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Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759.

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Der grossen und seligen

Nachdeme nun unsere Selige von ihrem
Fall wieder aufgerichtet, und in dem Blut
JEsu wieder rein gemacht war, so machte
nun der HErr Anstalten, ihre Seele in die
Sicherheit zu bringen, damit sie allen Nach-
stellungen der Feinde entrinnen, und in ewi-
ger Ruhe bey dem Heyland sich ergötzen könn-
te. Es meldete sich dessentwegen ohngefehr
zwey Monat vor ihrem seligen Hingang in
die Ewigkeit, ein Todesbott, der sie zu ih-
rer baldigen Heimholung zubereiten sollte.
Sie verfiel in dieser Zeit in einen sehr schmerz-
haften Zustand, der Tod und Ewigkeit na-
he zeigte; so heftig die Zufälle dabey waren,
so bald gienge doch das allergefährlichste wie-
der vorüber; es blieben aber so viele bedenk-
liche Umstände, daß sie dabey nicht einen
Augenblick sicher seyn konnte, sondern alle
Stunde auf den letzten Ruf warten und Ach-
tung geben mußte. O wie unendlich gut
und erbarmend ist doch der HErr nicht! wie
ausnehmend liebreich sind seine Wege, und
wie selig seine Führungen! Er übereilet die
Seelen nicht, und überfällt die Seinen nie
ungewarnet, er sendet gewiß allemahl Bot-
ten vorher, wenn er etwas grosses und be-
sonders mit einer Seele vorhat, und sucht sie
zu seinen Absichten zuzubereiten. O wenn
wir uns nur allemahl warnen, aufwecken

und
Der groſſen und ſeligen

Nachdeme nun unſere Selige von ihrem
Fall wieder aufgerichtet, und in dem Blut
JEſu wieder rein gemacht war, ſo machte
nun der HErr Anſtalten, ihre Seele in die
Sicherheit zu bringen, damit ſie allen Nach-
ſtellungen der Feinde entrinnen, und in ewi-
ger Ruhe bey dem Heyland ſich ergoͤtzen koͤnn-
te. Es meldete ſich deſſentwegen ohngefehr
zwey Monat vor ihrem ſeligen Hingang in
die Ewigkeit, ein Todesbott, der ſie zu ih-
rer baldigen Heimholung zubereiten ſollte.
Sie verfiel in dieſer Zeit in einen ſehr ſchmerz-
haften Zuſtand, der Tod und Ewigkeit na-
he zeigte; ſo heftig die Zufaͤlle dabey waren,
ſo bald gienge doch das allergefaͤhrlichſte wie-
der voruͤber; es blieben aber ſo viele bedenk-
liche Umſtaͤnde, daß ſie dabey nicht einen
Augenblick ſicher ſeyn konnte, ſondern alle
Stunde auf den letzten Ruf warten und Ach-
tung geben mußte. O wie unendlich gut
und erbarmend iſt doch der HErr nicht! wie
ausnehmend liebreich ſind ſeine Wege, und
wie ſelig ſeine Fuͤhrungen! Er uͤbereilet die
Seelen nicht, und uͤberfaͤllt die Seinen nie
ungewarnet, er ſendet gewiß allemahl Bot-
ten vorher, wenn er etwas groſſes und be-
ſonders mit einer Seele vorhat, und ſucht ſie
zu ſeinen Abſichten zuzubereiten. O wenn
wir uns nur allemahl warnen, aufwecken

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[170/0222] Der groſſen und ſeligen Nachdeme nun unſere Selige von ihrem Fall wieder aufgerichtet, und in dem Blut JEſu wieder rein gemacht war, ſo machte nun der HErr Anſtalten, ihre Seele in die Sicherheit zu bringen, damit ſie allen Nach- ſtellungen der Feinde entrinnen, und in ewi- ger Ruhe bey dem Heyland ſich ergoͤtzen koͤnn- te. Es meldete ſich deſſentwegen ohngefehr zwey Monat vor ihrem ſeligen Hingang in die Ewigkeit, ein Todesbott, der ſie zu ih- rer baldigen Heimholung zubereiten ſollte. Sie verfiel in dieſer Zeit in einen ſehr ſchmerz- haften Zuſtand, der Tod und Ewigkeit na- he zeigte; ſo heftig die Zufaͤlle dabey waren, ſo bald gienge doch das allergefaͤhrlichſte wie- der voruͤber; es blieben aber ſo viele bedenk- liche Umſtaͤnde, daß ſie dabey nicht einen Augenblick ſicher ſeyn konnte, ſondern alle Stunde auf den letzten Ruf warten und Ach- tung geben mußte. O wie unendlich gut und erbarmend iſt doch der HErr nicht! wie ausnehmend liebreich ſind ſeine Wege, und wie ſelig ſeine Fuͤhrungen! Er uͤbereilet die Seelen nicht, und uͤberfaͤllt die Seinen nie ungewarnet, er ſendet gewiß allemahl Bot- ten vorher, wenn er etwas groſſes und be- ſonders mit einer Seele vorhat, und ſucht ſie zu ſeinen Abſichten zuzubereiten. O wenn wir uns nur allemahl warnen, aufwecken und

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Zitationshilfe: Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_wiedergebohrne_1759/222>, abgerufen am 07.05.2024.