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Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759.

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Thaten der Gnade. IV. Stück.
Kraft JEsu und seines alles vermögenden
Geistes, fängt nun die Seele an, allem
verderbten Wesen abzusagen, alle krumme
und unrichtige Wege zu verlassen, und von
allen Befleckungen des Fleisches und Geistes
auszugehen. Sie stirbt täglich ab, der übri-
gen Sünde, der Welt, ihren Unlauterkei-
ten und gleichförmigem Wesen, und endlich
ihr selbst. Je mehr sie in dem göttlichen
Licht gewahr wird, wie die Sünde alle Voll-
kommenheiten GOttes verletze, wie sie die
Ausflüsse seiner Liebe und Erbarmungen
aufhalte, sein Herz verschliesse, und seine
Ungnade reize, desto mehr hasset und flie-
het sie dieselbe. Je deutlicher sie das Ver-
derben der Welt einsiehet, und was für ei-
nen gefährlichen Feind sie an derselben habe,
desto sorgfältiger entziehet sie sich derselben.
Je näher sie die von Zeit zu Zeit in ihr sich
regende Verdorbenheiten erblicket und füh-
let, desto anhaltender sucht sie in der Kraft
JEsu und seines Geistes dieselbe zu dämpfen
und zu besiegen. Mit einem Wort: sie ver-
gisset mit Paulo immer mehr was dahinten
ist, sie leget täglich mehr von dem ab, was
sie auf ihrer Pilgerreise beschweret und auf-
hält, sie kommt immer weiter weg von ih-
ren ehemahligen Lagern, und dem alten
und vorigen Ort ihres Aufenthalts. Jn-
dem nun die Seele in ihrem Ausgehen, Ab-

legen
T 3

Thaten der Gnade. IV. Stuͤck.
Kraft JEſu und ſeines alles vermoͤgenden
Geiſtes, faͤngt nun die Seele an, allem
verderbten Weſen abzuſagen, alle krumme
und unrichtige Wege zu verlaſſen, und von
allen Befleckungen des Fleiſches und Geiſtes
auszugehen. Sie ſtirbt taͤglich ab, der uͤbri-
gen Suͤnde, der Welt, ihren Unlauterkei-
ten und gleichfoͤrmigem Weſen, und endlich
ihr ſelbſt. Je mehr ſie in dem goͤttlichen
Licht gewahr wird, wie die Suͤnde alle Voll-
kommenheiten GOttes verletze, wie ſie die
Ausfluͤſſe ſeiner Liebe und Erbarmungen
aufhalte, ſein Herz verſchlieſſe, und ſeine
Ungnade reize, deſto mehr haſſet und flie-
het ſie dieſelbe. Je deutlicher ſie das Ver-
derben der Welt einſiehet, und was fuͤr ei-
nen gefaͤhrlichen Feind ſie an derſelben habe,
deſto ſorgfaͤltiger entziehet ſie ſich derſelben.
Je naͤher ſie die von Zeit zu Zeit in ihr ſich
regende Verdorbenheiten erblicket und fuͤh-
let, deſto anhaltender ſucht ſie in der Kraft
JEſu und ſeines Geiſtes dieſelbe zu daͤmpfen
und zu beſiegen. Mit einem Wort: ſie ver-
giſſet mit Paulo immer mehr was dahinten
iſt, ſie leget taͤglich mehr von dem ab, was
ſie auf ihrer Pilgerreiſe beſchweret und auf-
haͤlt, ſie kommt immer weiter weg von ih-
ren ehemahligen Lagern, und dem alten
und vorigen Ort ihres Aufenthalts. Jn-
dem nun die Seele in ihrem Ausgehen, Ab-

legen
T 3
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[293/0345] Thaten der Gnade. IV. Stuͤck. Kraft JEſu und ſeines alles vermoͤgenden Geiſtes, faͤngt nun die Seele an, allem verderbten Weſen abzuſagen, alle krumme und unrichtige Wege zu verlaſſen, und von allen Befleckungen des Fleiſches und Geiſtes auszugehen. Sie ſtirbt taͤglich ab, der uͤbri- gen Suͤnde, der Welt, ihren Unlauterkei- ten und gleichfoͤrmigem Weſen, und endlich ihr ſelbſt. Je mehr ſie in dem goͤttlichen Licht gewahr wird, wie die Suͤnde alle Voll- kommenheiten GOttes verletze, wie ſie die Ausfluͤſſe ſeiner Liebe und Erbarmungen aufhalte, ſein Herz verſchlieſſe, und ſeine Ungnade reize, deſto mehr haſſet und flie- het ſie dieſelbe. Je deutlicher ſie das Ver- derben der Welt einſiehet, und was fuͤr ei- nen gefaͤhrlichen Feind ſie an derſelben habe, deſto ſorgfaͤltiger entziehet ſie ſich derſelben. Je naͤher ſie die von Zeit zu Zeit in ihr ſich regende Verdorbenheiten erblicket und fuͤh- let, deſto anhaltender ſucht ſie in der Kraft JEſu und ſeines Geiſtes dieſelbe zu daͤmpfen und zu beſiegen. Mit einem Wort: ſie ver- giſſet mit Paulo immer mehr was dahinten iſt, ſie leget taͤglich mehr von dem ab, was ſie auf ihrer Pilgerreiſe beſchweret und auf- haͤlt, ſie kommt immer weiter weg von ih- ren ehemahligen Lagern, und dem alten und vorigen Ort ihres Aufenthalts. Jn- dem nun die Seele in ihrem Ausgehen, Ab- legen T 3

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Zitationshilfe: Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759, S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_wiedergebohrne_1759/345>, abgerufen am 14.05.2024.