und ziehen liessen, wie gut würde es der HErr nicht machen!
Da nun ohne Zweifel der HErr seine Absichten an dieser Seele erreichet, und er dieselbe in einem Zustand sahe, daß er sie in die ewigen Erquickungen einführen konnte, so kommt ein tödtlichen Zufall, der ihr in das Jnnerste hinein rufte: Du must sterben; so schwer und schmerzhaft derselbe auch war, so standhaft, gläubig und gedultig war die Fassung ihrer Seele; sie liesse sehr frühe und vor Aufgang der Sonne den Prediger zu sich rufen; so bald sie denselben erblickte, legte sie ein fürtrefliches Sündenbekänntniß ab, und zeigte insonderheit viel Zerknir- schung, Reue und Leidwesen über die Sün- de, in welche sie in ihrem Gnadenstand ge- fallen war. Jch habe gesündiget, (sag- te sie) und meinen GOtt betrübet, aber ich habe mit dem Zöllner auf die Brust geschlagen, und bin im Glauben zu de- nen Wunden des Heylandes geflohen, und habe die Tilgung der Sünde und der Strafe derselben gefunden. Sie rühmte darauf die Erbarmungen, die man in dem Heyland geniesse, freute sich in die- sem guten Freund der Seelen, und zeigte ein herzliches Verlangen, bald aufgelöset und bey ihm zu seyn. Sie fällt auf dieses
hin
Thaten der Gnade. II. Stuͤck.
und ziehen lieſſen, wie gut wuͤrde es der HErr nicht machen!
Da nun ohne Zweifel der HErr ſeine Abſichten an dieſer Seele erreichet, und er dieſelbe in einem Zuſtand ſahe, daß er ſie in die ewigen Erquickungen einfuͤhren konnte, ſo kommt ein toͤdtlichen Zufall, der ihr in das Jnnerſte hinein rufte: Du muſt ſterben; ſo ſchwer und ſchmerzhaft derſelbe auch war, ſo ſtandhaft, glaͤubig und gedultig war die Faſſung ihrer Seele; ſie lieſſe ſehr fruͤhe und vor Aufgang der Sonne den Prediger zu ſich rufen; ſo bald ſie denſelben erblickte, legte ſie ein fuͤrtrefliches Suͤndenbekaͤnntniß ab, und zeigte inſonderheit viel Zerknir- ſchung, Reue und Leidweſen uͤber die Suͤn- de, in welche ſie in ihrem Gnadenſtand ge- fallen war. Jch habe geſuͤndiget, (ſag- te ſie) und meinen GOtt betruͤbet, aber ich habe mit dem Zoͤllner auf die Bruſt geſchlagen, und bin im Glauben zu de- nen Wunden des Heylandes geflohen, und habe die Tilgung der Suͤnde und der Strafe derſelben gefunden. Sie ruͤhmte darauf die Erbarmungen, die man in dem Heyland genieſſe, freute ſich in die- ſem guten Freund der Seelen, und zeigte ein herzliches Verlangen, bald aufgeloͤſet und bey ihm zu ſeyn. Sie faͤllt auf dieſes
hin
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0223"n="171"/><fwplace="top"type="header">Thaten der Gnade. <hirendition="#aq">II</hi>. Stuͤck.</fw><lb/>
und ziehen lieſſen, wie gut wuͤrde es der<lb/>
HErr nicht machen!</p><lb/><p>Da nun ohne Zweifel der HErr ſeine<lb/>
Abſichten an dieſer Seele erreichet, und er<lb/>
dieſelbe in einem Zuſtand ſahe, daß er ſie in<lb/>
die ewigen Erquickungen einfuͤhren konnte,<lb/>ſo kommt ein toͤdtlichen Zufall, der ihr in<lb/>
das Jnnerſte hinein rufte: Du muſt ſterben;<lb/>ſo ſchwer und ſchmerzhaft derſelbe auch war,<lb/>ſo ſtandhaft, glaͤubig und gedultig war die<lb/>
Faſſung ihrer Seele; ſie lieſſe ſehr fruͤhe und<lb/>
vor Aufgang der Sonne den Prediger zu<lb/>ſich rufen; ſo bald ſie denſelben erblickte,<lb/>
legte ſie ein fuͤrtrefliches Suͤndenbekaͤnntniß<lb/>
ab, und zeigte inſonderheit viel Zerknir-<lb/>ſchung, Reue und Leidweſen uͤber die Suͤn-<lb/>
de, in welche ſie in ihrem Gnadenſtand ge-<lb/>
fallen war. <hirendition="#fr">Jch habe geſuͤndiget</hi>, (ſag-<lb/>
te ſie) <hirendition="#fr">und meinen GOtt betruͤbet, aber<lb/>
ich habe mit dem Zoͤllner auf die Bruſt<lb/>
geſchlagen, und bin im Glauben zu de-<lb/>
nen Wunden des Heylandes geflohen,<lb/>
und habe die Tilgung der Suͤnde und<lb/>
der Strafe derſelben gefunden.</hi> Sie<lb/>
ruͤhmte darauf die Erbarmungen, die man<lb/>
in dem Heyland genieſſe, freute ſich in die-<lb/>ſem guten Freund der Seelen, und zeigte<lb/>
ein herzliches Verlangen, bald aufgeloͤſet<lb/>
und bey ihm zu ſeyn. Sie faͤllt auf dieſes<lb/><fwplace="bottom"type="catch">hin</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[171/0223]
Thaten der Gnade. II. Stuͤck.
und ziehen lieſſen, wie gut wuͤrde es der
HErr nicht machen!
Da nun ohne Zweifel der HErr ſeine
Abſichten an dieſer Seele erreichet, und er
dieſelbe in einem Zuſtand ſahe, daß er ſie in
die ewigen Erquickungen einfuͤhren konnte,
ſo kommt ein toͤdtlichen Zufall, der ihr in
das Jnnerſte hinein rufte: Du muſt ſterben;
ſo ſchwer und ſchmerzhaft derſelbe auch war,
ſo ſtandhaft, glaͤubig und gedultig war die
Faſſung ihrer Seele; ſie lieſſe ſehr fruͤhe und
vor Aufgang der Sonne den Prediger zu
ſich rufen; ſo bald ſie denſelben erblickte,
legte ſie ein fuͤrtrefliches Suͤndenbekaͤnntniß
ab, und zeigte inſonderheit viel Zerknir-
ſchung, Reue und Leidweſen uͤber die Suͤn-
de, in welche ſie in ihrem Gnadenſtand ge-
fallen war. Jch habe geſuͤndiget, (ſag-
te ſie) und meinen GOtt betruͤbet, aber
ich habe mit dem Zoͤllner auf die Bruſt
geſchlagen, und bin im Glauben zu de-
nen Wunden des Heylandes geflohen,
und habe die Tilgung der Suͤnde und
der Strafe derſelben gefunden. Sie
ruͤhmte darauf die Erbarmungen, die man
in dem Heyland genieſſe, freute ſich in die-
ſem guten Freund der Seelen, und zeigte
ein herzliches Verlangen, bald aufgeloͤſet
und bey ihm zu ſeyn. Sie faͤllt auf dieſes
hin
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_wiedergebohrne_1759/223>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.