Meyer, Leonhardt: Theatrum Historicvm [...] Erzehlung der fürnemsten und nuzlichsten Historien und Geschichten. Schaffhausen, 1665.Als er nun auf dem Plaz vor dem Neuen Castell anlangete/ gab er dem Volk ein Zeichen / daß es sich gleichfals schliessen/ und nicht weiter fortruken/ zugleich sich auch still und eingezogen verhalten solte: Aufwelchen Befelch sie in einem Augenblik alle still stunden/ und gleichsam verstummeten/ daß man bej solcher unzählichen Menge kein einiges Wörtlein mehr gehöret hätte. Disem nach stieg Mas Aniello auf sein Pferd/ und stellt sich oben in den Sattel/ redete das Volk sehr freundlich/ und mit vilen nachdenklichen Worten an/ welche alle hiebej zubringen/ zu lang sejn wurde/ under anderm ermahnet er sie zur Dankbarkeit gegen Gott / der sie durch dises Mitel/ aus solchen grossen Trangsaalen erlöset hatte/ mit Erinnerung/ daß sie die Waffen ja nicht niderlegen solten/ so lang/ bis das die Confirmation und Bestät tigung alles des jenigen/ so verabschiedet worden/ von Jhrer König. Majestät aus Hispanien käme/ dem Adel und Ritterschafft aber/ so ten sie in Ewigkeit nicht trauen/ protestirte benebens/ daß was er bishero gethan/ habe er nicht umm seines eignen Nuzens willen/ sondern dem Vatterland zum besten gethan/ und seje er resolvirt/ nach vollendung dises Werks/ seine alte Fischer-Lumpen/ widerum anzuziehen/ und sich mit seinem Angel/ wie er vorhin gethan/ also auch in das könfftig zuernehren/ sc. Fehrner sagte er/ ich gehe anjezo hin/ mit dem Vice-Re zu tractiren/ über eine Stund / oder auf das längste Morgenfrüh/ solt jhr mich wider sehen/ dafern ich aber Morgen früh nicht wider bej euch bin/ so steket die ganze Statt mit Feur an/ welches sie jhme treulich zuthun versprochen. Hierauf fritte Mas Aniello/ neben dem Cardinal und seinen geheimen Rähten in das Castell hinein/ da sie dann von dem Vice-Re auf das freund lichste empfangen und tractirt wurden: Vnder dessen erhub sich ein grosses Gepispel under dem Volk/ weiln sie besorgeten / man hätte den Mas Aniello in den Arrest genommen/ oder sonsten beleidiget/ aufwelches er sich an dem Fenster sehen ließ/ und jhnen zuschrje Friden zuhalten/ darauf dann alles widerum gar still wurde/ und damit er dem Vice-Re seine Authorität zeigen und weisen möchte/ sagte er zu jhme/ jezund will ich seiner Excellenz zeigen/ wie gehorsam das Neapolitanische Volk seje: Rieff derowegen mit lauter Stimm: Glück dem König in Hispanien / dem Herren Cardinal/ und seiner Excellenz dem Herren Vice-Re/ welches alles das Volk von Wort zu Wort widerholet: Darnach thate er die andere Prob/ er legte nur einen Finger auf seinen mund/ und rieff mit heller Stimm/ still/ da ward es alles in einem angenblik so still/ das man das allergeringste Wörtlein nicht mehr gehöret hätte: Zum dritten befahle er dem Volk/ bej Leib und Lebens-straff/ es solte sich ein jeder von dem Plaz hinweg begeben/ welches ebener massen so bald vollzogen ward/ so gar/ daß man in einem Huy und Augenblik keinen einigen Menschen mehr allda sahe. Als sie sich nun eine geraume Zeit miteinander underredet/ und beschlossen hatten/ den getroffenen Accord auf einen gewissen Tag dem Volk vor zulesen/ und selbigen mit einem leiblichen Eid zubekräfftigen/ nahme er seinen Abscheid widerumm von dem Vice-Re / von welchem er mit einer schönen guldenen Ketten beschenket/ und jhme dieselbige von dem Vice Re selb- Als er nun auf dem Plaz vor dem Neuen Castell anlangete/ gab er dem Volk ein