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Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876.

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"Mag sein. Auch kam er ja mit dem Leben davon
und wurde nur zu einer Buße von vierhundert Kronen
verurtheilt wegen zweideutiger Gesinnung." --

"Ich begreife," fuhr Waser nachdenklich fort, "daß
ihr Pompejus Planta und seinen Bruder Rudolf des
Landes verweisen mußtet; aber war es denn nöthig,
sie wie gemeine Verbrecher zu brandmarken und mit
Henkerstrafen zu bedrohen, ohne Rücksicht auf die glän¬
zenden Verdienste ihrer Vorfahren und die tiefen Wurzeln
ihrer Stellung im Lande?" --

"Niederträchtige Verräther!" fuhr Jenatsch zorn¬
blitzend auf. "Die Schuld unserer ganzen Gefahr und
Verstrickung lastet auf ihnen und möge sie zermalmen!
Zuerst und vor Allen haben sie mit Spanien gezettelt!
Kein Wort, Heinrich, zu ihrer Vertheidigung!" --

Verletzt durch dies herrische Ungestüm, sagte Waser
mit etwas gereizter Stimme und dem Gefühle, jetzt
einen wunden Punkt zu treffen: "Und der Erzpriester
Nicolaus Rusca? -- Er galt allgemein für unschul¬
dig." --

"Ich glaube, er war es," -- flüsterte Jenatsch,
dem sichtlich bei dieser Erinnerung unbehaglich zu
Muthe ward, und blickte starr vor sich hin in die
Dämmerung.

Erstaunt über diese seltsame Aufrichtigkeit schwieg

„Mag ſein. Auch kam er ja mit dem Leben davon
und wurde nur zu einer Buße von vierhundert Kronen
verurtheilt wegen zweideutiger Geſinnung.“ —

„Ich begreife,“ fuhr Waſer nachdenklich fort, „daß
ihr Pompejus Planta und ſeinen Bruder Rudolf des
Landes verweiſen mußtet; aber war es denn nöthig,
ſie wie gemeine Verbrecher zu brandmarken und mit
Henkerſtrafen zu bedrohen, ohne Rückſicht auf die glän¬
zenden Verdienſte ihrer Vorfahren und die tiefen Wurzeln
ihrer Stellung im Lande?“ —

„Niederträchtige Verräther!“ fuhr Jenatſch zorn¬
blitzend auf. „Die Schuld unſerer ganzen Gefahr und
Verſtrickung laſtet auf ihnen und möge ſie zermalmen!
Zuerſt und vor Allen haben ſie mit Spanien gezettelt!
Kein Wort, Heinrich, zu ihrer Vertheidigung!“ —

Verletzt durch dies herriſche Ungeſtüm, ſagte Waſer
mit etwas gereizter Stimme und dem Gefühle, jetzt
einen wunden Punkt zu treffen: „Und der Erzprieſter
Nicolaus Rusca? — Er galt allgemein für unſchul¬
dig.“ —

„Ich glaube, er war es,“ — flüſterte Jenatſch,
dem ſichtlich bei dieſer Erinnerung unbehaglich zu
Muthe ward, und blickte ſtarr vor ſich hin in die
Dämmerung.

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[53/0063] „Mag ſein. Auch kam er ja mit dem Leben davon und wurde nur zu einer Buße von vierhundert Kronen verurtheilt wegen zweideutiger Geſinnung.“ — „Ich begreife,“ fuhr Waſer nachdenklich fort, „daß ihr Pompejus Planta und ſeinen Bruder Rudolf des Landes verweiſen mußtet; aber war es denn nöthig, ſie wie gemeine Verbrecher zu brandmarken und mit Henkerſtrafen zu bedrohen, ohne Rückſicht auf die glän¬ zenden Verdienſte ihrer Vorfahren und die tiefen Wurzeln ihrer Stellung im Lande?“ — „Niederträchtige Verräther!“ fuhr Jenatſch zorn¬ blitzend auf. „Die Schuld unſerer ganzen Gefahr und Verſtrickung laſtet auf ihnen und möge ſie zermalmen! Zuerſt und vor Allen haben ſie mit Spanien gezettelt! Kein Wort, Heinrich, zu ihrer Vertheidigung!“ — Verletzt durch dies herriſche Ungeſtüm, ſagte Waſer mit etwas gereizter Stimme und dem Gefühle, jetzt einen wunden Punkt zu treffen: „Und der Erzprieſter Nicolaus Rusca? — Er galt allgemein für unſchul¬ dig.“ — „Ich glaube, er war es,“ — flüſterte Jenatſch, dem ſichtlich bei dieſer Erinnerung unbehaglich zu Muthe ward, und blickte ſtarr vor ſich hin in die Dämmerung. Erſtaunt über dieſe ſeltſame Aufrichtigkeit ſchwieg

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Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/63>, abgerufen am 22.11.2024.