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Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759.

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Der grossen und seligen
hen, haben es gemacht, eben wie wir, sie
werden ja eben sowol wollen selig werden
als wir. Andere meynen, was sie sich in
denen besten Jahren so viele Mühe geben
wollen, selig zu werden, und sich wegen ih-
ren Sünden vor der Zeit zu grämen, es
werde noch Zeit genug seyn, und sich noch
manche Gelegenheit zur Bekehrung zeigen,
man müßte zuerst die Alten lassen Busse
thun, ehe man es von denen Jungen for-
dere. Manchem, der eben nicht so, wie
andere schon verhärtet ist, giebt der Feind
ein: Wenn du schon jetzt bekehret wirst, so
wirst du doch nicht aushalten, die viele Hin-
dernisse, die du in deinen jungen Jahren
hast, die Macht deines Fleisches, der Welt,
und der bösen Gewohnheiten derselben, wer-
den dich wieder hinreissen, und deine Ver-
dammniß wird alsdenn nur desto erschreck-
licher seyn, warte also, bis du bessere Gele-
genheiten und einen leichtern Weg zu deiner
Aenderung finden wirst. Noch andern giebt
Fleisch und Blut ein: Wirst du in deinem
blühenden Alter die Welt und ihre Weise
verlassen, wirst du durch einen genauen und
stillen Wandel, durch ein stilles und abge-
sondertes Leben dich dem HErrn wiedmen,
so wird die Welt dich für einen Thoren und
Narren halten, du wirst ein Fingerzeige
der Leute seyn, und all dein Glück unter de-

nen

Der groſſen und ſeligen
hen, haben es gemacht, eben wie wir, ſie
werden ja eben ſowol wollen ſelig werden
als wir. Andere meynen, was ſie ſich in
denen beſten Jahren ſo viele Muͤhe geben
wollen, ſelig zu werden, und ſich wegen ih-
ren Suͤnden vor der Zeit zu graͤmen, es
werde noch Zeit genug ſeyn, und ſich noch
manche Gelegenheit zur Bekehrung zeigen,
man muͤßte zuerſt die Alten laſſen Buſſe
thun, ehe man es von denen Jungen for-
dere. Manchem, der eben nicht ſo, wie
andere ſchon verhaͤrtet iſt, giebt der Feind
ein: Wenn du ſchon jetzt bekehret wirſt, ſo
wirſt du doch nicht aushalten, die viele Hin-
derniſſe, die du in deinen jungen Jahren
haſt, die Macht deines Fleiſches, der Welt,
und der boͤſen Gewohnheiten derſelben, wer-
den dich wieder hinreiſſen, und deine Ver-
dammniß wird alsdenn nur deſto erſchreck-
licher ſeyn, warte alſo, bis du beſſere Gele-
genheiten und einen leichtern Weg zu deiner
Aenderung finden wirſt. Noch andern giebt
Fleiſch und Blut ein: Wirſt du in deinem
bluͤhenden Alter die Welt und ihre Weiſe
verlaſſen, wirſt du durch einen genauen und
ſtillen Wandel, durch ein ſtilles und abge-
ſondertes Leben dich dem HErrn wiedmen,
ſo wird die Welt dich fuͤr einen Thoren und
Narren halten, du wirſt ein Fingerzeige
der Leute ſeyn, und all dein Gluͤck unter de-

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[300/0352] Der groſſen und ſeligen hen, haben es gemacht, eben wie wir, ſie werden ja eben ſowol wollen ſelig werden als wir. Andere meynen, was ſie ſich in denen beſten Jahren ſo viele Muͤhe geben wollen, ſelig zu werden, und ſich wegen ih- ren Suͤnden vor der Zeit zu graͤmen, es werde noch Zeit genug ſeyn, und ſich noch manche Gelegenheit zur Bekehrung zeigen, man muͤßte zuerſt die Alten laſſen Buſſe thun, ehe man es von denen Jungen for- dere. Manchem, der eben nicht ſo, wie andere ſchon verhaͤrtet iſt, giebt der Feind ein: Wenn du ſchon jetzt bekehret wirſt, ſo wirſt du doch nicht aushalten, die viele Hin- derniſſe, die du in deinen jungen Jahren haſt, die Macht deines Fleiſches, der Welt, und der boͤſen Gewohnheiten derſelben, wer- den dich wieder hinreiſſen, und deine Ver- dammniß wird alsdenn nur deſto erſchreck- licher ſeyn, warte alſo, bis du beſſere Gele- genheiten und einen leichtern Weg zu deiner Aenderung finden wirſt. Noch andern giebt Fleiſch und Blut ein: Wirſt du in deinem bluͤhenden Alter die Welt und ihre Weiſe verlaſſen, wirſt du durch einen genauen und ſtillen Wandel, durch ein ſtilles und abge- ſondertes Leben dich dem HErrn wiedmen, ſo wird die Welt dich fuͤr einen Thoren und Narren halten, du wirſt ein Fingerzeige der Leute ſeyn, und all dein Gluͤck unter de- nen

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Zitationshilfe: Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759, S. 300. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_wiedergebohrne_1759/352>, abgerufen am 12.05.2024.