Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meyer, Leonhardt: Theatrum Historicvm [...] Erzehlung der fürnemsten und nuzlichsten Historien und Geschichten. Schaffhausen, 1665.

Bild:
<< vorherige Seite

loß gelassen/ lag ich mit gefalt enen Händen und Creuzweiß gelegten Füssen auf dem Bette in meiner gewöhnlichen Andacht: als mich bedunkte/ es bedekte mir/ weiß nicht was/ mein Angesicht/ welches ich der finstern Nacht halben/ nicht erkennen könte. Wie ich in solchem Zustande etliche Psalmen Davids/ als: Der HErr hat gesagt zu meinem HErrn: Item: Aus der Tieffen ruff ich HErr zu dir: singen wolte: bedunkte mich/ ich hätte eine Trompette vor dem Munde/ und bliese eben/ wie man zum Streit pflegte. Folgends Tags / als ich früh aufgestanden/ und mein Gebet mit gebognen knien verrichtet: sezte ich mich auf einen Stul an den Feuerherd/ und werde/ in dem ich mich kämme/ gewahr/ das in einem Brande Feuer: zoch mich gleichwol vollends an: Bald darauf warff ich eine Handvoll Reiser auf den glühenden brand/ und bließ das Feuer auf: Bej solchem Glanz des Feuers erblikte ich alsbald zu beeden Seiten meines Angesichts einen solche Hostie/ wie man den Catholischen bej der Communion reicht. Wie ich dieses dem P. Albignio erzehlte: ermahnte er mich/ ich solte mein Herz und Gedanken hievon ab ziehen/ ihm meine Gebet hören lassen / und dafern ich ja mit dem Könige gern reden wolte/ mich bej einem seiner hohen Bedienten darum anmelden. Seit der Zeit hat er mich nicht besprochen.

Warum er aber diesen Pater vor andern angeredet/ sagte er/ wäre die Vrsach/ weil er gehofft/ durch ihn in ihre Gesellschafft zu kommen wiewol vergebens.

Als man ihn fragte: warum er den König nicht angeredet hätte: antwortete er der Großhofmeister wäre daran hinderlich gewesen/ welcher fürgewandt: der König sej nicht wol auf. Nach zwejen Tagen sei ihm der König auf dem Wagen begegnet/ da hab er abermal versuchet/ Gehör zu erhalten/ und überlaut geruffen: Im Nahmen unsers HErrn JEsu Christi / und der heiligsten Jungfrauen Maria/ bitt ich/ O König/ um Erlaubniß/ mit dir zu reden. Sej aber abgetriben/ und nicht für gelassen worden.

Darauf hab er seine Rutreise nach Engolesme genommen/ und vorgemeldte Visiones oder Gesichte überleget/ auch seinen gehabten Vorsaz/ den König zu erstechen/ gebeichtet / und etliche mal fahren lassen: bald aber von neuem ergriffen/ und sej ihm solcher Lust wiederum angekommen/ so bald er wider nach Paris gelangt. Daselbst hab er in der Herberg ein Messer von dem Tisch genommen/ welches er für bequem gehalten/ den König damit zu entleiben/ und drei Wochen im Sak bej sich getragen: jedoch wäre er under der Zeit wieder anders Sinns worden/ und auf Engolesme heimgekehrt/ auch dem Messer underwegens von ihm die Spize/ an einem Kärchlein/ Fingerslang abgebrochen: aber alsbald er darauf neben einem Crucifix zu stehen kommen/ hab er wieder einen starken Trieb und Lust gefühlet / auch der Versuchung länger nicht widerstehen können: sondern sej nach Paris umgekehrt / mit fester Entschliessung/ die That zu vollbringen/ wann der König die Hugenotten nicht wurde bekehren. Zu dem Ende hätte er das abgebrochene Messer an einem Stein wiederum zugespizt/ und nur gewartet/ biß die Crönung der Königinn erst vorüber: weil er gedacht / es würde so viel Tumults im Königreich nicht erregen/ als wann es vorher beschähe.