Zeichen / daß es sich gleichfals schliessen/ und nicht weiter fortruken/ zugleich sich auch still und eingezogen verhalten solte: Aufwelchen Befelch sie in einem Augenblik alle still stunden/ und gleichsam verstummeten/ daß man bej solcher unzählichen Menge kein einiges Wörtlein mehr gehöret hätte. Disem nach stieg Mas Aniello auf sein Pferd/ und stellt sich oben in den Sattel/ redete das Volk sehr freundlich/ und mit vilen nachdenklichen Worten an/ welche alle hiebej zubringen/ zu lang sejn wurde/ under anderm ermahnet er sie zur Dankbarkeit gegen Gott / der sie durch dises Mitel/ aus solchen grossen Trangsaalen erlöset hatte/ mit Eriñerung/ daß sie die Waffen ja nicht niderlegen solten/ so lang/ bis das die Confirmation und Bestät tigung alles des jenigen/ so verabschiedet worden/ von Jhrer König. Majestät aus Hispanien käme/ dem Adel und Ritterschafft aber/ so ten sie in Ewigkeit nicht trauen/ protestirte benebens/ daß was er bishero gethan/ habe er nicht um̃ seines eignen Nuzens willen/ sondern dem Vatterland zum besten gethan/ und seje er resolvirt/ nach vollendung dises Werks/ seine alte Fischer-Lumpen/ widerum anzuziehen/ und sich mit seinem Angel/ wie er vorhin gethan/ also auch in das könfftig zuernehren/ sc. Fehrner sagte er/ ich gehe anjezo hin/ mit dem Vice-Re zu tractiren/ über eine Stund / oder auf das längste Morgenfrüh/ solt jhr mich wider sehen/ dafern ich aber Morgen früh nicht wider bej euch bin/ so steket die ganze Statt mit Feur an/ welches sie jhme treulich zuthun versprochen. Hierauf fritte Mas Aniello/ neben dem Cardinal und seinen geheimen Rähten in das Castell hinein/ da sie dañ von dem Vice-Re auf das freund lichste empfangen und tractirt wurden: Vnder dessen erhub sich ein grosses Gepispel under dem Volk/ weiln sie besorgeten / man hätte den Mas Aniello in den Arrest genommen/ oder sonsten beleidiget/ aufwelches er sich an dem Fenster sehen ließ/ und jhnen zuschrje Friden zuhalten/ darauf dann alles widerum gar still wurde/ und damit er dem Vice-Re seine Authorität zeigen und weisen möchte/ sagte er zu jhme/ jezund will ich seiner Excellenz zeigen/ wie gehorsam das Neapolitanische Volk seje: Rieff derowegen mit lauter Stimm: Glück dem König in Hispanien / dem Herren Cardinal/ und seiner Excellenz dem Herren Vice-Re/ welches alles das Volk von Wort zu Wort widerholet: Darnach thate er die andere Prob/ er legte nur einen Finger auf seinen mund/ und rieff mit heller Stimm/ still/ da ward es alles in einem angenblik so still/ das man das allergeringste Wörtlein nicht mehr gehöret hätte: Zum dritten befahle er dem Volk/ bej Leib und Lebens-straff/ es solte sich ein jeder von dem Plaz hinweg begeben/ welches ebener massen so bald vollzogen ward/ so gar/ daß man in einem Huy und Augenblik keinen einigen Menschen mehr allda sahe. Als sie sich nun eine geraume Zeit miteinander underredet/ und beschlossen hatten/ den getroffenen Accord auf einen gewissen Tag dem Volk vor zulesen/ und selbigen mit einem leiblichen Eid zubekräfftigen/ nahme er seinen Abscheid widerum̃ von dem Vice-Re / von welchem er mit einer schönen guldenen Ketten beschenket/ und jhme dieselbige von dem Vice Re selb- <TEI> <text> <body> <div> <pb facs="#f0475"/> <p>Als er nun auf dem Plaz vor dem Neuen Castell anlangete/ gab er dem Volk ein Zeichen / daß es sich gleichfals schliessen/ und nicht weiter fortruken/ zugleich sich auch still und eingezogen verhalten solte: Aufwelchen Befelch sie in einem Augenblik alle still stunden/ und gleichsam verstummeten/ daß man bej solcher unzählichen Menge kein einiges Wörtlein mehr gehöret hätte.