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Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759.

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Der grossen und seligen
ist der Grund, daß der Heyland zu unseren
Zeiten mit allen seinen so blutig erworbenen
Seligkeiten verachtet, seine Gnadenwege
verspottet, und der gröste Haufe mit ver-
bundenen Augen, aber lachendem Munde,
sich in die ewige Finsterniß stürzet! Die
fürnehmsten und gemeinsten Ursachen sind
diese: 1. Die Versäumniß und Verwahr-
losung der Gnadenmitteln. Man verach-
tet das Wort des HErrn, höret und lieset
es entweder selten, oder nur aus Gewohn-
heit, und gewissen Absichten, mit einem
schon zuvor dagegen eingenommenen, erbit-
ternden und verachtenden Herze, das Gebet
wird von Hohen und Niederen hindange-
setzt, und unterlassen, da steht dem Feinde
Thür und Thor offen, da ist es ihm mög-
lich sein Eigenthum zu behalten. 2. Der
herrschende und immer mehr überhandneh-
mende Unglaube. Was mit der blinden
und fleischlichen Vernunft nicht übereinstim-
met, was dem hochfahrenden und eitelge-
sinnten Herze nicht ansteht, was sich nicht
mit den verderbten Gewohnheiten der im
argen liegenden Welt reimet, das verwirft
man ohne Ueberlegung, und trittet es mit
Füssen. 3. Man siehet auf den grossen
Haufe; erblicket man Leuthe, die Witz und
Verstand in irdischen Dingen besitzen, da-
bey aber in einer ungebundenen Freyheit

im

Der groſſen und ſeligen
iſt der Grund, daß der Heyland zu unſeren
Zeiten mit allen ſeinen ſo blutig erworbenen
Seligkeiten verachtet, ſeine Gnadenwege
verſpottet, und der groͤſte Haufe mit ver-
bundenen Augen, aber lachendem Munde,
ſich in die ewige Finſterniß ſtuͤrzet! Die
fuͤrnehmſten und gemeinſten Urſachen ſind
dieſe: 1. Die Verſaͤumniß und Verwahr-
loſung der Gnadenmitteln. Man verach-
tet das Wort des HErrn, hoͤret und lieſet
es entweder ſelten, oder nur aus Gewohn-
heit, und gewiſſen Abſichten, mit einem
ſchon zuvor dagegen eingenommenen, erbit-
ternden und verachtenden Herze, das Gebet
wird von Hohen und Niederen hindange-
ſetzt, und unterlaſſen, da ſteht dem Feinde
Thuͤr und Thor offen, da iſt es ihm moͤg-
lich ſein Eigenthum zu behalten. 2. Der
herrſchende und immer mehr uͤberhandneh-
mende Unglaube. Was mit der blinden
und fleiſchlichen Vernunft nicht uͤbereinſtim-
met, was dem hochfahrenden und eitelge-
ſinnten Herze nicht anſteht, was ſich nicht
mit den verderbten Gewohnheiten der im
argen liegenden Welt reimet, das verwirft
man ohne Ueberlegung, und trittet es mit
Fuͤſſen. 3. Man ſiehet auf den groſſen
Haufe; erblicket man Leuthe, die Witz und
Verſtand in irdiſchen Dingen beſitzen, da-
bey aber in einer ungebundenen Freyheit

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[200/0252] Der groſſen und ſeligen iſt der Grund, daß der Heyland zu unſeren Zeiten mit allen ſeinen ſo blutig erworbenen Seligkeiten verachtet, ſeine Gnadenwege verſpottet, und der groͤſte Haufe mit ver- bundenen Augen, aber lachendem Munde, ſich in die ewige Finſterniß ſtuͤrzet! Die fuͤrnehmſten und gemeinſten Urſachen ſind dieſe: 1. Die Verſaͤumniß und Verwahr- loſung der Gnadenmitteln. Man verach- tet das Wort des HErrn, hoͤret und lieſet es entweder ſelten, oder nur aus Gewohn- heit, und gewiſſen Abſichten, mit einem ſchon zuvor dagegen eingenommenen, erbit- ternden und verachtenden Herze, das Gebet wird von Hohen und Niederen hindange- ſetzt, und unterlaſſen, da ſteht dem Feinde Thuͤr und Thor offen, da iſt es ihm moͤg- lich ſein Eigenthum zu behalten. 2. Der herrſchende und immer mehr uͤberhandneh- mende Unglaube. Was mit der blinden und fleiſchlichen Vernunft nicht uͤbereinſtim- met, was dem hochfahrenden und eitelge- ſinnten Herze nicht anſteht, was ſich nicht mit den verderbten Gewohnheiten der im argen liegenden Welt reimet, das verwirft man ohne Ueberlegung, und trittet es mit Fuͤſſen. 3. Man ſiehet auf den groſſen Haufe; erblicket man Leuthe, die Witz und Verſtand in irdiſchen Dingen beſitzen, da- bey aber in einer ungebundenen Freyheit im

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Zitationshilfe: Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_wiedergebohrne_1759/252>, abgerufen am 22.11.2024.