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Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759.

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Der grossen und seligen
ich bin, noch in Gnaden ansehen kanst?
Willt du denn einer Feindin, die dich so
viel betrübet, deine Freundschaft schenken?
Willt du dich noch zu einer solchen nahen,
die so lange vor dir geflohen, und die deine
Liebe mit Füssen getretten? Kanst du dein
theures Blut zur Heilung meiner Seele mir
noch anerbieten, nachdeme ich es so lange
für unrein gehalten und mit Füssen getret-
ten? Der Geist JEsu halfe hierauf dem
Glauben durch, welcher sich kindlich und
brünstig an den Heyland hienge, und drin-
gend kämpfte, daß er sie doch in dieser süs-
sen Gnadenstunde, nach seiner unendlich
grossen Menschenliebe annehmen, mit sei-
nem kostbaren Blute waschen und heilen,
in seiner vollgültigen Gerechtigkeit mit dem
Vater versöhnen, und mit innwendigem
Frieden und der Versicherung der Verge-
bung der Sünde erquicken möchte. Und
siehe! JEsus wandte sich zu dieser nach sei-
ner Gnade kämpfenden Seele, richtete sie
durch das innere Zeugnis seiner Liebe auf,
führte sie in eine süsse Stille, und in ein
freudiges Frolocken in dem GOtt ihres
Heyls. Sie stimmte mit erweckter Seele
ihre Lob- und Danklieder an, und sange
von der Gnade des HErrn. Mein Hey-
land! ich stimme mit ein, und preise in de-
müthigem Geist deine Liebe, die du in An-

neh-

Der groſſen und ſeligen
ich bin, noch in Gnaden anſehen kanſt?
Willt du denn einer Feindin, die dich ſo
viel betruͤbet, deine Freundſchaft ſchenken?
Willt du dich noch zu einer ſolchen nahen,
die ſo lange vor dir geflohen, und die deine
Liebe mit Fuͤſſen getretten? Kanſt du dein
theures Blut zur Heilung meiner Seele mir
noch anerbieten, nachdeme ich es ſo lange
fuͤr unrein gehalten und mit Fuͤſſen getret-
ten? Der Geiſt JEſu halfe hierauf dem
Glauben durch, welcher ſich kindlich und
bruͤnſtig an den Heyland hienge, und drin-
gend kaͤmpfte, daß er ſie doch in dieſer ſuͤſ-
ſen Gnadenſtunde, nach ſeiner unendlich
groſſen Menſchenliebe annehmen, mit ſei-
nem koſtbaren Blute waſchen und heilen,
in ſeiner vollguͤltigen Gerechtigkeit mit dem
Vater verſoͤhnen, und mit innwendigem
Frieden und der Verſicherung der Verge-
bung der Suͤnde erquicken moͤchte. Und
ſiehe! JEſus wandte ſich zu dieſer nach ſei-
ner Gnade kaͤmpfenden Seele, richtete ſie
durch das innere Zeugnis ſeiner Liebe auf,
fuͤhrte ſie in eine ſuͤſſe Stille, und in ein
freudiges Frolocken in dem GOtt ihres
Heyls. Sie ſtimmte mit erweckter Seele
ihre Lob- und Danklieder an, und ſange
von der Gnade des HErrn. Mein Hey-
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[64/0116] Der groſſen und ſeligen ich bin, noch in Gnaden anſehen kanſt? Willt du denn einer Feindin, die dich ſo viel betruͤbet, deine Freundſchaft ſchenken? Willt du dich noch zu einer ſolchen nahen, die ſo lange vor dir geflohen, und die deine Liebe mit Fuͤſſen getretten? Kanſt du dein theures Blut zur Heilung meiner Seele mir noch anerbieten, nachdeme ich es ſo lange fuͤr unrein gehalten und mit Fuͤſſen getret- ten? Der Geiſt JEſu halfe hierauf dem Glauben durch, welcher ſich kindlich und bruͤnſtig an den Heyland hienge, und drin- gend kaͤmpfte, daß er ſie doch in dieſer ſuͤſ- ſen Gnadenſtunde, nach ſeiner unendlich groſſen Menſchenliebe annehmen, mit ſei- nem koſtbaren Blute waſchen und heilen, in ſeiner vollguͤltigen Gerechtigkeit mit dem Vater verſoͤhnen, und mit innwendigem Frieden und der Verſicherung der Verge- bung der Suͤnde erquicken moͤchte. Und ſiehe! JEſus wandte ſich zu dieſer nach ſei- ner Gnade kaͤmpfenden Seele, richtete ſie durch das innere Zeugnis ſeiner Liebe auf, fuͤhrte ſie in eine ſuͤſſe Stille, und in ein freudiges Frolocken in dem GOtt ihres Heyls. Sie ſtimmte mit erweckter Seele ihre Lob- und Danklieder an, und ſange von der Gnade des HErrn. Mein Hey- land! ich ſtimme mit ein, und preiſe in de- muͤthigem Geiſt deine Liebe, die du in An- neh-

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Zitationshilfe: Meyer, Johannes: Die grossen und seligen Thaten der Gnade. Zürich, 1759, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_wiedergebohrne_1759/116>, abgerufen am 03.05.2024.