loß gelassen/ lag ich mit gefalt enen Händen und Creuzweiß gelegten Füssen auf dem Bette in meiner gewöhnlichen Andacht: als mich bedunkte/ es bedekte mir/ weiß nicht was/ mein Angesicht/ welches ich der finstern Nacht halben/ nicht erkennen könte. Wie ich in solchem Zustande etliche Psalmen Davids/ als: Der HErr hat gesagt zu meinem HErrn: Item: Aus der Tieffen ruff ich HErr zu dir: singen wolte: bedunkte mich/ ich hätte eine Trompette vor dem Munde/ und bliese eben/ wie man zum Streit pflegte. Folgends Tags / als ich früh aufgestanden/ und mein Gebet mit gebognen knien verrichtet: sezte ich mich auf einen Stul an den Feuerherd/ und werde/ in dem ich mich kämme/ gewahr/ das in einem Brande Feuer: zoch mich gleichwol vollends an: Bald darauf warff ich eine Handvoll Reiser auf den glühenden brand/ und bließ das Feuer auf: Bej solchem Glanz des Feuers erblikte ich alsbald zu beeden Seiten meines Angesichts einen solche Hostie/ wie man den Catholischen bej der Communion reicht. Wie ich dieses dem P. Albignio erzehlte: ermahnte er mich/ ich solte mein Herz und Gedanken hievon ab ziehen/ ihm meine Gebet hören lassen / und dafern ich ja mit dem Könige gern reden wolte/ mich bej einem seiner hohen Bedienten darum anmelden. Seit der Zeit hat er mich nicht besprochen.

Warum er aber diesen Pater vor andern angeredet/ sagte er/ wäre die Vrsach/ weil er gehofft/ durch ihn in ihre Gesellschafft zu kommen wiewol vergebens.

Als man ihn fragte: warum er den König nicht angeredet hätte: antwortete er der Großhofmeister wäre daran hinderlich gewesen/ welcher fürgewandt: der König sej nicht wol auf. Nach zwejen Tagen sei ihm der König auf dem Wagen begegnet/ da hab er abermal versuchet/ Gehör zu erhalten/ und überlaut geruffen: Im Nahmen unsers HErrn JEsu Christi / und der heiligsten Jungfrauen Maria/ bitt ich/ O König/ um Erlaubniß/ mit dir zu reden. Sej aber abgetriben/ und nicht für gelassen worden.

