zeigte über den bis hieherigen Leichtsinn Reue, und klagte mit Thränen darüber, daß die viele Dörne und Hindernisse ihr den Weg zu dem Heyland so schwer, und ihre grosse Verdorbenheiten ihr den Durchbruch schier unmöglich machten; versprache aber unter der darreichenden Gnade nun nicht abzulassen, bis sie Ruhe in dem Heyland und seiner Versöhnung gefunden hätte. Sie fienge auch würklich an, mit einem red- lichen Herzen, und weit ernstlicher und herz- licher als zuvor, an dem Heyl ihrer Seele zu arbeiten; aber sie fehlte hierinnen, daß sie sich ehender um die Heiligung, als um die Vergebung der Sünden durch den Glau- ben an Christum bekümmerte, und eine Heiligkeit in eigener Kraft erzwingen wollte.
Und hierinnen fehlen die meiste Aufge- weckte, thut ihnen GOtt die Augen auf, und zeigt ihnen, wie nothwendig es seye, durch eine wahre Herzensänderung von der Sünde auszugehen, und in den Stand der Gnade überzutretten; sehen sie in dem gött- lichen Licht auf der einten Seite den HErrn in seiner Heiligkeit, sich aber in dem Schlamm der Sünden liegen, thut der hei- lige Geist manchen Schlag an das Herz, und strenget beständig an, zu dem Heyland zu fliehen, und in seiner Vereinigung das Leben zu suchen, so fällt der Mensch insge-
mein
Thaten der Gnade. III. Stuͤck.
zeigte uͤber den bis hieherigen Leichtſinn Reue, und klagte mit Thraͤnen daruͤber, daß die viele Doͤrne und Hinderniſſe ihr den Weg zu dem Heyland ſo ſchwer, und ihre groſſe Verdorbenheiten ihr den Durchbruch ſchier unmoͤglich machten; verſprache aber unter der darreichenden Gnade nun nicht abzulaſſen, bis ſie Ruhe in dem Heyland und ſeiner Verſoͤhnung gefunden haͤtte. Sie fienge auch wuͤrklich an, mit einem red- lichen Herzen, und weit ernſtlicher und herz- licher als zuvor, an dem Heyl ihrer Seele zu arbeiten; aber ſie fehlte hierinnen, daß ſie ſich ehender um die Heiligung, als um die Vergebung der Suͤnden durch den Glau- ben an Chriſtum bekuͤmmerte, und eine Heiligkeit in eigener Kraft erzwingen wollte.
Und hierinnen fehlen die meiſte Aufge- weckte, thut ihnen GOtt die Augen auf, und zeigt ihnen, wie nothwendig es ſeye, durch eine wahre Herzensaͤnderung von der Suͤnde auszugehen, und in den Stand der Gnade uͤberzutretten; ſehen ſie in dem goͤtt- lichen Licht auf der einten Seite den HErrn in ſeiner Heiligkeit, ſich aber in dem Schlamm der Suͤnden liegen, thut der hei- lige Geiſt manchen Schlag an das Herz, und ſtrenget beſtaͤndig an, zu dem Heyland zu fliehen, und in ſeiner Vereinigung das Leben zu ſuchen, ſo faͤllt der Menſch insge-
mein
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Thaten der Gnade. III. Stuͤck.
zeigte uͤber den bis hieherigen Leichtſinn
Reue, und klagte mit Thraͤnen daruͤber,
daß die viele Doͤrne und Hinderniſſe ihr den
Weg zu dem Heyland ſo ſchwer, und ihre
groſſe Verdorbenheiten ihr den Durchbruch
ſchier unmoͤglich machten; verſprache aber
unter der darreichenden Gnade nun nicht
abzulaſſen, bis ſie Ruhe in dem Heyland
und ſeiner Verſoͤhnung gefunden haͤtte.
Sie fienge auch wuͤrklich an, mit einem red-
lichen Herzen, und weit ernſtlicher und herz-
licher als zuvor, an dem Heyl ihrer Seele
zu arbeiten; aber ſie fehlte hierinnen, daß
ſie ſich ehender um die Heiligung, als um
die Vergebung der Suͤnden durch den Glau-
ben an Chriſtum bekuͤmmerte, und eine
Heiligkeit in eigener Kraft erzwingen wollte.
Und hierinnen fehlen die meiſte Aufge-
weckte, thut ihnen GOtt die Augen auf,
und zeigt ihnen, wie nothwendig es ſeye,
durch eine wahre Herzensaͤnderung von der
Suͤnde auszugehen, und in den Stand der
Gnade uͤberzutretten; ſehen ſie in dem goͤtt-
lichen Licht auf der einten Seite den HErrn
in ſeiner Heiligkeit, ſich aber in dem
Schlamm der Suͤnden liegen, thut der hei-
lige Geiſt manchen Schlag an das Herz,
und ſtrenget beſtaͤndig an, zu dem Heyland
zu fliehen, und in ſeiner Vereinigung das
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Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_wiedergebohrne_1759/291>, abgerufen am 17.07.2024.
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