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Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876.

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peinlichen Eindrucks nicht erwehren. Das Zusammen¬
stürzen des Luzienthurmes erinnerte ihn an die dem
Veltlinermord vorhergehenden Tage seines Aufenthaltes
in Berbenn, an die damaligen Zeichen und Wunder
und an den blutigen Tod der schönen Lucia.

Der Sturm schien sich ausgetobt zu haben, aber
die Luft war feucht und schwer und dunkle Wolken
hingen tief herab. Die Gasse hatte sich mit geringem
Volke von zerzaustem und verstörtem Aussehen gefüllt.
Jetzt sprengte ein Reiter um die Ecke in juwelenglän¬
zender rother Tracht und wehendem Mantel, den Hut
mit den flatternden Federn fest in die Stirn gedrückt.
Es war Jürg Jenatsch, der seinen unruhigen Rappen
hart vor dem Sprecher'schen Hause bändigte und sich
nach seinem Ehrengeleit umsah, das, vom Sturme auf¬
gehalten, eine Straßenlänge hinter dem Voranjagenden
zurückgeblieben war.

Waser konnte seinen Blick von der Erscheinung
des Jugendfreundes nicht verwenden. Er hing wie
gebannt an dem starren Ausdrucke des metallbraunen
Angesichts. Auf den großen Zügen lag gleichgültiger
Trotz, der nach Himmel und Hölle, nach Tod und Ge¬
richt nichts mehr fragte. Das Auge blickte fremd über
den erreichten Triumph hinweg, -- welches unbekannte
Ziel ergreifend? . . . Und wieder tauchte dem Bürger¬

peinlichen Eindrucks nicht erwehren. Das Zuſammen¬
ſtürzen des Luzienthurmes erinnerte ihn an die dem
Veltlinermord vorhergehenden Tage ſeines Aufenthaltes
in Berbenn, an die damaligen Zeichen und Wunder
und an den blutigen Tod der ſchönen Lucia.

Der Sturm ſchien ſich ausgetobt zu haben, aber
die Luft war feucht und ſchwer und dunkle Wolken
hingen tief herab. Die Gaſſe hatte ſich mit geringem
Volke von zerzauſtem und verſtörtem Ausſehen gefüllt.
Jetzt ſprengte ein Reiter um die Ecke in juwelenglän¬
zender rother Tracht und wehendem Mantel, den Hut
mit den flatternden Federn feſt in die Stirn gedrückt.
Es war Jürg Jenatſch, der ſeinen unruhigen Rappen
hart vor dem Sprecher'ſchen Hauſe bändigte und ſich
nach ſeinem Ehrengeleit umſah, das, vom Sturme auf¬
gehalten, eine Straßenlänge hinter dem Voranjagenden
zurückgeblieben war.

Waſer konnte ſeinen Blick von der Erſcheinung
des Jugendfreundes nicht verwenden. Er hing wie
gebannt an dem ſtarren Ausdrucke des metallbraunen
Angeſichts. Auf den großen Zügen lag gleichgültiger
Trotz, der nach Himmel und Hölle, nach Tod und Ge¬
richt nichts mehr fragte. Das Auge blickte fremd über
den erreichten Triumph hinweg, — welches unbekannte
Ziel ergreifend? . . . Und wieder tauchte dem Bürger¬

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[381/0391] peinlichen Eindrucks nicht erwehren. Das Zuſammen¬ ſtürzen des Luzienthurmes erinnerte ihn an die dem Veltlinermord vorhergehenden Tage ſeines Aufenthaltes in Berbenn, an die damaligen Zeichen und Wunder und an den blutigen Tod der ſchönen Lucia. Der Sturm ſchien ſich ausgetobt zu haben, aber die Luft war feucht und ſchwer und dunkle Wolken hingen tief herab. Die Gaſſe hatte ſich mit geringem Volke von zerzauſtem und verſtörtem Ausſehen gefüllt. Jetzt ſprengte ein Reiter um die Ecke in juwelenglän¬ zender rother Tracht und wehendem Mantel, den Hut mit den flatternden Federn feſt in die Stirn gedrückt. Es war Jürg Jenatſch, der ſeinen unruhigen Rappen hart vor dem Sprecher'ſchen Hauſe bändigte und ſich nach ſeinem Ehrengeleit umſah, das, vom Sturme auf¬ gehalten, eine Straßenlänge hinter dem Voranjagenden zurückgeblieben war. Waſer konnte ſeinen Blick von der Erſcheinung des Jugendfreundes nicht verwenden. Er hing wie gebannt an dem ſtarren Ausdrucke des metallbraunen Angeſichts. Auf den großen Zügen lag gleichgültiger Trotz, der nach Himmel und Hölle, nach Tod und Ge¬ richt nichts mehr fragte. Das Auge blickte fremd über den erreichten Triumph hinweg, — welches unbekannte Ziel ergreifend? . . . Und wieder tauchte dem Bürger¬

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Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 381. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/391>, abgerufen am 26.11.2024.