</p> <p>Disem nach stieg Mas Aniello auf sein Pferd/ und stellt sich oben in den Sattel/ redete das Volk sehr freundlich/ und mit vilen nachdenklichen Worten an/ welche alle hiebej zubringen/ zu lang sejn wurde/ under anderm ermahnet er sie zur Dankbarkeit gegen Gott / der sie durch dises Mitel/ aus solchen grossen Trangsaalen erlöset hatte/ mit Eriñerung/ daß sie die Waffen ja nicht niderlegen solten/ so lang/ bis das die Confirmation und Bestät tigung alles des jenigen/ so verabschiedet worden/ von Jhrer König. Majestät aus Hispanien käme/ dem Adel und Ritterschafft aber/ so ten sie in Ewigkeit nicht trauen/ protestirte benebens/ daß was er bishero gethan/ habe er nicht um̃ seines eignen Nuzens willen/ sondern dem Vatterland zum besten gethan/ und seje er resolvirt/ nach vollendung dises Werks/ seine alte Fischer-Lumpen/ widerum anzuziehen/ und sich mit seinem Angel/ wie er vorhin gethan/ also auch in das könfftig zuernehren/ sc.</p> <p>Fehrner sagte er/ ich gehe anjezo hin/ mit dem Vice-Re zu tractiren/ über eine Stund / oder auf das längste Morgenfrüh/ solt jhr mich wider sehen/ dafern ich aber Morgen früh nicht wider bej euch bin/ so steket die ganze Statt mit Feur an/ welches sie jhme treulich zuthun versprochen.</p> <p>Hierauf fritte Mas Aniello/ neben dem Cardinal und seinen geheimen Rähten in das Castell hinein/ da sie dañ von dem Vice-Re auf das freund lichste empfangen und tractirt wurden: Vnder dessen erhub sich ein grosses Gepispel under dem Volk/ weiln sie besorgeten / man hätte den Mas Aniello in den Arrest genommen/ oder sonsten beleidiget/ aufwelches er sich an dem Fenster sehen ließ/ und jhnen zuschrje Friden zuhalten/ darauf dann alles widerum gar still wurde/ und damit er dem Vice-Re seine Authorität zeigen und weisen möchte/ sagte er zu jhme/ jezund will ich seiner Excellenz zeigen/ wie gehorsam das Neapolitanische Volk seje: Rieff derowegen mit lauter Stimm: Glück dem König in Hispanien / dem Herren Cardinal/ und seiner Excellenz dem Herren Vice-Re/ welches alles das Volk von Wort zu Wort widerholet: Darnach thate er die andere Prob/ er legte nur einen Finger auf seinen mund/ und rieff mit heller Stimm/ still/ da ward es alles in einem angenblik so still/ das man das allergeringste Wörtlein nicht mehr gehöret hätte: Zum dritten befahle er dem Volk/ bej Leib und Lebens-straff/ es solte sich ein jeder von dem Plaz hinweg begeben/ welches ebener massen so bald vollzogen ward/ so gar/ daß man in einem Huy und Augenblik keinen einigen Menschen mehr allda sahe.</p> <p>Als sie sich nun eine geraume Zeit miteinander underredet/ und beschlossen hatten/ den getroffenen Accord auf einen gewissen Tag dem Volk vor zulesen/ und selbigen mit einem leiblichen Eid zubekräfftigen/ nahme er seinen Abscheid widerum̃ von dem Vice-Re / von welchem er mit einer schönen guldenen Ketten beschenket/ und jhme dieselbige von dem Vice Re selb- </p> </div> </body> </text> </TEI> [0475]
Als er nun auf dem Plaz vor dem Neuen Castell anlangete/ gab er dem Volk ein Zeichen / daß es sich gleichfals schliessen/ und nicht weiter fortruken/ zugleich sich auch still und eingezogen verhalten solte: Aufwelchen Befelch sie in einem Augenblik alle still stunden/ und gleichsam verstummeten/ daß man bej solcher unzählichen Menge kein einiges Wörtlein mehr gehöret hätte.
