in bisher noch nicht von ihr erwogene Fragen sich ver¬ wickelt habe.
Ihre Stellung als Bevollmächtigte des bündne¬ rischen Kriegsobersten war eine höchst eigenthümliche und mußte in den Augen Aller der Verhältnisse Unkundigen als eine zweideutige erscheinen. Serbelloni, der sie kannte und wußte, daß der Mörder ihres Vaters ein Gegenstand des Hasses für sie war, verfiel nicht in diesen Irrthum und fand es begreiflich, daß sie die politischen Ziele ihres Vaters und ihres Oheims mit Aufbietung aller ihrer Kräfte verfolge; aber er gerieth in einen andern.
Er glaubte, sie sei von Anfang an mit den Um¬ trieben der Bündnerflüchtlinge von der spanischen Partei vertraut gewesen, und wollte mit ihr als mit einer in das ganze Gewebe der sich kreuzenden Interessen Eingeweihten verkehren. Er brachte die Unschuldige mit ihrem Alles um sich her durch den Hauch seiner Schlechtigkeit befleckenden und vergiftenden Vetter in unverdiente Beziehung politischen Einverständnisses; er verwirrte sie, ohne sie verletzen zu wollen, mit Mit¬ theilungen über den Lohn und Anspielungen auf die Ehren, welche er den in der angeknüpften Intrigue erfolg¬ reich Handelnden zudachte, er wies auf die glänzenden Aussichten hin, die das Gelingen vor ihnen öffnete,
in bisher noch nicht von ihr erwogene Fragen ſich ver¬ wickelt habe.
Ihre Stellung als Bevollmächtigte des bündne¬ riſchen Kriegsoberſten war eine höchſt eigenthümliche und mußte in den Augen Aller der Verhältniſſe Unkundigen als eine zweideutige erſcheinen. Serbelloni, der ſie kannte und wußte, daß der Mörder ihres Vaters ein Gegenſtand des Haſſes für ſie war, verfiel nicht in dieſen Irrthum und fand es begreiflich, daß ſie die politiſchen Ziele ihres Vaters und ihres Oheims mit Aufbietung aller ihrer Kräfte verfolge; aber er gerieth in einen andern.
Er glaubte, ſie ſei von Anfang an mit den Um¬ trieben der Bündnerflüchtlinge von der ſpaniſchen Partei vertraut geweſen, und wollte mit ihr als mit einer in das ganze Gewebe der ſich kreuzenden Intereſſen Eingeweihten verkehren. Er brachte die Unſchuldige mit ihrem Alles um ſich her durch den Hauch ſeiner Schlechtigkeit befleckenden und vergiftenden Vetter in unverdiente Beziehung politiſchen Einverſtändniſſes; er verwirrte ſie, ohne ſie verletzen zu wollen, mit Mit¬ theilungen über den Lohn und Anſpielungen auf die Ehren, welche er den in der angeknüpften Intrigue erfolg¬ reich Handelnden zudachte, er wies auf die glänzenden Ausſichten hin, die das Gelingen vor ihnen öffnete,
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in bisher noch nicht von ihr erwogene Fragen ſich ver¬
wickelt habe.
Ihre Stellung als Bevollmächtigte des bündne¬
riſchen Kriegsoberſten war eine höchſt eigenthümliche und
mußte in den Augen Aller der Verhältniſſe Unkundigen
als eine zweideutige erſcheinen. Serbelloni, der ſie
kannte und wußte, daß der Mörder ihres Vaters ein
Gegenſtand des Haſſes für ſie war, verfiel nicht in
dieſen Irrthum und fand es begreiflich, daß ſie die
politiſchen Ziele ihres Vaters und ihres Oheims mit
Aufbietung aller ihrer Kräfte verfolge; aber er gerieth
in einen andern.
Er glaubte, ſie ſei von Anfang an mit den Um¬
trieben der Bündnerflüchtlinge von der ſpaniſchen Partei
vertraut geweſen, und wollte mit ihr als mit einer
in das ganze Gewebe der ſich kreuzenden Intereſſen
Eingeweihten verkehren. Er brachte die Unſchuldige
mit ihrem Alles um ſich her durch den Hauch ſeiner
Schlechtigkeit befleckenden und vergiftenden Vetter in
unverdiente Beziehung politiſchen Einverſtändniſſes; er
verwirrte ſie, ohne ſie verletzen zu wollen, mit Mit¬
theilungen über den Lohn und Anſpielungen auf die
Ehren, welche er den in der angeknüpften Intrigue erfolg¬
reich Handelnden zudachte, er wies auf die glänzenden
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Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 352. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/362>, abgerufen am 22.11.2024.
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