben. Man lässet
sich öfters im Gewissen rühren, be-
strafen und ziehen, man merkt

aber
C 3

Vorrede.
Fuͤhrung der Seelen zu ſeinem Nu-
tzen und Segen anwenden ſollte.

Es wird ein jeder Leſer, der nur
die erſte Zuͤge und Gaͤnge der Gna-
de aus Erfahrung kennt, mit mir
einſtimmig ſeyn, daß kein, auch
der groͤßte Suͤnder in die Ewigkeit
uͤbergehe, der nicht vielmahl in
der Zeit der Langmuth von der Gna-
de gezogen, und durch vielerley
Mittel zur Bekehrung gelocket wor-
den. Was iſt der Grund, daß
von dieſen ſo unendlich viele ohne
Bekehrung bleiben, und nie zu dem
Leben der Gnade kommen? Jch
glaube, eine groſſe Urſache ſeye
neben andern dieſe: Daß ſolche
Menſchen die Arbeiten der Gnade,
die zur Aufweckung und Bekehrung
ſo oͤfters um ihr Heyl ſich bemuͤhen,
weder wahrgenommen und erken-
net, noch ihre eigentliche Abſich-
ten begriffen haben. Man laͤſſet
ſich oͤfters im Gewiſſen ruͤhren, be-
ſtrafen und ziehen, man merkt

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[0041] Vorrede. Fuͤhrung der Seelen zu ſeinem Nu- tzen und Segen anwenden ſollte. Es wird ein jeder Leſer, der nur die erſte Zuͤge und Gaͤnge der Gna- de aus Erfahrung kennt, mit mir einſtimmig ſeyn, daß kein, auch der groͤßte Suͤnder in die Ewigkeit uͤbergehe, der nicht vielmahl in der Zeit der Langmuth von der Gna- de gezogen, und durch vielerley Mittel zur Bekehrung gelocket wor- den. Was iſt der Grund, daß von dieſen ſo unendlich viele ohne Bekehrung bleiben, und nie zu dem Leben der Gnade kommen? Jch glaube, eine groſſe Urſache ſeye neben andern dieſe: Daß ſolche Menſchen die Arbeiten der Gnade, die zur Aufweckung und Bekehrung ſo oͤfters um ihr Heyl ſich bemuͤhen, weder wahrgenommen und erken- net, noch ihre eigentliche Abſich- ten begriffen haben. Man laͤſſet ſich oͤfters im Gewiſſen ruͤhren, be- ſtrafen und ziehen, man merkt aber C 3

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Zitationshilfe: Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_wiedergebohrne_1759/41>, abgerufen am 28.03.2024.