Disem nach stieg Mas Aniello auf sein Pferd/ und stellt sich oben in den Sattel/ redete das Volk sehr freundlich/ und mit vilen nachdenklichen Worten an/ welche alle hiebej zubringen/ zu lang sejn wurde/ under anderm ermahnet er sie zur Dankbarkeit gegen Gott / der sie durch dises Mitel/ aus solchen grossen Trangsaalen erlöset hatte/ mit Eriñerung/ daß sie die Waffen ja nicht niderlegen solten/ so lang/ bis das die Confirmation und Bestät tigung alles des jenigen/ so verabschiedet worden/ von Jhrer König. Majestät aus Hispanien käme/ dem Adel und Ritterschafft aber/ so ten sie in Ewigkeit nicht trauen/ protestirte benebens/ daß was er bishero gethan/ habe er nicht um̃ seines eignen Nuzens willen/ sondern dem Vatterland zum besten gethan/ und seje er resolvirt/ nach vollendung dises Werks/ seine alte Fischer-Lumpen/ widerum anzuziehen/ und sich mit seinem Angel/ wie er vorhin gethan/ also auch in das könfftig zuernehren/ sc.
Fehrner sagte er/ ich gehe anjezo hin/ mit dem Vice-Re zu tractiren/ über eine Stund / oder auf das längste Morgenfrüh/ solt jhr mich wider sehen/ dafern ich aber Morgen früh nicht wider bej euch bin/ so steket die ganze Statt mit Feur an/ welches sie jhme treulich zuthun versprochen.
Hierauf fritte Mas Aniello/ neben dem Cardinal und seinen geheimen Rähten in das Castell hinein/ da sie dañ von dem Vice-Re auf das freund lichste empfangen und tractirt wurden: Vnder dessen erhub sich ein grosses Gepispel under dem Volk/ weiln sie besorgeten / man hätte den Mas Aniello in den Arrest genommen/ oder sonsten beleidiget/ aufwelches er sich an dem Fenster sehen ließ/ und jhnen zuschrje Friden zuhalten/ darauf dann alles widerum gar still wurde/ und damit er dem Vice-Re seine Authorität zeigen und weisen möchte/ sagte er zu jhme/ jezund will ich seiner Excellenz zeigen/ wie gehorsam das Neapolitanische Volk seje: Rieff derowegen mit lauter Stimm: Glück dem König in Hispanien / dem Herren Cardinal/ und seiner Excellenz dem Herren Vice-Re/ welches alles das Volk von Wort zu Wort widerholet: Darnach thate er die andere Prob/ er legte nur einen Finger auf seinen mund/ und rieff mit heller Stimm/ still/ da ward es alles in einem angenblik so still/ das man das allergeringste Wörtlein nicht mehr gehöret hätte: Zum dritten befahle er dem Volk/ bej Leib und Lebens-straff/ es solte sich ein jeder von dem Plaz hinweg begeben/ welches ebener massen so bald vollzogen ward/ so gar/ daß man in einem Huy und Augenblik keinen einigen Menschen mehr allda sahe.
Als sie sich nun eine geraume Zeit miteinander underredet/ und beschlossen hatten/ den getroffenen Accord auf einen gewissen Tag dem Volk vor zulesen/ und selbigen mit einem leiblichen Eid zubekräfftigen/ nahme er seinen Abscheid widerum̃ von dem Vice-Re / von welchem er mit einer schönen guldenen Ketten beschenket/ und jhme dieselbige von dem Vice Re selb-
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Zitationshilfe: | Meyer, Leonhardt: Theatrum Historicvm [...] Erzehlung der fürnemsten und nuzlichsten Historien und Geschichten. Schaffhausen, 1665, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_theatrum_1665/475>, abgerufen am 07.07.2024. |