Meyer, Leonhardt: Theatrum Historicvm [...] Erzehlung der fürnemsten und nuzlichsten Historien und Geschichten. Schaffhausen, 1665.send Gulden/ und noch monatlich vierzehen tausend Gulden/ welche endlich auff zwei und zwanzig tausend kommen. Dise belägerung ist eine rechte schul der kriegs-kunst gewest/ da allerlei kriegs-volk / als Gubernatorn/ Hauptleute/ befelchshaber/ Büchsenmeister/ Piloten/ Schiffleut / Ingenieurs/ leib- und wund-ärzt/ sich zu üben/ gnugsame gelegenheit hatten: dergestalt / daß deren einer/ so nur allein etliche Monat diser belägerung beigewont/ ein meister seines handwerks könte werden/ und wol verstund/ was eine statt zu belägern oder beschüzen nötig. Sonderlich haben die wund-ärzte hie mehr in einer wochen/ dann anderswo in einem jahr gelernet. Man hat brechnet/ daß in den zwanzig ersten Monaten auff die statt über die 250000. Schüsse geschehen sind/ alle mit dreissig und fünffzig-pfündigen kuglen: gestalt auch die drinnen denen draussen nicht vil schuldig gebliben. Vnder anderen kunst und sinnreichen erfindungen/ hat ein trefflicher Ingenieur Pompejus Romanus/ eine wunderliche Sturm-bruke ersonnen/ um einen halben Mond/ den die belägerte jenseit der Geule/ die aus und einfahrt der schiffe damit zu befrejen/ gelegt hatten/ zu besteigen und ein zunemmen. Dise bruken hatte die gestalt eines wagens/ mit vier breiten und starken metallen rädern. Zu mittelst stund drauff ein grosser Mast oder segelbaum/ fünffzig schuch hoch? an welchem man die bruk hoch oder nidrig könte auffziehen. Sie war gemacht von grossen schiffseilen/ dic auff kleine mast-bäum geflochten und gespannet waren. Das vorderste tei[unleserliches Material] könte man recht auffwinden/ und gleichsam eine fall-bruk über den graben auff dem wall niderlassen: man könte sie auch an- und abführen mit vierzig pferden/ und war rings umher/ wegen der diken schiffseilen/ für einen Musqveten schuß gesichert. Mit diser bruken vermeinten sie den halben Mond zu bestürmen. Als aber die belägerten solches merkten: richteten sie das geschüz darauff/ und schossen straks im anfang ein rad darvon. Ehe nun dasselbe wider gemacht ward: richteten sie auff der Contrescer[unleserliches Material] vil hohe Masten auff/ dergestalt/ daß wo sie schon die bruken hetten angebracht/ und nider fallen lassen/ dieselbe auff den masten doch wurde sein ligen bliben. Ist also dise invention zu wasser worden. Im jahr 1603. kam Spinola ins läger/ stellete vil sachen anders an/ und fiel mit seiner erfahrnen klugheit den belägerten sehr gefährlich: denen nun mehr auch das Meer mit hohem Wasser/ wie sonst andere unfugen/ grosse schäden zugefüget. Diser sezte ihnen bald mit stürmen/ bald mit undergraben so vil und hefftig zu/ daß sich die belägerte auff die hinder den alten hierzu auffgeworffene neue bollwerke reterirten. Darnach schnitten sie die statt noch halb ab/ und befestigten dasselbige mit flankirenden bollwerken/ und noch hinder disem/ machten sie ungefährlich aus dem vierten theil der statt gleichsam ein schloß/ oder klein stättlein/ welches sie das neue Troja nenneten. Weil aber alle solche bollwerke neu und von frischer Erden waren/ könten sie dem gewalt des geschüzes/ welches der feind nun mehr auff die alte eroberte bollwerken gestellet/ nicht lang bastand sein. send Gulden/ und noch monatlich vierzehen tausend Gulden/ welche endlich auff zwei und zwanzig tausend kommen. Dise belägerung ist eine rechte schul der kriegs-kunst gewest/ da allerlei kriegs-volk / als Gubernatorn/ Hauptleute/ befelchshaber/ Büchsenmeister/ Piloten/ Schiffleut / Ingenieurs/ leib- und wund-ärzt/ sich zu üben/ gnugsame gelegenheit hatten: dergestalt / daß deren einer/ so nur allein etliche Monat diser belägerung beigewont/ ein meister seines handwerks könte werden/ und wol verstund/ was eine statt zu belägern oder beschüzen nötig. Sonderlich haben die wund-ärzte hie mehr in einer wochen/ dann anderswo in einem jahr gelernet. Man hat brechnet/ daß in den zwanzig ersten Monaten auff die statt über die 250000. Schüsse geschehen sind/ alle mit dreissig und fünffzig-pfündigen kuglen: gestalt auch die drinnen denen draussen nicht vil schuldig gebliben. Vnder anderen kunst und sinnreichen erfindungen/ hat ein trefflicher Ingenieur Pompejus Romanus/ eine wunderliche Sturm-bruke ersonnen/ um einen halben Mond/ den die belägerte jenseit der Geule/ die aus und einfahrt der schiffe damit zu befrejen/ gelegt hatten/ zu besteigen und ein zunemmen. Dise bruken hatte die gestalt eines wagens/ mit vier breiten und starken metallen rädern. Zu mittelst stund drauff ein grosser Mast oder segelbaum/ fünffzig schuch hoch? an welchem man die bruk hoch oder nidrig könte auffziehen. Sie war gemacht von grossen schiffseilen/ dic auff kleine mast-bäum geflochten und gespannet waren. Das vorderste tei[unleserliches Material] könte man recht auffwinden/ und gleichsam eine fall-bruk über den graben auff dem wall