Darauf hab er seine Rutreise nach Engolesme genommen/ und vorgemeldte Visiones oder Gesichte überleget/ auch seinen gehabten Vorsaz/ den König zu erstechen/ gebeichtet / und etliche mal fahren lassen: bald aber von neuem ergriffen/ und sej ihm solcher Lust wiederum angekommen/ so bald er wider nach Paris gelangt. Daselbst hab er in der Herberg ein Messer von dem Tisch genommen/ welches er für bequem gehalten/ den König damit zu entleiben/ und drei Wochen im Sak bej sich getragen: jedoch wäre er under der Zeit wieder anders Sinns worden/ und auf Engolesme heimgekehrt/ auch dem Messer underwegens von ihm die Spize/ an einem Kärchlein/ Fingerslang abgebrochen: aber alsbald er darauf neben einem Crucifix zu stehen kommen/ hab er wieder einen starken Trieb und Lust gefühlet / auch der Versuchung länger nicht widerstehen können: sondern sej nach Paris umgekehrt / mit fester Entschliessung/ die That zu vollbringen/ wann der König die Hugenotten nicht wurde bekehren. Zu dem Ende hätte er das abgebrochene Messer an einem Stein wiederum zugespizt/ und nur gewartet/ biß die Crönung der Königinn erst vorüber: weil er gedacht / es würde so viel Tumults im Königreich nicht erregen/ als wann es vorher beschähe.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0357" n="323"/>
loß            gelassen/ lag ich mit gefalt enen Händen und Creuzweiß gelegten Füssen auf dem Bette in            meiner gewöhnlichen Andacht: als mich bedunkte/ es bedekte mir/ weiß nicht was/ mein            Angesicht/ welches ich der finstern Nacht halben/ nicht erkennen könte. Wie ich in            solchem Zustande etliche Psalmen Davids/ als: Der HErr hat gesagt zu meinem HErrn: Item:            Aus der Tieffen ruff ich HErr zu dir: singen wolte: bedunkte mich/ ich hätte eine            Trompette vor dem Munde/ und bliese eben/ wie man zum Streit pflegte. Folgends Tags /            als ich früh aufgestanden/ und mein Gebet mit gebognen knien verrichtet: sezte ich mich            auf einen Stul an den Feuerherd/ und werde/ in dem ich mich kämme/ gewahr/ das in            einem Brande Feuer: zoch mich gleichwol vollends an: Bald darauf warff ich eine Handvoll            Reiser auf den glühenden brand/ und bließ das Feuer auf: Bej solchem Glanz des Feuers            erblikte ich alsbald zu beeden Seiten meines Angesichts einen solche Hostie/ wie man den            Catholischen bej der Communion reicht. Wie ich dieses dem P. Albignio erzehlte: ermahnte            er mich/ ich solte mein Herz und Gedanken hievon ab ziehen/ ihm meine Gebet hören lassen           / und dafern ich ja mit dem Könige gern reden wolte/ mich bej einem seiner hohen            Bedienten darum anmelden. Seit der Zeit hat er mich nicht besprochen.</p>
        <p>Warum er aber diesen Pater vor andern angeredet/ sagte er/ wäre die Vrsach/ weil er            gehofft/ durch ihn in ihre Gesellschafft zu kommen wiewol vergebens.</p>
        <p>Als man ihn fragte: warum er den König nicht angeredet hätte: antwortete er der            Großhofmeister wäre daran hinderlich gewesen/ welcher fürgewandt: der König sej nicht wol            auf. Nach zwejen Tagen sei ihm der König auf dem Wagen begegnet/ da hab er abermal            versuchet/ Gehör zu erhalten/ und überlaut geruffen: Im Nahmen unsers HErrn JEsu Christi           / und der heiligsten Jungfrauen Maria/ bitt ich/ O König/ um Erlaubniß/ mit dir zu            reden. Sej aber abgetriben/ und nicht für gelassen worden.</p>
        <p>Darauf hab er seine Rutreise nach Engolesme genommen/ und vorgemeldte Visiones oder            Gesichte überleget/ auch seinen gehabten Vorsaz/ den König zu erstechen/ gebeichtet /            und etliche mal fahren lassen: bald aber von neuem ergriffen/ und sej ihm solcher Lust            wiederum angekommen/ so bald er wider nach Paris gelangt. Daselbst hab er in der Herberg            ein Messer von dem Tisch genommen/ welches er für bequem gehalten/ den König damit zu            entleiben/ und drei Wochen im Sak bej sich getragen: jedoch wäre er under der Zeit wieder            anders Sinns worden/ und auf Engolesme heimgekehrt/ auch dem Messer underwegens von ihm            die Spize/ an einem Kärchlein/ Fingerslang abgebrochen: aber alsbald er darauf neben            einem Crucifix zu stehen kommen/ hab er wieder einen starken Trieb und Lust gefühlet /            auch der Versuchung länger nicht widerstehen können: sondern sej nach Paris umgekehrt /            mit fester Entschliessung/ die That zu vollbringen/ wann der König die Hugenotten nicht            wurde bekehren. Zu dem Ende hätte er das abgebrochene Messer an einem Stein wiederum            zugespizt/ und nur gewartet/ biß die Crönung der Königinn erst vorüber: weil er gedacht           / es würde so viel Tumults im Königreich nicht erregen/ als wann es vorher beschähe.