sich hinreißen ließen, die Gemüther zum Bürgerkriege zu erhitzen. Sache des Staatsmannes ist es, die bürgerlichen Rechte der evangelischen Gemeinden zu sichern, Sache des Soldaten, sie zu vertheidigen. Der Geistliche hüte die Seelen, anders richtet er Unheil an."
Der junge Bündner erröthete unmuthig und blieb die Antwort schuldig.
In diesem Augenblicke erschien der Page mit der ehrerbietigen Meldung, die Reisebarke des Herzogs sei zur Abfahrt bereit und Rohan beurlaubte die Freunde mit einer gütigen Handbewegung.
Auf dem Heimritte erging sich Waser in Betrach¬ tungen über die politische Rolle des Herzogs, der gerade damals seinen protestantischen Mitbürgern in heimischer Fehde einen ehrenhaften Frieden erkämpft hatte. Er meinte, freilich werde derselbe von kurzer Dauer sein und fand Gefallen daran, die Lage Rohans und der französischen Reformirten seinem Freunde mit den dunkelsten Farben zu malen. Er schien etwas empfind¬ lich und verdüstert, daß seine Person vor dem Herzog neben Jürg sehr zurückgetreten, ja gänzlich verschwunden war. -- Seit Heinrich IV., behauptete er, setze sich die französische Politik zum Ziele, die Protestanten in Deutschland gegen Kaiser und Reich zu schützen, den Reformirten im eigenen Lande dagegen den Lebensnerv
ſich hinreißen ließen, die Gemüther zum Bürgerkriege zu erhitzen. Sache des Staatsmannes iſt es, die bürgerlichen Rechte der evangeliſchen Gemeinden zu ſichern, Sache des Soldaten, ſie zu vertheidigen. Der Geiſtliche hüte die Seelen, anders richtet er Unheil an.“
Der junge Bündner erröthete unmuthig und blieb die Antwort ſchuldig.
In dieſem Augenblicke erſchien der Page mit der ehrerbietigen Meldung, die Reiſebarke des Herzogs ſei zur Abfahrt bereit und Rohan beurlaubte die Freunde mit einer gütigen Handbewegung.
Auf dem Heimritte erging ſich Waſer in Betrach¬ tungen über die politiſche Rolle des Herzogs, der gerade damals ſeinen proteſtantiſchen Mitbürgern in heimiſcher Fehde einen ehrenhaften Frieden erkämpft hatte. Er meinte, freilich werde derſelbe von kurzer Dauer ſein und fand Gefallen daran, die Lage Rohans und der franzöſiſchen Reformirten ſeinem Freunde mit den dunkelſten Farben zu malen. Er ſchien etwas empfind¬ lich und verdüſtert, daß ſeine Perſon vor dem Herzog neben Jürg ſehr zurückgetreten, ja gänzlich verſchwunden war. — Seit Heinrich IV., behauptete er, ſetze ſich die franzöſiſche Politik zum Ziele, die Proteſtanten in Deutſchland gegen Kaiſer und Reich zu ſchützen, den Reformirten im eigenen Lande dagegen den Lebensnerv
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0087"n="77"/>ſich hinreißen ließen, die Gemüther zum Bürgerkriege<lb/>
zu erhitzen. Sache des Staatsmannes iſt es, die<lb/>
bürgerlichen Rechte der evangeliſchen Gemeinden zu<lb/>ſichern, Sache des Soldaten, ſie zu vertheidigen. Der<lb/>
Geiſtliche hüte die Seelen, anders richtet er Unheil an.“</p><lb/><p>Der junge Bündner erröthete unmuthig und blieb<lb/>
die Antwort ſchuldig.</p><lb/><p>In dieſem Augenblicke erſchien der Page mit der<lb/>
ehrerbietigen Meldung, die Reiſebarke des Herzogs ſei<lb/>
zur Abfahrt bereit und Rohan beurlaubte die Freunde<lb/>
mit einer gütigen Handbewegung.</p><lb/><p>Auf dem Heimritte erging ſich Waſer in Betrach¬<lb/>
tungen über die politiſche Rolle des Herzogs, der gerade<lb/>
damals ſeinen proteſtantiſchen Mitbürgern in heimiſcher<lb/>
Fehde einen ehrenhaften Frieden erkämpft hatte. Er<lb/>
meinte, freilich werde derſelbe von kurzer Dauer ſein<lb/>
und fand Gefallen daran, die Lage Rohans und der<lb/>
franzöſiſchen Reformirten ſeinem Freunde mit den<lb/>
dunkelſten Farben zu malen. Er ſchien etwas empfind¬<lb/>
lich und verdüſtert, daß ſeine Perſon vor dem Herzog<lb/>
neben Jürg ſehr zurückgetreten, ja gänzlich verſchwunden<lb/>
war. — Seit Heinrich <hirendition="#aq">IV</hi>., behauptete er, ſetze ſich die<lb/>
franzöſiſche Politik zum Ziele, die Proteſtanten in<lb/>
Deutſchland gegen Kaiſer und Reich zu ſchützen, den<lb/>
Reformirten im eigenen Lande dagegen den Lebensnerv<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[77/0087]
ſich hinreißen ließen, die Gemüther zum Bürgerkriege
zu erhitzen. Sache des Staatsmannes iſt es, die
bürgerlichen Rechte der evangeliſchen Gemeinden zu
ſichern, Sache des Soldaten, ſie zu vertheidigen. Der
Geiſtliche hüte die Seelen, anders richtet er Unheil an.“
Der junge Bündner erröthete unmuthig und blieb
die Antwort ſchuldig.
In dieſem Augenblicke erſchien der Page mit der
ehrerbietigen Meldung, die Reiſebarke des Herzogs ſei
zur Abfahrt bereit und Rohan beurlaubte die Freunde
mit einer gütigen Handbewegung.
Auf dem Heimritte erging ſich Waſer in Betrach¬
tungen über die politiſche Rolle des Herzogs, der gerade
damals ſeinen proteſtantiſchen Mitbürgern in heimiſcher
Fehde einen ehrenhaften Frieden erkämpft hatte. Er
meinte, freilich werde derſelbe von kurzer Dauer ſein
und fand Gefallen daran, die Lage Rohans und der
franzöſiſchen Reformirten ſeinem Freunde mit den
dunkelſten Farben zu malen. Er ſchien etwas empfind¬
lich und verdüſtert, daß ſeine Perſon vor dem Herzog
neben Jürg ſehr zurückgetreten, ja gänzlich verſchwunden
war. — Seit Heinrich IV., behauptete er, ſetze ſich die
franzöſiſche Politik zum Ziele, die Proteſtanten in
Deutſchland gegen Kaiſer und Reich zu ſchützen, den
Reformirten im eigenen Lande dagegen den Lebensnerv
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/87>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.