und suchte bey ihnen Rath und Gebet. Und so brach nach und nach die Morgenröthe an, und machte diese Seele munter, mit Ernst und unabläßigem Anhalten die Ruhe und Erquickung des Geistes für in Zeit und Ewigkeit zu suchen.
Hatten sich aber, auf oben erzählte Wei- se die Feinde von innen aufgemacht, sie zu verwirren, und die Wege GOttes ihr bit- ter, und seine selige Absichten unnütze zu machen, so suchten nun die Feinde von aussen auch alles anzuwenden, damit sie nicht wei- ters kommen, sondern auf denen Scheid- wegen möchte aufgehalten, und nach und nach auf die vorige Strassen des Todes hin- gerissen werden. Es kamen daher viele lei- dige Tröster zu ihr, die ihren gegenwärti- gen Seelenzustand für eine pur leibliche Melancholie, oder natürliche Krankheit des Leibes, oder wohl gar für eine thörichte und halb verwirrte Phantasie hielten, diese suchten sie nach ihrer Art aufzumuntern, alles Nachdenken, und sorgsame Ueberle- gungen ansehend ihres Heils, ihr aus dem Sinn zu schwätzen. Man rieth ihr: Sie sollte in lustigen Gesellschaften sich ergötzen, damit das schwermüthige Wesen nach und nach vergehe, man suchte ihr mit eiteln Zerstreuungen, die traurigen Gedanken zu vertreiben, man wandte alles, was die
blinde
Der groſſen und ſeligen
und ſuchte bey ihnen Rath und Gebet. Und ſo brach nach und nach die Morgenroͤthe an, und machte dieſe Seele munter, mit Ernſt und unablaͤßigem Anhalten die Ruhe und Erquickung des Geiſtes fuͤr in Zeit und Ewigkeit zu ſuchen.
Hatten ſich aber, auf oben erzaͤhlte Wei- ſe die Feinde von innen aufgemacht, ſie zu verwirren, und die Wege GOttes ihr bit- ter, und ſeine ſelige Abſichten unnuͤtze zu machen, ſo ſuchten nun die Feinde von auſſen auch alles anzuwenden, damit ſie nicht wei- ters kommen, ſondern auf denen Scheid- wegen moͤchte aufgehalten, und nach und nach auf die vorige Straſſen des Todes hin- geriſſen werden. Es kamen daher viele lei- dige Troͤſter zu ihr, die ihren gegenwaͤrti- gen Seelenzuſtand fuͤr eine pur leibliche Melancholie, oder natuͤrliche Krankheit des Leibes, oder wohl gar fuͤr eine thoͤrichte und halb verwirrte Phantaſie hielten, dieſe ſuchten ſie nach ihrer Art aufzumuntern, alles Nachdenken, und ſorgſame Ueberle- gungen anſehend ihres Heils, ihr aus dem Sinn zu ſchwaͤtzen. Man rieth ihr: Sie ſollte in luſtigen Geſellſchaften ſich ergoͤtzen, damit das ſchwermuͤthige Weſen nach und nach vergehe, man ſuchte ihr mit eiteln Zerſtreuungen, die traurigen Gedanken zu vertreiben, man wandte alles, was die
blinde
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0174"n="122"/><fwplace="top"type="header">Der groſſen und ſeligen</fw><lb/>
und ſuchte bey ihnen Rath und Gebet. Und<lb/>ſo brach nach und nach die Morgenroͤthe<lb/>
an, und machte dieſe Seele munter, mit<lb/>
Ernſt und unablaͤßigem Anhalten die Ruhe<lb/>
und Erquickung des Geiſtes fuͤr in Zeit und<lb/>
Ewigkeit zu ſuchen.</p><lb/><p>Hatten ſich aber, auf oben erzaͤhlte Wei-<lb/>ſe die Feinde von innen aufgemacht, ſie zu<lb/>
verwirren, und die Wege GOttes ihr bit-<lb/>
ter, und ſeine ſelige Abſichten unnuͤtze zu<lb/>
machen, ſo ſuchten nun die Feinde von auſſen<lb/>
auch alles anzuwenden, damit ſie nicht wei-<lb/>
ters kommen, ſondern auf denen Scheid-<lb/>
wegen moͤchte aufgehalten, und nach und<lb/>
nach auf die vorige Straſſen des Todes hin-<lb/>
geriſſen werden. Es kamen daher viele lei-<lb/>
dige Troͤſter zu ihr, die ihren gegenwaͤrti-<lb/>
gen Seelenzuſtand fuͤr eine pur leibliche<lb/>
Melancholie, oder natuͤrliche Krankheit des<lb/>
Leibes, oder wohl gar fuͤr eine thoͤrichte<lb/>
und halb verwirrte Phantaſie hielten, dieſe<lb/>ſuchten ſie nach ihrer Art aufzumuntern,<lb/>
alles Nachdenken, und ſorgſame Ueberle-<lb/>
gungen anſehend ihres Heils, ihr aus dem<lb/>
Sinn zu ſchwaͤtzen. Man rieth ihr: Sie<lb/>ſollte in luſtigen Geſellſchaften ſich ergoͤtzen,<lb/>
damit das ſchwermuͤthige Weſen nach und<lb/>
nach vergehe, man ſuchte ihr mit eiteln<lb/>
Zerſtreuungen, die traurigen Gedanken zu<lb/>
vertreiben, man wandte alles, was die<lb/><fwplace="bottom"type="catch">blinde</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[122/0174]
Der groſſen und ſeligen
und ſuchte bey ihnen Rath und Gebet. Und
ſo brach nach und nach die Morgenroͤthe
an, und machte dieſe Seele munter, mit
Ernſt und unablaͤßigem Anhalten die Ruhe
und Erquickung des Geiſtes fuͤr in Zeit und
Ewigkeit zu ſuchen.
Hatten ſich aber, auf oben erzaͤhlte Wei-
ſe die Feinde von innen aufgemacht, ſie zu
verwirren, und die Wege GOttes ihr bit-
ter, und ſeine ſelige Abſichten unnuͤtze zu
machen, ſo ſuchten nun die Feinde von auſſen
auch alles anzuwenden, damit ſie nicht wei-
ters kommen, ſondern auf denen Scheid-
wegen moͤchte aufgehalten, und nach und
nach auf die vorige Straſſen des Todes hin-
geriſſen werden. Es kamen daher viele lei-
dige Troͤſter zu ihr, die ihren gegenwaͤrti-
gen Seelenzuſtand fuͤr eine pur leibliche
Melancholie, oder natuͤrliche Krankheit des
Leibes, oder wohl gar fuͤr eine thoͤrichte
und halb verwirrte Phantaſie hielten, dieſe
ſuchten ſie nach ihrer Art aufzumuntern,
alles Nachdenken, und ſorgſame Ueberle-
gungen anſehend ihres Heils, ihr aus dem
Sinn zu ſchwaͤtzen. Man rieth ihr: Sie
ſollte in luſtigen Geſellſchaften ſich ergoͤtzen,
damit das ſchwermuͤthige Weſen nach und
nach vergehe, man ſuchte ihr mit eiteln
Zerſtreuungen, die traurigen Gedanken zu
vertreiben, man wandte alles, was die
blinde
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_wiedergebohrne_1759/174>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.