niderlassen: man könte sie auch an- und abführen mit vierzig pferden/ und war rings umher/ wegen der diken schiffseilen/ für einen Musqveten schuß gesichert. Mit diser bruken vermeinten sie den halben Mond zu bestürmen. Als aber die belägerten solches merkten: richteten sie das geschüz darauff/ und schossen straks im anfang ein rad darvon. Ehe nun dasselbe wider gemacht ward: richteten sie auff der Contrescer[unleserliches Material] vil hohe Masten auff/ dergestalt/ daß wo sie schon die bruken hetten angebracht/ und nider fallen lassen/ dieselbe auff den masten doch wurde sein ligen bliben. Ist also dise invention zu wasser worden. Im jahr 1603. kam Spinola ins läger/ stellete vil sachen anders an/ und fiel mit seiner erfahrnen klugheit den belägerten sehr gefährlich: denen nun mehr auch das Meer mit hohem Wasser/ wie sonst andere unfugen/ grosse schäden zugefüget. Diser sezte ihnen bald mit stürmen/ bald mit undergraben so vil und hefftig zu/ daß sich die belägerte auff die hinder den alten hierzu auffgeworffene neue bollwerke reterirten. Darnach schnitten sie die statt noch halb ab/ und befestigten dasselbige mit flankirenden bollwerken/ und noch hinder disem/ machten sie ungefährlich aus dem vierten theil der statt gleichsam ein schloß/ oder klein stättlein/ welches sie das neue Troja nenneten. Weil aber alle solche bollwerke neu und von frischer Erden waren/ könten sie dem gewalt des geschüzes/ welches der feind nun mehr auff die alte eroberte bollwerken gestellet/ nicht lang bastand sein. <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0349" n="315"/> send Gulden/ und noch monatlich vierzehen tausend Gulden/ welche endlich auff zwei und zwanzig tausend kommen.</p> <p>Dise belägerung ist eine rechte schul der kriegs-kunst gewest/ da allerlei kriegs-volk / als Gubernatorn/ Hauptleute/ befelchshaber/ Büchsenmeister/ Piloten/ Schiffleut / Ingenieurs/ leib- und wund-ärzt/ sich zu üben/ gnugsame gelegenheit hatten: dergestalt / daß deren einer/ so nur allein etliche Monat diser belägerung beigewont/ ein meister seines handwerks könte werden/ und wol verstund/ was eine statt zu belägern oder beschüzen nötig. Sonderlich haben die wund-ärzte hie mehr in einer wochen/ dann anderswo in einem jahr gelernet.</p> <p>Man hat brechnet/ daß in den zwanzig ersten Monaten auff die statt über die 250000. Schüsse geschehen sind/ alle mit dreissig und fünffzig-pfündigen kuglen: gestalt auch die drinnen denen draussen nicht vil schuldig gebliben. Vnder anderen kunst und sinnreichen erfindungen/ hat ein trefflicher Ingenieur Pompejus Romanus/ eine wunderliche Sturm-bruke ersonnen/ um einen halben Mond/ den die belägerte jenseit der Geule/ die aus und einfahrt der schiffe damit zu befrejen/ gelegt hatten/ zu besteigen und ein zunemmen. Dise bruken hatte die gestalt eines wagens/ mit vier breiten und starken metallen rädern. Zu mittelst stund drauff ein grosser Mast oder segelbaum/ fünffzig schuch hoch? an welchem man die bruk hoch oder nidrig könte auffziehen. Sie war gemacht von grossen schiffseilen/ dic auff kleine mast-bäum geflochten und gespannet waren. Das vorderste tei<gap reason="illegible"/> könte man recht auffwinden/ und gleichsam eine fall-bruk über den graben auff dem wall niderlassen: man könte sie auch an- und abführen mit vierzig pferden/ und war rings umher/ wegen der diken schiffseilen/ für einen Musqveten schuß gesichert. Mit diser bruken vermeinten sie den halben Mond zu bestürmen. Als aber die belägerten solches merkten: richteten sie das geschüz darauff/ und schossen straks im anfang ein rad darvon. Ehe nun dasselbe wider gemacht ward: richteten sie auff der Contrescer<gap reason="illegible"/> vil hohe Masten auff/ dergestalt/ daß wo sie schon die bruken hetten angebracht/ und nider fallen lassen/ dieselbe auff den masten doch wurde sein ligen bliben. Ist also dise invention zu wasser worden.</p> <p>Im jahr 1603. kam Spinola ins läger/ stellete vil sachen anders an/ und fiel mit seiner erfahrnen klugheit den belägerten sehr gefährlich: denen nun mehr auch das Meer mit hohem Wasser/ wie sonst andere unfugen/ grosse schäden zugefüget. Diser sezte ihnen bald mit stürmen/ bald mit undergraben so vil und hefftig zu/ daß sich die belägerte auff die hinder den alten hierzu auffgeworffene neue bollwerke reterirten. Darnach schnitten sie die statt noch halb ab/ und befestigten dasselbige mit flankirenden bollwerken/ und noch hinder disem/ machten sie ungefährlich aus dem vierten theil der statt gleichsam ein schloß/ oder klein stättlein/ welches sie das neue Troja nenneten. Weil aber alle solche bollwerke neu und von frischer Erden waren/ könten sie dem gewalt des geschüzes/ welches der feind nun mehr auff die alte eroberte bollwerken gestellet/ nicht lang bastand sein.</p> </div> </body> </text> </TEI> [315/0349]
send Gulden/ und noch monatlich vierzehen tausend Gulden/ welche endlich auff zwei und zwanzig tausend kommen.