</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[323/0357] loß gelassen/ lag ich mit gefalt enen Händen und Creuzweiß gelegten Füssen auf dem Bette in meiner gewöhnlichen Andacht: als mich bedunkte/ es bedekte mir/ weiß nicht was/ mein Angesicht/ welches ich der finstern Nacht halben/ nicht erkennen könte. Wie ich in solchem Zustande etliche Psalmen Davids/ als: Der HErr hat gesagt zu meinem HErrn: Item: Aus der Tieffen ruff ich HErr zu dir: singen wolte: bedunkte mich/ ich hätte eine Trompette vor dem Munde/ und bliese eben/ wie man zum Streit pflegte. Folgends Tags / als ich früh aufgestanden/ und mein Gebet mit gebognen knien verrichtet: sezte ich mich auf einen Stul an den Feuerherd/ und werde/ in dem ich mich kämme/ gewahr/ das in einem Brande Feuer: zoch mich gleichwol vollends an: Bald darauf warff ich eine Handvoll Reiser auf den glühenden brand/ und bließ das Feuer auf: Bej solchem Glanz des Feuers erblikte ich alsbald zu beeden Seiten meines Angesichts einen solche Hostie/ wie man den Catholischen bej der Communion reicht. Wie ich dieses dem P. Albignio erzehlte: ermahnte er mich/ ich solte mein Herz und Gedanken hievon ab ziehen/ ihm meine Gebet hören lassen / und dafern ich ja mit dem Könige gern reden wolte/ mich bej einem seiner hohen Bedienten darum anmelden. Seit der Zeit hat er mich nicht besprochen. Warum er aber diesen Pater vor andern angeredet/ sagte er/ wäre die Vrsach/ weil er gehofft/ durch ihn in ihre Gesellschafft zu kommen wiewol vergebens. Als man ihn fragte: warum er den König nicht angeredet hätte: antwortete er der Großhofmeister wäre daran hinderlich gewesen/ welcher fürgewandt: der König sej nicht wol auf. Nach zwejen Tagen sei ihm der König auf dem Wagen begegnet/ da hab er abermal versuchet/ Gehör zu erhalten/ und überlaut geruffen: Im Nahmen unsers HErrn JEsu Christi / und der heiligsten Jungfrauen Maria/ bitt ich/ O König/ um Erlaubniß/ mit dir zu reden. Sej aber abgetriben/ und nicht für gelassen worden. Darauf hab er seine Rutreise nach Engolesme genommen/ und vorgemeldte Visiones oder Gesichte überleget/ auch seinen gehabten Vorsaz/ den König zu erstechen/ gebeichtet / und etliche mal fahren lassen: bald aber von neuem ergriffen/ und sej ihm solcher Lust wiederum angekommen/ so bald er wider nach Paris gelangt. Daselbst hab er in der Herberg ein Messer von dem Tisch genommen/ welches er für bequem gehalten/ den König damit zu entleiben/ und drei Wochen im Sak bej sich getragen: jedoch wäre er under der Zeit wieder anders Sinns worden/ und auf Engolesme heimgekehrt/ auch dem Messer underwegens von ihm die Spize/ an einem Kärchlein/ Fingerslang abgebrochen: aber alsbald er darauf neben einem Crucifix zu stehen kommen/ hab er wieder einen starken Trieb und Lust gefühlet / auch der Versuchung länger nicht widerstehen können: sondern sej nach Paris umgekehrt / mit fester Entschliessung/ die That zu vollbringen/ wann der König die Hugenotten nicht wurde bekehren. Zu dem Ende hätte er das abgebrochene Messer an einem Stein wiederum zugespizt/ und nur gewartet/ biß die Crönung der Königinn erst vorüber: weil er gedacht / es würde so viel Tumults im Königreich nicht erregen/ als wann es vorher beschähe.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theatrum-Literatur der Frühen Neuzeit: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-11-26T12:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-11-26T12:54:31Z)
Arne Binder: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-11-26T12:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_theatrum_1665
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_theatrum_1665/357
Zitationshilfe: Meyer, Leonhardt: Theatrum Historicvm [...] Erzehlung der fürnemsten und nuzlichsten Historien und Geschichten. Schaffhausen, 1665, S. 323. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_theatrum_1665/357>, abgerufen am 23.11.2024.