Dise belägerung ist eine rechte schul der kriegs-kunst gewest/ da allerlei kriegs-volk / als Gubernatorn/ Hauptleute/ befelchshaber/ Büchsenmeister/ Piloten/ Schiffleut / Ingenieurs/ leib- und wund-ärzt/ sich zu üben/ gnugsame gelegenheit hatten: dergestalt / daß deren einer/ so nur allein etliche Monat diser belägerung beigewont/ ein meister seines handwerks könte werden/ und wol verstund/ was eine statt zu belägern oder beschüzen nötig. Sonderlich haben die wund-ärzte hie mehr in einer wochen/ dann anderswo in einem jahr gelernet.
Man hat brechnet/ daß in den zwanzig ersten Monaten auff die statt über die 250000. Schüsse geschehen sind/ alle mit dreissig und fünffzig-pfündigen kuglen: gestalt auch die drinnen denen draussen nicht vil schuldig gebliben. Vnder anderen kunst und sinnreichen erfindungen/ hat ein trefflicher Ingenieur Pompejus Romanus/ eine wunderliche Sturm-bruke ersonnen/ um einen halben Mond/ den die belägerte jenseit der Geule/ die aus und einfahrt der schiffe damit zu befrejen/ gelegt hatten/ zu besteigen und ein zunemmen. Dise bruken hatte die gestalt eines wagens/ mit vier breiten und starken metallen rädern. Zu mittelst stund drauff ein grosser Mast oder segelbaum/ fünffzig schuch hoch? an welchem man die bruk hoch oder nidrig könte auffziehen. Sie war gemacht von grossen schiffseilen/ dic auff kleine mast-bäum geflochten und gespannet waren. Das vorderste tei_ könte man recht auffwinden/ und gleichsam eine fall-bruk über den graben auff dem wall niderlassen: man könte sie auch an- und abführen mit vierzig pferden/ und war rings umher/ wegen der diken schiffseilen/ für einen Musqveten schuß gesichert. Mit diser bruken vermeinten sie den halben Mond zu bestürmen. Als aber die belägerten solches merkten: richteten sie das geschüz darauff/ und schossen straks im anfang ein rad darvon. Ehe nun dasselbe wider gemacht ward: richteten sie auff der Contrescer_ vil hohe Masten auff/ dergestalt/ daß wo sie schon die bruken hetten angebracht/ und nider fallen lassen/ dieselbe auff den masten doch wurde sein ligen bliben. Ist also dise invention zu wasser worden.
Im jahr 1603. kam Spinola ins läger/ stellete vil sachen anders an/ und fiel mit seiner erfahrnen klugheit den belägerten sehr gefährlich: denen nun mehr auch das Meer mit hohem Wasser/ wie sonst andere unfugen/ grosse schäden zugefüget. Diser sezte ihnen bald mit stürmen/ bald mit undergraben so vil und hefftig zu/ daß sich die belägerte auff die hinder den alten hierzu auffgeworffene neue bollwerke reterirten. Darnach schnitten sie die statt noch halb ab/ und befestigten dasselbige mit flankirenden bollwerken/ und noch hinder disem/ machten sie ungefährlich aus dem vierten theil der statt gleichsam ein schloß/ oder klein stättlein/ welches sie das neue Troja nenneten. Weil aber alle solche bollwerke neu und von frischer Erden waren/ könten sie dem gewalt des geschüzes/ welches der feind nun mehr auff die alte eroberte bollwerken gestellet/ nicht lang bastand sein.
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Zitationshilfe: | Meyer, Leonhardt: Theatrum Historicvm [...] Erzehlung der fürnemsten und nuzlichsten Historien und Geschichten. Schaffhausen, 1665, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_theatrum_1665/349>, abgerufen am 29.07.2024. |